The Great American Divorce: Driften die USA auseinander?

Seite 2: Kampf um Einfluss im Südostpazifik

Welche realpolitischen Auswirkungen hat das Zwischenwahlergebnis also wirklich? Tendenziell spricht eine Mehrheit der Republikaner im Repräsentantenhaus, möge sie auch noch so fragil sein, für eine Abkehr der Biden-Regierung von ihren innenpolitischen Projekten, zugunsten außenpolitischer Ziele.

Das "Weiße Haus" ist nun erpressbar, und wie der frisch gekrönte "Speaker of the House", Kevin McCarthy, schon vor den Zwischenwahlen ankündigte, sind die Republikaner dazu bereit, den Geldfluss zur militärischen Unterstützung der Ukraine zumindest zeitweise zu unterbrechen, um progressive Innenpolitik der Demokraten zu verhindern.

Das gibt dem Weißen Haus eine willkommene Ausrede, ausschließlich seine primäre Funktion zu erfüllen, nämlich die außenpolitischen Interessen der USA durchzusetzen, ohne an den altbewährten Machtstrukturen des politischen Systems in den USA rütteln zu müssen.

Zugegeben, Biden hat alle Hände voll zu tun. Noch in den vergangenen Wochen warnte "Secretary of State", Antony Blinken, vor der bevorstehenden militärischen Übernahme Taiwans durch China und Biden gelobte, den Inselstaat zur Not auch militärisch zu verteidigen. Ein Kommentar, den der Präsident kurze Zeit später zurückzog, um bisherige Politik der "strategischen Ambivalenz" nicht zu gefährden. Auch Regierungsvertreter in China ließen verlauten, "der US-Präsident solle sich für eine Haltung in Bezug auf Taiwan entscheiden."

Nachdem sich Präsident Biden und der Präsident der Volksrepublik China, Xi Jinping, vor kurzem anlässlich des G-20-Gipfels auf Bali nun endlich persönlich kennenlernen durften, hat sich zumindest der Tonfall zwischen den Supermächten etwas entspannt. Nach dem Treffen verkündete Biden, laut BBC, es solle keinen neuen "Kalten Krieg geben" – zumindest nicht mit China.

Bei aller Widersprüchlichkeit zwischen den beiden Großmächten hofft die US-Regierung, China werde und könne beschwichtigend auf Russland einwirken. Beide Seiten erklärten, dass sie den Einsatz von Atomwaffen in der Ukraine ablehnen, Xi bekräftigte Chinas Aufruf zum Frieden und fügte hinzu, es gebe "keine einfache Lösung für ein komplexes Problem". Das klingt ja vielversprechend.

Kurz gesagt, die USA ringen um Einfluss im Süd-Ost-Pazifik. Die Länder der "Association of South East Asian Nations", kurz Asean, geraten immer mehr in den Bann Chinas, denn die Volksrepublik hat einfach einen zu großen wirtschaftlichen Einfluss auf seine "Nachbarstaaten" und zeigt sich militärisch stark und potent.

Das mag Mitgliedsstaaten, die wie Vietnam China historisch eher feindlich gesinnt waren, nicht behagen. Andererseits gilt auch die USA nicht als zuverlässigen Partner, sondern als einer, der sich allzu sehr mit "Menschenrechten und Demokratie beschäftigt". Vor allem aber war die USA trotz aller Bemühungen der "Asean" nicht bereit, ein Freihandelsabkommen abzuschließen, was der am stärksten vom Handel abhängigen Region der Welt, und dem Ansehen der USA vor Ort, sicherlich geschadet hat.

Jetzt klingt es fast so, als wären die USA auf Chinas wirtschaftlichen und diplomatischen Einfluss in Pjöngjang und Moskau angewiesen. Und wie zu erwarten, gleicht die USA den Verlust an Einfluss und Prestige im Pazifik durch eine Stärkung ihrer militärischen Bündnisse aus, besonders mit Japan und Australien.

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