Tempo raus, Leben rein
Seite 4: Pro: Lärmreduzierung und Verbesserung der Aufenthaltsqualität
- Tempo raus, Leben rein
- Contra: ÖPNV würde langsamer und teurer
- Pro: Städte sind keine Freizeitparks
- Pro: Lärmreduzierung und Verbesserung der Aufenthaltsqualität
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"Lärm" lässt sich nicht ausschließlich an bestimmten Dezibel-Werten festzumachen. Unstrittig ist jedoch, dass eine dauerhaft hohe Geräuschbelastungen gesundheitliche Langzeitfolgen wie z.B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen verursachen können. Die Reduzierung von Tempo 50 auf Tempo 30 senkt die Differenzen des Mittelungspegels von ca. zwei bis drei dB(A) und bringt eine deutliche Verbesserung der Lärmsituation.
In Köln wurde dank der Bürgerinitiative #RingFrei der siebeneinhalb Kilometer lange Kölner Innenstadtring durchgehend auf Tempo 30 reduziert. Es kam es zu einer spürbaren Verbesserung: Weniger Unfälle, deutliche Lärmreduzierung und substantielle Verbesserung der Aufenthaltsqualität.
Das Umweltbundesamt hat eindrücklich dargelegt, wie sich nicht nur der Lärmschutz verbessert, sondern auch die Belastung mit Schadstoffen sinkt.
Die Einführung eines flächendeckenden Tempo-30 ist daher auch ein Beitrag zum Schutz von Gesundheit und Umwelt, die die Wohn- und Aufenthaltsqualität unserer Städte und Gemeinden deutlich verbessern wird.
Einführung von flächendeckendem Tempo 30
In Deutschland wird man nicht wie in Spanien allein durch die Anordnung von Tempo 30 auch Tempo 30 bekommen. Daher ist es wichtig, dass es zu einer baulichen Anpassung des Straßenraumes kommt, wie das z.B. in den Niederlanden der Fall ist.
Vor allem im Kreuzungsbereich braucht es breite und durchgehend barrierefreie Gehwege und Radwege und gute Sichtbeziehungen. Das ist ohne große Kosten umsetzbar.
Der durch die Geschwindigkeitsreduzierung gewonnene Raum kann sinnvoll zur Begrünung und Optimierung des öffentlichen Raumes benutzt werden. Auch Platz für neuen attraktiven Wohnraum ist denkbar. Wichtig ist, dass Medien und Politik die positiven Effekte von Tempo 30 diskutieren.
Tempo 30 dank Smart City und autonomem Fahren
Tempo 30 anordnen ist das Eine, Tempo 30 durchsetzen das Andere.
Geschwindigkeitskontrollen sind unbeliebt, nicht nur bei den Kontrollierten, sondern auch bei denen, die kontrollieren. Blitzer, angekündigt via Polizei, Verwaltung und Medien sind wenig effektiv. Wesentlich besser funktioniert die Section Control, die ganze Straßenabschnitte überwacht. Deren Messungen haben auch vor Gericht Bestand, sind effektiv und bewährt, wie das Beispiel Österreich zeigt.
Am besten dürfte es sein, wenn das "intelligente" Auto übernimmt. Die Entwicklungen in Richtung Smart City und autonomen Fahren sei Dank ist das längst technisch möglich. Ab dem 6. Juli dieses Jahres müssen alle in der EU verkauften Fahrzeugtypen (Pkw, Lkw, Busse) in der EU mit einem intelligenten Geschwindigkeitsassistenten ISA (Intelligent Speed Assistance) ausgestattet sein.
Die EU-Verordnung 2019/2144 sieht vor, dass sich die Technik, die Autofahrer:innen dazu bringt, Tempolimits verlässlich einzuhalten. Vorgesehen ist, dass der Geschwindigkeitswarner ständig aktiv ist. Bisher ist es jedoch so, dass er ausgestellt werden kann (wie auch die Abbiege-Assistenten bei LKW).
Zudem sollten die Städte die Datenhoheit über kommunale Verkehrsdaten bündeln und sicherstellen, dass diese Daten auch in Zukunft in öffentlicher Hand bleiben. Das ebenfalls von der EU auf den Weg gebrachte Gesetz für "Intelligente Verkehrssysteme" verlangt von den Mitgliedstaaten, ihre Mobilitätsdaten zu vereinheitlichen und in einer Mobilitätsdatenbank (Mobilitätsdaten-Marktplatz, MDM) zur Verfügung zu stellen.
Deutschland hat da noch ein Nachholbedarf. Aber der harmonischen Koexistenz von Mensch und Auto steht eigentlich nichts im Weg.