Syrien: Nicht nur die Milizen, auch die USA und die EU haben verloren

Seite 2: Geld für die Opposition, Mangel an Geist und Phantasie

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Dem Ruf nach Waffen in der Auseinandersetzung Aufständischer mit der syrischen Regierung wurde von den Mächten, die weniger Ahnung von den örtlichen Gegebenheiten, aber großes Interesse an einem Regime Change hatten, eilfertig entsprochen.

Und das gilt bis heute, wie ein Blick in das aktuelle US-Budget zeigt. Die stolze Summe von über 162 Millionen Dollar ist für Waffen, Munition, Fahrzeuge und andere Ausrüstung vorgesehen, die für die "Vetted Syrian Opposition" eingeplant ist, die "überprüfte syrische Opposition".

Man könnte dies nun im günstigsten Licht sehen und die aktuelle Planung, die noch nicht abgesegnet ist, als Konzept sehen, das lediglich vorsieht, die SDF im Euphrat-Tal im Kampf gegen den IS zu unterstützen.

Abgesehen davon, dass auch in diesem Fall mit einer dreistelligen Millionen-Summe Gegner einer legitim gewählten Regierung unterstützt und die Stabilität eines Land untergraben werden, hat die US-Regierung mittlerweile eingeräumt, dass syrische Oppositionsmilizen in der Vergangenheit mit Milliarden unterstützt wurden. Dass Hilfe in bedeutendem Ausmaß auch von Saudi-Arabien, von Katar, von der Türkei, von europäischen Staaten kam, wird niemand ernsthaft leugnen können.

Medienunterstützung, um Tunesien und Ägypten zu wiederholen

Die Strategie der Opposition in der ungleichen Auseinandersetzung mit der syrischen Regierung und der ihr - im Unterschied zu den anderen Staaten der 2011er Aufstände, Ägypten und Tunesien - treuen Armee bestand von Anfang an darin, möglichst viel Medienunterstützung für eine Verstärkung zu bekommen, die von den USA initiiert wird: gute Presse in den Leitmedien der EU-Staaten (vom Guardian bis zur Zeit) und förderliche Presse in der New York Times, Washington Post, CNN etc.. - damit die Anstrengungen des Kampfes gegen Assad erhöht werden.

Das hat wesentlich zur jetzigen Situation, zur Brutalisierung in Syrien, beigetragen. Man musste kein Spezialist der syrischen Geschichte sein, es brauchte nur ein paar Tage, bis ein ganz normaler, etwas neugieriger, aber nicht sonderlich belesener Reisender in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts in Syrien erfuhr, dass die Muslimbrüder und die radikalere Auslegung des Islams ein Pulverfass-Thema sind - ähnlich wie die reichen Golfstaaten oder Israel.

Wer Milizen mit einer islamistischen Agenda unterstützt, wusste, worauf er sich einlässt, nicht nur die syrische Regierung hatte viele Geheimdienste im Land. George W, Bush, Präsident Nummer 43 der USA, bediente sich der geheimen Orte in Syrien für sein Folterprogramm. Moralische Überheblichkeit ist da nicht angebracht.

Ab 2012: Dschihad

Die Namen der Milizen, der Gruppierungen, die sich im syrischen Auftstand allmählich formierten, waren schon früh bezeichnend - spätestens ab 2012 konnte sich niemand mehr Illusionen machen: Das Thema Dschihad war zurückgekehrt. Es gab lange Zeit zivile Organisationsformen des Widerstands.

Wahrscheinlich gibt es auch jetzt noch einige Bäckereien und Suppenküchen und andere zivilgesellschaftlich organisierte Hilfe. Aber militärisch hat auf der oppositionellen Seite niemand außer den islamistischen, salafistischen, dschihadistischen, kurz: radikal autoritären Milizen, machtpolitische Relevanz. Das ist ein Fazit, an dem auch Assad-Gegner nicht vorbeikommmen. Die Frage ist, welche Konsequenz daraus zu ziehen ist.

Der französische Spezialist für Syrien und Irak, mit einem weitgefächerten Wissen über die Stämme, Fabrice Balanche, gewiss kein "Assad- oder Putinversteher", zählt in seiner Analyse der letzten sieben Jahre des syrischen Konflikts mehrere Gründe auf, die zu den Konfrontationen zwischen der Regierung und Teilen der Bevölkerung geführt haben.

Manches lässt sich auch sehr knapp und anschaulich bei Ehsani2 nachlesen, einem syrisch-amerikanischen Banker, der regelmäßig twittert und längere Essays oder Artikel bei dem US-Professor Joshua Landis veröffentlicht.

In der Summe ergibt das bei beiden ein Bild, das nicht auf eine völlige Unterwanderung der Demonstrationen und Aufstände gegen die Regierung Baschar al-Assad abhebt, wie das Ansätze tun, die eine organisierte Orchestrierung (ähnlich wie sie es bei den farbigen Revolutionen tun) argwöhnen oder bestätigt sehen wollen, sondern ein Kräftespiel.

Und bei diesem Kräftespiel haben die moralisch so "guten" Europäer und die "great, tippi-top, wonderful" Amerikaner, die bis vor kurzem Menschenrechte zum Banner erhoben, keine wirklich gute, greate Rolle gespielt, weil sie an dem Punkt landeten, dass sie Islamisten, Salafisten und Dschihadisten unterstützen, für die Menschenrechte oder europäische Grundwerte überhaupt nicht zählen.

Was die USA, die EU und die arabische Unterstützer wie Saudi-Arabien, Katar oder Kuweit (aus anderen Gründen) an Glaubwürdigkeit verloren haben, hat Russland gewonnen. Diesen Relevanz-Vorteil will man jetzt über die öffentliche Meinung mit dem Stichwort "Giftgas-Angriffe" zunichte machen.

Anstatt sich eine bessere Politik zu überlegen.