Systemrelevante Sackgassen

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Die Energie- und Klimawochenschau: Kommt sie nun die Abwrackprämie oder nicht, und wieso sollte die Krankenschwester den Quandts eigentlich was schenken?

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Der Automobilindustrie geht es zurzeit weniger gut. Es läuft schlecht, jammert die Branche uns vor, aber das ist denn wohl doch ein klein wenig übertrieben. Immerhin werden ihr derzeit die Lohnkosten massiv über das Kurzarbeitergeld aus den Sozialkassen subventioniert. Und über VW berichtet der NDR, dass dort in den ersten drei Monaten 2020 immerhin 0,7 Milliarden Euro Gewinn gemacht wurden. Das sind immerhin 700 Millionen mehr als nichts.

Ok, im ersten Quartal 2019 waren es 4,1 Milliarden Euro, aber wir haben gerade noch einmal schnell ins Grundgesetz und in die Erklärung der Menschenrechte geschaut. Nein, dort steht nirgendwo etwas von einem Grundrecht auf maximalen Profit. Eher etwas von der Verpflichtung gegenüber dem Gemeinwohl.

Das sieht man in der Branche und in erstaunlich vielen Redaktionen offensichtlich anders. Also musste ein Autogipfel her, weil das Herzstück der deutschen Industrie kriselt. Doch irgendwie scheint die Zeit vorbei, dass alles im Land vor der Industrie kuscht. Die Runde der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten, Gewerkschaften und Unternehmerverbänden blieb vorerst ohne konkretes Ergebnis. Eine Arbeitsgruppe soll bis zum Juni einen Vorschlag vorlegen, irgendwas mit "Modernisierungsbeitrag in Richtung innovativer Fahrzeugtechnologien".

Eines ist derweil klar. So richtig rund lief es schon vor der Pandemie nicht mehr. Das hatte auch etwas mit einem verschenkten Jahrzehnt zu tun, in dem man sich lieber auf Mogelsoftware und Lobbying gegen den Klimaschutz konzentriert hatte. Aber nun hat man mit Corona natürlich eine schöne Ausrede.

Und ja, natürlich ist der Rückgang drastisch.

Im März waren nach Angaben des Kraftfahrzeugbundesamtes die Neuzulassungen um gut ein Fünftel niedriger ausgefallen als im März 2019. Im April dürfte der Neuwagenverkauf und damit die Zahl der Neuzulassungen noch weiter zurückgegangen sein, da die Autohäuser meist geschlossen waren. Nur die Werkstätten durften weiterarbeiten. Viele hiesige Kfz-Hersteller hatten die Produktion eingestellt und sie erst in den letzten Tagen wieder aufgenommen.

Kenia-Koalition will Prämie

Inzwischen hat sich allerdings in größeren Teilen der Gesellschaft herumgesprochen, dass der motorisierte Individualverkehr nicht der Weisheit letzter Schluss ist und dass er im Interesse des Klimaschutzes weitgehend durch ökonomischere, platz-, ressourcen- und energiesparende öffentliche Lösungen ersetzt werden muss. Bis zum frühen Dienstagabend hatte eine Petition gegen die Verkaufsprämien zum Beispiel gut 200.000 Unterstützer gefunden.

Die Regierungen der Autoländer, ob schwarz, ob grün, ob rosa, ficht das derweil nicht weiter an. Unbeirrbar stehen sie zu "ihrer" Industrie. Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger von den Freien Wählern hatte im Vorfeld zum Beispiel einen Zuschlag von 4.000 Euro für den Kauf eines Neuwagens ab der Schadstoffstufe 6 gefordert, also auch für Verbrennungsmotoren.

Sogar den Absatz von Gebrauchtwagen, der sogenannten Jahreswagen, wollte er noch gefördert sehen. Alternative Antriebe wollte er nur "technologieoffen" fördern und lobte in diesem Zusammenhang ausdrücklich die Wasserstofftechnik über den grünen Klee. Diese sei eine "Riesenchance".

Hätte er sich doch nur vorher ein wenig umgeschaut und nicht nur auf die Bayerischen Motorenwerke der Familie Quandt gehört. Schon bei Daimler hätte man ihm sagen können, dass Wasserstoff etwas für das Stromnetz sein mag, aber für Autos eher out ist.

Die Schwaben haben sich jedenfalls kürzlich vom Brennstoffzellenmotor verabschiedet. Der sei zu teuer, hat man nach 30 Jahren festgestellt; nach drei Jahrzehnten in denen andere Hersteller, zum Teil zuletzt auch Branchenneulinge, Elektroautos entwickelten.

Wie dem auch sei, die Ministerpräsidenten der Autoländer Bayern, Niedersachsen und Baden-Württemberg hatten sich vorab am Montag auf gemeinsame Forderungen verständigt. Dem Vernehmen nach haben sie eine Verkaufsprämie von 4.000 Euros für E- und Wasserstoff-Autos sowie für sogenannte Plug-In-Hybride gefordert. Letzteres sind Wagen mit einem Verbrennungs- und einem Elektromotor.

Sackgassentechnologie

Vor allem in Japan aber auch in China wurde der bereits vor Jahren produziert und bildete sozusagen eine Übergangslösung ins Elektrozeitalter. Inzwischen gehen in Fernost - China ist der weltweit größte Markt für E-Autos - die Absatzzahlen der Hybriden schon wieder zurück.

Deutschland will sie hingegen gleichwertig mit den Elektroautos unterstützen und auch noch die Wasserstofftechnik ebenbürtig fördern, für die sich kaum ein Land jenseits von Rhein, Oder oder Alpen interessiert. Es sieht also ganz danach aus, als solle viel Geld in Sackgassentechnologie gesteckt werden.

Erschwerend kommt hinzu, dass in Deutschland die Hybridautos offensichtlich ganz überwiegend mit herkömmlichen Kraftstoff fahren und dabei mehr davon verbrauchen als konventionelle Pkw, weil sie auch noch einige hundert Kilogramm Batterie und Elektromotor bewegen müssen. Insofern ist auch die Tatsachen wenig beruhigend, dass hierzulande mehr als dreimal so viele Hybridfahrzeuge wie reine Elektro-Pkw angemeldet werden.

Die sind schon jetzt steuerlich privilegiert, obwohl ihre Emissionen je nach Fahrweise sogar über denen herkömmlicher Pkw liegen können. Händler berichten nämlich, dass bei den zurückgegebenen Leasingfahrzeugen die Ladekabel oft noch in der ungeöffneten Originalverpackung im Kofferraum liegen.

Der Steuervorteil macht sie aber besonders als Firmenwagen besonders beliebt. Damit nicht genug wollen der grüne Kretschmann und seine Kollegen aus Niedersachsen und Bayern auch noch eine Verkaufsprämie, wir sollten es ruhig Abwrackprämie nennen, für ganz normale Pkw mit Verbrennungsmotoren.

3.000 Euro soll es nach ihren Vorstellungen geben. Da haben einige Leute in den letzten zehn Jahren so wirklich gar nichts gelernt, nichts von Schülerdemos für den Klimaschutz gehört, nichts über Abgasskandal und illegal schlechte Luft in vielen Städten gelesen.

Und wenn doch, dann war es nur so eine Erfindung von irgendwelchen Wissenschaftlern, auf die zu hören ohnehin absolut undemokratisch wäre.