Terror und Tabu

Seite 2: Der Begriff Verschwörungstheorie stammt aus dem Arsenal der psychologischen Kriegsführung

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Während die Inquisition des Mittelalters ihre Dogmen (Dreifaltigkeitslehre, Jungfrauengeburt) gegen Häretiker und Ketzer mit gewaltsamen Methoden verteidigte, sind heute subtilere Methoden notwendig. In Sachen 9/11 wurden dafür jene Waffen der psychologischen Kriegsführung geschärft, die sich schon in den 1960er Jahren bewährt hatten - zur Stigmatisierung und Diffamierung von Kritikern, die die offizielle Version des Kennedy-Mordes anzweifelten.

Als der Staatsanwalt Jim Garrison 1967 in New Orleans die ersten strafrechtlichen Ermittlungen dazu anstellte und dabei auch CIA-Mitarbeiter ins Visier nahm, gab die Abteilung für psychologische Kriegsführung der CIA ein Memo an alle ihre Stationen heraus, wie die Zweifel an der offiziellen Version des Kennedy-Mords am besten zu kontern sind: Bei den Kritikern der von der "Warren Kommission" verkündeten Theorie des Einzeltäters Lee Harvey Oswald handele es sich um "Verschwörungstheoretiker", um Staatsfeinde, die allein von unseriösen, kommerziellen oder kommunistischen Interessen motiviert seien.

Dies war die Geburtsstunde der Transformation einer neutralen Bezeichnung, "Verschwörungstheorie" - in den USA ("conspiracy") ein üblicher, neutraler Rechtsbegriff - in einen Kampfbegriff zur Abwehr und Ausgrenzung Andersgläubiger. Nach dem 11. September 2001 feierte dieser Abwehrzauber fröhliche Urstände. In seiner Analyse der Reaktionen der "Qualitätsmedien" stellte Andreas Anton fest: "Alle abweichenden Erklärungen zu den Ereignissen des 11. September werden pauschal haltlosen "Verschwörungstheorien" und damit dem Bereich des Irrationalen, Lächerlichen, politisch Bedenklichen oder bisweilen gar Pathologischen zugeordnet" (Verschwörungstheorien zum 11. September).

Diese Reaktionen sind nicht überraschend angesichts der Tatsache, dass es sich bei der offiziellen Version der Ereignisse um ein auf Foltergeständnissen beruhendes Konstrukt handelt und eben nicht um eine mit Fakten gesättigte, rational nachvollziehbare und mit hoher Wahrscheinlichkeit wahre Darstellung der Realität. Mit den Mitteln der Vernunft, mit guten Argumenten, dem Verweis auf unbestreitbare Tatsachen, lässt sich ein solches Narrativ nicht verteidigen. Die einzige Möglichkeit, es als heilige Wahrheit zu retten, besteht in der radikalen Abwehr jeder Kritik, in der Schaffung eines Tabubereichs und der Bestrafung derjenigen, die ihn verletzen.

Der neuen Inquisition stehen damals bewährte Mittel von Daumenschrauben bis Enthauptung nicht mehr zur Verfügung, auch "Predigtverbote" lassen sich im Internetzeitalter schwer durchsetzen. "Exkommunikation" aus dem "seriösen" öffentlichen Diskurs aber geht immer noch, auch in den Oasen "freier" Wissenschaft und Forschung, wie etwa es die kanadische Dokumentation von Adnan Zuberi 9/11 In The Academic Community (2013) zeigt.

Dass Kritik der beste Freund jeder echten Wissenschaft ist und jede gültige, allgemein anerkannte These der Falsifizierbarkeit standhalten muss, dieser wissenschaftliche Standard hat in Sachen 9/11 auf dem akademischen Parkett keine Gültigkeit. Und wer auf der Bühne der Politik und der Massenmedien unterwegs ist, hält zu Zweifeln am 9/11-Dogma besser ganz den Mund, sofern er nicht mit Vaterlandsverrätern, Terroristenfreunden und verrückten "Verschwörungstheoretikern" in einen Topf geworfen werden will.

