Tankstellen und E-Mobilität: Das Ende einer Ära

Die traditionsreichen Kraftstoffmarken migrieren in den Markt der Ladestationen. Die Zukunft: Lademöglichkeiten an Parkplätzen von Lebensmittelhändlern. Was von Tankstellen übrig bleibt.

Während die ersten Automobilisten den Kraftstoff für ihre ohne Pferdekraft fahrenden Untersätze noch für teures Geld in Apotheken erwerben mussten, hatte sich spätestens mit dem deutschen Wirtschaftswunder ein umfangreiches Tankstellennetz in Deutschland etabliert.

Ausgehend von einer Zapfsäule mit nur einer Kraftstoffsorte wurde auf drei erweitert: Normalbenzin, Superbenzin und Diesel. Es kamen die ersten Markenstationen wie Aral, Dea, Minol, Agip, Esso, Shell und BP.

Sie wurden meist von selbstständigen Pächtern betrieben, die auf eigenes Risiko arbeiteten, an die Preise der Mineralölgesellschaften jedoch gebunden waren, nur bei diesen den Kraftstoff beziehen durften und Pacht für die Stationen abführen mussten.

Im Laufe der Jahrzehnte steigerten sich auch die Summen, die sie als Steuern für die Finanzämter eintreiben durften. Von den Markengesellschaften erhielten sie für jeden verkauften Liter eine kleine Provision.

Solange die Kraftfahrer an den Service-Stationen noch bedient wurden und der freundliche Tankwart im Sauseschritt auch für saubere Windschutzscheiben sorgte, wurden halt nur maximal drei Kunden gleichzeitig bedient. Die anderen mussten warten.

Mit der steigenden Nachfrage nach Kraftstoffen wurde im ersten Schritt die Zahl der Zapfsäulen erhöht. Für mehr Personal waren die Margen jedoch schon damals deutlich zu knapp, auch wenn der Stundenlohn im Westen damals noch bei 3,50 DM lag. Eine logische Folge waren die Selbstbedienungsstationen (SB) an denen sich der Kunde seinen Kraftstoff selbst zapfen durfte.

Tankstellen im Wandel (19 Bilder)

Autobahntankstelle Fürstenwalde, 1937, von Friedrich Tamm. Bild: Clemensfranz / CC-BY-SA-3.0

Dass er jetzt auch seinen Reifendruck selbst kontrollieren durfte und die Scheiben selbst reinigen musste, nahm er in Kauf. Wobei mit dem Verschwinden der Insekten auch das Reinigen der Frontscheiben immer einfacher wurde.

Das Gesundheitsrisiko durch das Einatmen von Benzol und anderen leicht flüchtigen Kraftstoffbestandteilen wurde als Nebeneffekt vom Personal auf die Kunden verlagert und traf dann deren Leber.

Kraftstoffverkauf deckt die Kosten nicht

Nachdem die Personalkosten an den Tankstellen auf das Minimum gedrückt waren und eine Person als Kassierer genügen musste, der auch sicherstellen musste, dass jeder bezahlte, was im Laufe der Jahrzehnte mithilfe kontinuierlicher Videoüberwachung deutlich verbessert wurde, mussten andere Einnahmequellen her.

Reisebedarf durfte zu Zeiten strenger Ladenschlusszeiteingesetze auch außerhalb der üblichen Geschäftszeiten verkauft werden. Ob der Verkauf an Kunden aus der direkten Umgebung, die zu Fuß an die Tankstelle kamen, als Reisebedarf durchgehen konnte, war zumindest umstritten.

Ziemlich eindeutig war, dass der Verkauf von Bier und anderen alkoholhaltigen Getränken kaum dem Reisebedarf zugerechnet werden konnte. Clevere Abmahnvereine haben sich diesen Tatbestand mithilfe von Testkäufen zunutze gemacht.

Der Verkauf von Lebens- und Genussmitteln wurde für die Tankstellen im Laufe der Jahre immer wichtiger und damit wurde auch eine eigene Lieferlogistik für diese Produktgruppen für die Tankstellen aufgebaut, die zuvor schon die Kioske der Republik beschickt hatten.

Platzhirsch dieser Logistiker wurde im Laufe der Zeit die Lekkerlandgruppe, die praktisch alle Markenstationen versorgten und dann auch noch mit Tobaccoland die Distribution von Tabakwaren übernahmen. Vom direkten Automobilzubehörgeschäft blieben nur noch Motorenöle und Scheibenwischer.

Mancher Tankstellenbetreiber suchte die Sortimentserweiterung auch bei den Kraftstoffen. Dies waren zumeist solche Stationen, die nicht im Besitz der Marken waren, sondern ihre Mineralölkraftstoffe nur unter einer bestimmten Marke verkauften.

Zusammen mit anderen Partnern wurden Säulen für CNG oder LPG installiert. Später kamen dann noch Wasserstoff und zuletzt Biomethan.

Als sich abzeichnete, dass die Fahrer von E-Mobilen ein anderes Nachschubverhalten an den Tag legten als die Mineralölfraktion, verloren die Mineralölkonzerne das Interesse an den Tankstellen und heutzutage führen nur noch die britischen Konzerne Shell und BP ihre Tankstellenbereiche, wobei BP in Deutschland unter dem Markennahmen Aral auftritt und ihre Shops unter Markenlizenz von Rewe unter der Regie von Lekkerland betrieben werden.

Der letzte Mineralölkonzern, der den deutschen Tankstellenmarkt verlassen hat, war die französische TotalEnergies.