Terror im Kosovo
Auch in der zweiten Gewaltnacht setzten die Kosovo-Albaner den Terror gegen die serbische Minderheit fort - Völkermord unter den Augen von UN und NATO?
Vor fünf Jahren war die serbische Provinz "Kosovo und Metohien" ein Top-Thema für viele westliche Politiker und Militärs. Über den Krieg der NATO gegen Jugoslawien wurde im März 1999 entschieden (Die NATO zieht in den Krieg). Als es vorbei schien und NATO und UN die Kontrolle übernahmen, versprachen sie ein multiethnisches Zusammenleben. Oder sie hofften es wenigstens. Ein Leben ohne Gewalt, ohne Krieg, ohne ethnische Konflikte. Ein friedliches Nebeneinander in der mehrheitlich von Albanern bewohnten Provinz. Die Probleme schienen schwierig, aber erst einmal lösbar zu sein und das Thema verschwand wieder von der medialen Tagesordnung (Der vergessene Krieg).
Doch der Frieden im Kosovo war ein herbei gebombter Frieden. Und er war scheinheilig, wurden doch Terroristen und in Kriegsverbrechen verstrickte Militärs zu hofierten politischen Größen. Die Vertreibung von Serben und anderen Minderheiten wurde ebenso hingenommen wie die Schaffung von aufwändig bewachten ethnischen Gettos, die nötig wurden, um Übergriffe zu vermeiden.
Die Ereignisse, die nun seit dem 17. März 2004 das Kosovo bestimmen ("Kristallnacht" im Kosovo), zeigen dass auch die internationale Präsenz weder die viel beschworenen Standards erreicht, noch die Klärung der Statusfrage in Sicht ist. Mindestens 31 Tote, 500 Verletzte, darunter 96 Polizei- und KFOR-Kräfte und 14 zerstörte serbisch-orthodoxe Kirchen oder Klöster und angezündete Wohnhäuser in Orten mit serbischer Bevölkerung offenbaren, dass UN und NATO nicht Herr über die ethnischen, wirtschaftlichen und soziale Probleme der Provinz sind.
Der unwahre Auslöser
Die monatelangen Warnungen blieben bis zum Schluss ungehört. Immer wieder gab es Hinweise aus Belgrad oder dem Kosovo, die UNMIK (die Zivilverwaltung) und KFOR (NATO-Truppe) auf die prekäre und gefährliche Lage der Minderheit der Serben und anderer Ethnien hinwiesen. Man lockerte lieber den Schutz von Klöstern und Ortschaften und sorgte damit für Unsicherheit und Proteste der Serben. Hinzu kamen Anschläge, die selten aufgeklärt und somit oftmals als ethnisch motiviert gewertet wurden. Und so konnte nun eine kleine, bildhafte und dazu für viele durchaus denkbare Geschichte die Proteste auslösen. Oder vielleicht hatte man nur auf eine passende Gelegenheit gewartet? Die Gewalt, die sich nun Bahn brachfolgte, war seit 1999 nicht mehr so schlimm gewesen.
Eine Gruppe von vier albanischen Jungen sei am Dienstag von einem Serben mit Hunden in einen Fluss getrieben worden, schrieb zunächst die albanischsprachige Zeitung Zoki. Die Ausschreitungen begannen, nachdem am Mittwochnachmittag eine zweite Leichen dieser Jungen gefunden wurden. Erst am Abend stellte UNMIK-Sprecher Derek Chappel klar, dass die Geschichte nicht wahr sei und die Jungen freiwillig über den Fluss geschwommen und drei von ihnen dabei abgetrieben seien. Doch das Dementi kam zu spät, der Terror war längst im Gange. Chappel sagte weiter in der Nacht gegenüber dem ORF über die eskalierte Gewalt:
Es gab zuvor bereits Gewalt im Kosovo, aber dieses Mal war das eine koordinierte Aktion. Die Gewalt brach in einer Vielzahl von Orten zur gleichen Zeit aus, das zeigt, dass das geplant war.
Auch internationale Polizeivertreter gaben gegenüber der Provinzregierung an, dass die Überfälle auf die serbischen Enklaven zentral organisiert wurden, berichtete die Nachrichtenagentur SRNA. Die Vertreter sagten, dass die Attacken nicht spontan seien.