Wie kann es in einer "offenen" Gesellschaft mit angeblich freier Wissenschaft und freier Presse zu einer derart erfolgreichen Tabuisierung kommen? Was ist der Grund für die massive Diskreditierung von Dissidenz, sobald das Stichwort 9/11 fällt, warum wird jede Abweichung sofort als "Verschwörungstheorie" gebrandmarkt? Der Grund liegt darin, dass es sich bei der offiziellen Version selbst um eine lupenreine (weil unbewiesene) Verschwörungstheorie handelt - ein Hypothese über Täter, Planung und Ablauf des Verbrechens, die auf Indizien und fragwürdigen Zeugenaussagen, aber nicht auf verifizierbaren oder gerichtsfesten Beweisen beruht.

Das gilt allerdings auch für die alternativen Hypothesen, wie sie etwa in der 5-stündigen Dokumentation "9/11 The New Pearl Harbour" aufgezeigt werden. Wer nun das Tabu der Unantastbarkeit des offiziellen Narrativs verletzt, etwas genauer hinschaut und sieht, dass der Kaiser nackt ist, gerät in ein Dilemma:

Geraten wir in diese von den Psychologen als kognitive Dissonanz bezeichnete Gemütslage, reagieren wir reflexartig immer auf dieselbe Weise: indem wir alle Fakten ausblenden, die unsere fundamentalen Überzeugungen ins Wanken zu bringen drohen. Und je größer die Dissonanz, je größer die Gefährdung unserer Überzeugungen, desto geringer unsere Bereitschaft, die unser Weltbild stützenden "Fakten" auch nur in Frage zu stellen. Und 9/11 sorgte für eine gewaltige kollektive kognitive Dissonanz, stumm in der Tiefe der westlichen Gedankengebäude widerhallend, im Schlepp einen unwiderstehlichen inneren Befehl: Don't go there! Don't even think about it!

So heißt es im Nachwort unseres Buchs, über die Schwierigkeit weltbilderschütternde Tatsachen wahrzunehmen - und bei den Diskussionen, die ich dazu immer wieder habe, geht es oft um diesen Punkt: dass die Belege und Indizien ja durchaus überzeugend sind, warum 9/11 nur als "inside job" durchführbar war und die Geheimdienste (der USA, Saudi-Arabiens, Israels, Pakistans) darin mindestens so verstrickt sind wie der deutsche Verfassungsschutz in den NSU-Terror, dass man sich das aber dennoch "irgendwie" nicht vorstellen kann.

Wenn unsere gewählten Volksvertreter solche Verbrechen begehen, um Kriege durchzusetzen, wenn unsere "investigativen" Medien dabei mitspielen und zu Stenografen der Macht verkommen, wenn wir als Zuschauer systematisch in die Irre geführt und verängstigt werden - wenn das wahr wäre, dann wäre ja nichts mehr wie es war. Da schauen wir am Besten gar nicht hin und halten uns lieber an das, was sie in der "Tagesschau" erzählen…

Dort freilich sehen wir jetzt gerade jeden Tag, warum es dringend notwendig ist, das 9/11-Tabu zu schleifen, alle Theorien, Hypothesen und Gerüchte aus der Welt zu schaffen und das Verbrechen des Jahrhunderts so zweifelsfrei wie möglich aufzuklären. Es ist die offene und eiternde Wunde unserer Zeitgeschichte, mit ihr fing der "Great War On Terror" an, der seitdem die Welt überzieht, ganze Regionen entstaatlicht, ins Elend stürzt und Millionen zur Flucht zwingt. Wer nicht nur Symptome, sondern die Ursache dieser Krise kurieren will, wird um eine den Gesetzen des Rechtsstaats und den Geboten der Vernunft entsprechende Behandlung von 9/11 nicht umhin kommen.

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