Arbeitgeber warnen vor Missbrauch der Telefon-Krankmeldung
Telefonische Krankschreibung spaltet Gemüter. Ärzte sehen sie als Entlastung, die Wirtschaft warnt vor Missbrauch. Wer macht wem was vor?
Die telefonische Krankschreibung ist derzeit Gegenstand heftiger Diskussionen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) betonte im Dezember, dass sie sowohl Patienten als auch Arztpraxen entlastet.
Tatsächlich ist sie eine der wenigen positiven Entwicklungen aus der Coronapandemie. Viele Arztpraxen warnten damals: "Kommen Sie nicht in unsere Sprechstunde, wenn Sie Symptome haben, die an Covid erinnern." Als Folge waren erstmals telefonische Krankschreibungen möglich.
Viele Arbeitnehmer begrüßten dies, da es für Menschen mit Krankheitssymptomen belastend ist, sich in überfüllte Arztpraxen schleppen zu müssen. Die telefonische Krankschreibung wird deshalb häufig genutzt.
Menschen mit leichten Symptomen greifen lieber zum Telefonhörer und schonen so die Gesundheit ihrer Mitmenschen, indem sie nicht mit Symptomen zur Arbeit gehen. Dies führte zu einem Anstieg der Krankmeldungen.
Wirtschaftsvertreter kritisieren hohe Krankmeldungen
Vertreter von Wirtschaftsverbänden kritisieren die Reform scharf und sehen sie als Grund für die wirtschaftliche Schwäche Deutschlands. Sie warnen vor Wettbewerbsverlusten. Ähnliche Klagen hört man oft, wenn bei Tarifverhandlungen höhere Löhne oder bessere Arbeitsbedingungen gefordert werden.
Krankschreibung als Arbeitskampfmaßnahme
Es gibt tatsächlich einen Zusammenhang zwischen solchen Forderungen und der Zunahme von Krankschreibungen.
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In Großbritannien mussten Flüge ausfallen, weil sich Mitarbeiter nach angekündigten Umstrukturierungen krankschreiben ließen. In Deutschland lassen sich Beschäftigte im öffentlichen Nahverkehr, in Kindergärten und Krankenhäusern öfter krankschreiben.
Sie reagieren damit auf Stress und schlechte Arbeitsbedingungen, die krank machen. Sie achten dabei mehr auf ihre Gesundheit und die ihrer Mitmenschen. Schließlich gefährdet nicht nur ein Virus die Gesundheit, sondern auch kranke Busfahrer oder Pfleger.
Die Zukunft der telefonischen Krankschreibung
Es ist unklar, ob die telefonische Krankschreibung bestehen bleibt. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) prüft eine Abschaffung. Ärztevertreter plädieren jedoch für die Beibehaltung, da sie Entlastung bringt. Sie wollen jedoch auch die Klagen der Wirtschaftsvertreter nicht ignorieren.
Teilzeitkrankschreibung als Kompromiss?
Ärztepräsident Klaus Reinhardt schlägt Teilzeit-Krankschreibungen vor, die den Interessen von Wirtschaft und Ärzten gerecht werden sollen. Die Arbeitswelt habe sich stark verändert, insbesondere durch Homeoffice, so Reinhardt.
Eine Teilzeit-Krankschreibung könnte mehr Flexibilität bieten. Doch der Druck und Stress für Teilzeitkrankgeschriebene könnte belastend sein. Werden die Bedenken der Arbeitnehmer in der Diskussion um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands berücksichtigt?