Die Kristallnacht
Die Geschichte mit den ertrunkenen albanischen Jungen wurde von den Albanern als ein serbischer Racheakt für einen am Montag verübten Anschlag aufgefasst. Dabei war in dem unweit von Pristina gelegenen Dorf Caglavica, ein Serbe lebensgefährlich verletzt worden. Die serbischen Einwohner des Dorfes hatten danach eine nahe gelegene Fernverkehrstraße blockiert und einen besseren Schutz gefordert. Und so zogen am Mittwoch mehrere Tausend gewaltbereite Albaner zum Ort der Proteste.
Zuvor kam es zu den ersten Zusammenstößen in der Stadt Kosovo Mitrovica. Albaner hatten gegen die Vorfälle mit den albanischen Jungen protestiert. Die Brücke, die die ethnisch geteilte Stadt verbindet, war zuvor von der KFOR geschlossen worden. Albaner durchbrachen jedoch ohne große Probleme die Sperren. In einem von Serben bewohnten Teil im Norden der Stadt wüteten Albaner zunächst 15 Minuten lang, zerstörten Autos und warfen Steine auf Serben. Die Albaner wurden jedoch zurückgedrängt. Wenig später wurde eine Serbin auf der Terrasse ihres Hauses von einem Heckenschützen erschossen. Es kam zu Ausschreitungen zwischen Albanern und sich verteidigende Serben, wobei ein weiterer Mensch getötet wurde.
Zur gleichen Zeit durchbrachen die Albaner in Caglavica Sperren der KFOR. Die Serben verteidigten dort teilweise mit Heugabeln ihre Häuser. In Lipljan wurde zunächst ein 70jähriger Serbe auf offener Straße von Albanern angegriffen. Wenig später demolierten mehrere hundert Albaner dort Häuser. In Pec attackierten Albaner ein UN-Quartier und zerstörten deren Autos. Zwei Serben wurden in Kosovo Mitrovic mit schweren Kopfverletzungen in ein Krankenhaus eingeliefert. Die Verletzungen hatten ihnen Albaner mit einer Axt zugefügt. In Kosovo Mitrovica kam es zu Schusswechseln über den Fluss hinweg zwischen den beiden ethnisch unterschiedlichen Stadtteilen. Eine größere Gruppe von Albanern setzte im von Serben bewohnten Stadtteil eine Schule, ein leeres Krankenhaus und ein Cafe in Brand.
In Prizren kam es zum Zusammenstoß zwischen Albanern und der UN-Polizei. Bewaffnete Albaner aus Pristina und Kosovo Polje rückten auf das Dorf Bresje vor, wo bis zum Abend 30 serbische Häuser angezündet wurden. 13 vollbesetzte Busse mit bewaffneten Albanern verließen Drenica Richtung Kosovska Mitrovica, mit dem Ziel UNMIK und KFOR zu attackieren. Eine von deutschen KFOR-Truppen bewachte orthodoxe Kirche wurde in Prizren angezündet. UN-Mitarbeiter flohen aus ihren Büros in Gnjilane, Prizren und Pec. Gegenüber Radio B92, sagte ein UNMIK-Offizieller, der anonym bleiben wollte:
Im Kosovo findet eine Kristallnacht statt. [...] Was hier passiert muss unglücklicherweise als Progrom gegen Serben beschrieben werde: Kirchen brennen und Leute werden attackiert. Und das für keinen anderen Grund als deren ethnischen Hintergrund.
Reaktionen aus Belgrad
Die Nachrichten aus dem Kosovo verhießen nichts Gutes. Im serbischen Fernsehen waren die Ereignisse das einzige Thema der Nachrichtensendungen. Die wenigen verfügbaren Bilder wurden immer wieder gezeigt. Per Telefon meldeten sich Reporter, lokale Politiker oder Geistliche aus dem Kosovo, um über die aktuelle Situation zu berichten. Um ihre Solidarität mit den Serben im Kosovo zu demonstrieren, hatten sich spontan Tausende von Einwohnern am Mittwochabend in vielen Städten Serbiens versammelt. In der serbischen Hauptstadt unterstützten Taxi- und LKW-Fahrer die Proteste.
