Taschenspielertricks: Die EU und das EEG
Die Energie- und Klimawochenschau: Von gern gesehenen Brüsseler Eingriffen und Industrieprivilegien, von sinkendem Land und steigenden Fluten sowie von chinesischem Smog und fehlgeschlagener Verharmlosung
Die EU-Kommission wird in den nächsten Tagen ein Verfahren gegen die Bundesrepublik wegen der Ausnahmen eröffnen, die energieintensiven Unternehmen mit dem Erneuerbare-Energiengesetz (EEG) gewährt werden. Wie es scheint, ist der für den Wettbewerb zuständige EU-Kommissar Joaquín Almunia der Ansicht, dass es sich dabei um unzulässige Beihilfen handelt.
Zur Abwechslung, so könnte man meinen, wird also mal das EU-Recht für eine gute Sache angewendet, denn immerhin sind die von Jahr zu Jahr großzügiger gewährten Ausnahmen von der Zahlung der EEG-Umlage bzw. die gewährten weitgehenden Ermäßigungen einer der Gründe, weshalb für die übrigen Zahler - überwiegend die privaten Haushalte und Gewerbetreibenden - die Umlage um so höher ausfällt.
Doch ganz so einfach scheint es nicht zu sein. Das ist unter anderem an der Sorglosigkeit der amtierenden Bundesregierung abzulesen. Immerhin ist seit längerem bekannt, dass es in Brüssel Vorbehalte wegen dieser Bevorzugung gibt, aber den hiesigen Gegnern des EEGist, wie es scheint, ein Brüsseler Verfahren ganz Recht. Verschiedene Passagen im Koalitionsvertrag, über den derzeit die SPD-Mitglieder in einer Urabstimmung das letzte Wort haben, deuten darauf hin.
Dort ist mehrfach die Rede davon, die Förderung der erneuerbaren Energieträger solle künftig dem EU-Recht angepasst werden (siehe auch Koalitionsvertrag: Energiewende wird ausgebremst). Derlei Selbstverständlichkeiten lassen eher vermuten, dass die Koalitionsregierung in spe ihren gewichtigen Einfluss in der Kommission und ihre starke Position im Europäischen Rat nutzen will, um das EEG auch über diesen Weg anzugreifen. Das wäre nicht das erste Mal, dass dem heimischen Publikum selbsterzeugte europäische Zwänge vorgegaukelt werden, um eigene Ziele reibungsarm durchzusetzen.
Auch die Tatsache, dass die Industrieprivilegien ab Anfang Januar nochmals ausgeweitet werden, legt eher nahe, dass Almunias Beihilfeverfahren geradezu provoziert werden sollte. Essollen weitere 400 bis 500 Betriebe von der Umlage befreit werden (Bis zu 500 Unternehmen zusätzlich werden von der EEG-Umlage befreit, übrigens mit stiller Billigung der SPD, wie der Berliner "Tagesspiegel" erfahren haben will. Im letzten Jahr waren 2.300 Unternehmen Begünstigungen in Höhe von etwas mehr als vier Milliarden Euro bewilligt worden. In diesem Jahr seien jedoch noch mehr Bewerbungen als zuvor eingegangen. Neben der Union hatten sich auch führende SPD-Politiker in den letzten Monaten für die umfangreichen Privilegien ausgesprochen. Im Koalitionsvertrag ist lediglich die Rede davon, dass deren Zahl "überprüft" werden soll.
Nach den derzeit geltenden Regeln können alle Unternehmen, die im Geschäftsjahr mehr als eine Million Kilowattstunden verbrauchen und deren Stromkosten mindestens 14 Prozent ihrer Bruttowertschöpfung ausmachen, eine teilweise Befreiung gewährt bekommen. Für die erste Million Kilowattstunden bezahlen sie dann die volle Umlage (derzeit 5,277 Cent pro Kilowattstunde), für die nächsten neun Millionen hingegen nur zehn Prozent, das heißt derzeit 0,5277 Cent pro Kilowattstunde. Für den Verbrauch, der zehn Millionen Kilowattstunden übersteigt, werden nur noch 0,05277 Cent pro Kilowattstunde fällig.
