Taliban richten in Militärlager in Nordafghanistan Massaker an
Mehr als 135-140 Soldaten sollen bei dem Überfall getötet worden sein, der die Schwäche der afghanischen Streitkräfte offenbart
Die Zahl der Toten steigt weiter an. Heute melden afghanische Medien, dass nach Informanten aus dem afghanischen Militär mindestens 135 Soldaten der Afghanischen Nationalarmee (ANA) beinem Überfall der Taliban getötet worden seien. Über 60 seien zum Teil schwer verletzt. Gestern hatten Taliban das Militärlager Shaheen bei Masar-i-Scharif in Nordafghanistan angegriffen. In der Nähe sind auch deutsche Soldaten der Mission Resolute Support stationiert.
Zunächst war von 50 Toten die Rede gewesen, dann bereits von 100. Das afghanische Verteidigungsministerium hatte zuletzt von etwa 100 getöteten und verletzten Soldaten berichtet. Nach Reuters sollen bei dem mehr als vierstündigen Kämpfen mittlerweile mindestens 140 Soldaten getötet worden sein, was ein lokaler Informant berichtet hatte. Andere sollen sagen, es könnten noch mehr sein.
Angeblich waren eine Moschee und eine Mensa in dem Militärlager, einem der größten des Landes und zuständig für die nördlichen Provinzen, Hauptangriffspunkt. Taliban-Kämpfer in ANA-Uniformen hätten gestern zur Zeit des Freitagsgebets in Militärfahrzeugen die Sicherheitssperren überwinden können, bevor sie ihren Angriff starteten. Verletzte Soldaten berichteten, die Sicherheitsvorkehrungen seien sehr streng gewesen, sie vermuteten, die Taliban müssten Hilfe aus dem Lager gehabt haben. Es wäre nicht das erste Mal, dass die Taliban das Militär infiltriert hätte. US-General John Nicholson, Kommandeur der Nato-Mission, verurteilte die "mörderische Aktion" und sagte, sie zeige die "barbarische Art der Taliban".
Unklar scheint auch zu sein, wie viele Taliban-Kämpfer es gewesen sind. Gesprochen wird von 10 Kämpfern, das behaupten auch die Taliban. Schon sechs Wochen zuvor hatten die Taliban einen größeren Überfall ausgeführt und ein Militärkrankenhaus in Kabul angegriffen. 50 Menschen wurden dabei getötet. Mangelnde Sicherheitsvorkehrungen des Militärs und des Staats wurden damals bereits kritisiert, während die Taliban mit den Angriffen demonstrieren, dass sie ihre Macht ausbauen können.
Wenn bereits eine Handvoll Taliban-Kämpfer einen so verheerenden Überfall ausführen können, wirft dies einen bedenklichen Blick auf den Zustand der afghanischen Truppen und die Möglichkeiten der Nato-Truppen. Auch der eher theatralische Abwurf der "Mutter aller Bomben" kann die schwindende Stabilität der Regierung und der afghanischen Sicherheitskräfte nicht überspielen. Die Taliban sagen selbst, um die Unsicherheit zu verstärken, dass vier der Angreifer Soldaten aus dem Camp gewesen seien. Die Kämpfer waren mit Gewehren und Granatwerfern bewaffnet, einige sollen sich mit Sprengstoffwesten in die Luft gesprengt haben. Die Taliban erklären, sie hätten über 500 Soldaten getötet. Die "Märtyrer" hätten 8 Stunden lang gekämpft. Begonnen habe der Angriff mit dem Eindringen in die Mensa, wo sich ein Kämpfer in die Luft sprengte und Panik auslöste. Der Angriff sei aus Rache auf Aktionen der Armee erfolgt