Derweil hatte die erst seit zwei Wochen bestehende serbische Regierung unter Vojislav Kostunica ihre erste Probe zu überstehen. Es wurde versprochen, alles zu tun, um die Sicherheit in der Provinz zu gewährleisten. Doch die Möglichkeiten dazu sind beschränkt und so konnte Kostunica lediglich anbieten:
Unsere Sicherheitskräfte sind für jegliche Kooperationen mit internationalen Kräften bereit.
Die UN-Mission wurde aufgerufen, die Gewalt zu beenden. Auch die Botschafter der Mitgliedsländer des UN-Sicherheitsrates trafen sich noch in der Nacht mit den Vertretern der serbischen Regierung. Währenddessen kam es aber auch in verschiedenen zentral-serbischen Städten zu Ausschreitungen von randalierenden Jugendlichen. So wurden, weitab von den friedlichen Versammlungen, auch die Moscheen in Belgrad und Nis in Brand gesetzt. Mehrere Polizisten wurden dabei in Belgrad zum Teil schwer verletzt. Mehrere Autos, darunter Polizeiwagen oder Fahrzeuge der UN, brannten aus. Gegen Demonstranten vor der US-amerikanischen Botschaft, setzte die Polizei Tränengas ein.
Am Donnerstag besuchte der Kosovo-Beauftragte der serbischen Regierung die Provinz. Vojislav Kostunica und sprach sich für die Ausrufung des Ausnahmezustandes im Kosovo aus, um die dortigen Serben vor ethnischen Säuberungen zu bewahren. Er rief den UN-Sicherheitsrat auf, eine Resolution über den albanischen Terrorismus zu verabschieden. Bei einem Solidaritätsmarsch für die Serben im Kosovo fanden sich am Freitagmittag Zehntausende in der Hauptstadt ein. Alle serbischen Rundfunkstationen unterbrachen um 12 Uhr für drei Minuten ihr Programm.
Die Medien und Reaktionen
Die Berichte über die Ereignisse sind in westlichen Medien derzeit skandalös. CNN stellte die Attacken der Albaner als logisch dar. Westliche Medienberichte sprachen von Ausschreitungen zwischen Serben und Albanern, obwohl der Terror von der albanischen Seite ausging und serbisch bewohnte Gebiete und Kulturgüter systematisch angegriffen wurden. Die falsche Geschichte über die albanischen Jungen und die brennenden Moschee in Nis und der wütende Hooligan-Mob vor der Moschee in Belgrad kehrten das eigentliche Bild über die Ereignisse im Kosovo um. Selbst die linksliberale deutsche Presse zeigte sich, mit einigen wenigen Ausnahmen, nicht gewillt, die Lage sachgemäß zu beschreiben.
Die internationalen Organisationen beschränkten sich bisher auf Mahnungen, die Gewalt zu beenden. Die NATO mit einer Präsenz von bislang 27.000 Soldaten verstärkte ihre Truppen. Auch Deutschland schickt 600 zusätzliche Soldaten in den Kosovo. Der UN-Sicherheitsrat rief Serben und Albaner gemeinsam auf, die Gewalt zu beenden. Ein Aufruf allein gegen die Kosovo-Albaner wurde abgelehnt. Lediglich Russland unterstützte die Position Serbiens und Montenegros. Obwohl die Definition für Völkermord die Situation im Kosovo erfüllen dürfte, schaut die "Internationale Gemeinschaft" dem separatistischen Treiben der Albaner weiterhin zu. Die Situation im Kosovo radikalisiert die Gesellschaft auch in Zentralserbien und der Vojvodina, die vor allem die Jugend ergreift. Der derzeitige Konflikt schafft einen Nährboden, der für die Zukunft der Region nur Böses ahnen lässt.
Inzwischen gingen auch am zweiten Tag die Anschläge im Kosovo weiter. In Prizren wurden ein Kloster und eine Kirche durch ein Feuer zerstört. Zwei Kirchen in der Nähe von Prizren wurden vom Feuer beschädigt. In Knjazevac wurden auf ein serbisches Haus zwei Molotow-Cocktail geworfen. In Kosovo Mitrovica steckten Albaner die Kirche St. Sava in Brand, andere kirchliche Gebäude folgten. In Lipljan hatten Albaner eine Polizeistation mit Granaten beworfen und versucht, ein Kloster im Zentrum der Stadt anzuzünden. Polizei und Armee evakuierten alle Serben aus der Stadt. Die Liste dürfte sich in den nächsten Tagen fortsetzen lassen...