Aus der Umlage wird die Differenz aus der Einspeisevergütung für den Ökostrom und dem jeweiligen Börsenpreis gedeckt. Da diese Summe durch die Begünstigungen nicht kleiner wird, bedeuten die Industrieprivilegien, dass die übrigen Stromkunden eine umso größere Last zu tragen haben. Zum 1. Januar steigt die EEG-Umlage auf 6,3 Cent (EEG-Umlage steigt auf 6,3 Cent), was allerdings nur noch sehr wenig mit dem weiteren Ausbau der Erneuerbaren zu tun, sondern eher mit den sinkenden Börsenpreisen und den zunehmenden Ausnahmen für Großverbraucher.
Derweil nimmt der Anteil des von erneuerbaren Energieträgern bereit gestellten Stroms weiter zu, sodass sie diesem Jahr rund ein Viertel des heimischen Bedarfs decken dürften. Für die Windmüller war das Jahr bisher jedoch eher enttäuschend. Trotz weiteren Zubaus fiel der Ertrag bisher schlechter aus als im Vorjahr. Besonders der Januar, für gewöhnlich einer der besonders windreichen Monate, ließ zu wünschen übrig. Der Dezember verspricht hingegen ergiebiger zu werden. Insbesondere der Orkan "Xaver" brachte reiche Ernte.
Die Küstenbewohner hatten allerdings andere Sorgen. Verschiedene Faktoren führten dazu, dass "Xaver" eine der schwersten Sturmfluten seit Beginn der Aufzeichnungen verursachte. Aber zum Glück hielten die allermeisten Deiche, sodass der Schaden sehr begrenzt blieb. Zum einen traf der Orkan mit einer Springtide zusammen, also einem besonders hohem Hochwasser, das bei Voll- und Neumond auftritt. Zum anderen zog er nur sehr langsam durch, sodass er viel Zeit hatte, das Wasser in die südliche Nordsee und dort insbesondere gegen die Küsten Schleswig-Holsteins und in die Mündung von Elbe und Weser zu drücken.
Im Ergebnis lag in Hamburg die Höchstmarke rund 40 Zentimeter über jener tragischen und folgenreichen Flut von 1962, bei der über 300 Menschen starben. Nur 1976 war eine Sturmflut noch höher aufgelaufen. Diverse historische Sturmflutmarken zeigen übrigens, dass die Sturmfluten über die Jahrhunderte immer höher auflaufen. Das hat allerdings nur zum Teil mit dem steigenden globalen Meeresspiegel zu tun, der im vergangenen Jahrhundert um rund 20 Zentimeter gestiegen ist, sich seit den 1990er Jahren aber beschleunigt hat.
An der Nordseeküste kommt hinzu, dass sich dort das Land langsam absenkt, wodurch der lokale Meeresspiegel steigt. Das Absinken ist eine Spätfolge der letzten Eiszeit, in der ein mächtiges Eisschild Skandinaviens Erdkruste in den Untergrund gedrückt hat. Nachdem die Eislast verschwunden ist, steigt das Land dort nun wieder auf, während es an den Rändern zum Ausgleich ein leichtes Absinken gibt. Die Nulllinie dieser Bewegungen verläuft ungefähr von Nordwest nach Südost durch die dänischen Ostseeinseln.
Die militärischen Vorteile von Smog
Eindeutig hausgemacht sind derweil Chinas Smog-Probleme, die manche bereits von einer Smog-Krise sprechen lassen. In Shanghai zum Beispiel liegen die Werte für Feinstaub bereits seit über einer Woche weit über den Empfehlungen der Weltgesundheitsbehörde, berichtet die Nachrichtenagentur "Bloomberg". An sieben von neun Dezembertagen sei Älteren und Kindern geraten worden, die Wohnung nicht zu verlassen.
Einige Kommentatoren staatlicher Medien haben es in dieser Situation geschafft, das halbe Land gegen sich aufzubringen. Nach einem Bericht von Reuters habe die KP-Zeitung "Global Times" ihren Lesern die militärischen Vorteile des Smogs versucht näher zu bringen. Marschflugkörper könnten dadurch ihre Ziele vielleicht verfehlen. Offensichtlich war das genauso wenig überzeugend wie der Hinweis eines Fernsehsprechers, der meinte, der Smog würde den chinesischen Sinn für Humor stärken. Die Folge war ein seltener Fall von offenem Meinungsstreit in Chinas staatlichen Medien, sodass die heftig kritisierten Beiträge schon bald von den Webseiten verschwanden.