Thema "heiß genug"
Am 11. Februar soll es bundesweit Anti-ACTA-Demonstrationen geben
Seit letzter Woche finden in Polen Massenproteste gegen das internationale Internet-Kontroll-Abkommen ACTA statt, das Vertreter der EU und 22 der 27 europäischen Mitgliedsregierungen am vorigen Donnerstag in Tokio unterzeichneten. Die Bundesregierung hat ihre Unterschrift zwar noch nicht geleistet, aber bereits in der Kabinettssitzung vom 30. November beschlossen. Für eine Ratifizierung muss ACTA allerdings noch durch das Europaparlament und die jeweiligen nationalen Parlamente.
In den nächsten Tagen sind deshalb europaweit Demonstrationen geplant: unter anderem am 4. Februar in Schottland, Irland, Slowenien, Dänemark, Schweden und Spanien und am 11. Februar in den Niederlanden, Bulgarien, Rumänien, Frankreich, England, Italien, Österreich und Deutschland. In Österreich sollen Protestmärsche in Wien und Innsbruck stattfinden; in Deutschland sind Veranstaltungen in allen größeren Städten geplant, darunter auch welche in Berlin, München, Hamburg, Köln, Düsseldorf, Stuttgart, Frankfurt und Hannover.
Veranstalter sind unter anderem die Piratenparteien in den einzelnen Ländern, Markus Beckedahls Verein Digitale Gesellschaft, die französische Bürgerrechtsorganisation La Quadrature du Net und Anonymous. Auch der Chaos Computer Club (CCC), die (um die legale Erhältlichkeit von Generika besorgten) Ärzte ohne Grenzen und die Occupy-Bewegung wollen sich beteiligen. Zögerlich ist man dagegen bislang bei den Grünen, wo es heißt, dass an diesem Tag auch Fukushima-Mahnwachen stattfinden sollen.
Im Bundestag hatte die Partei zu einer nicht öffentlichen Unterausschusssitzung den Hannoveraner Rechtsinformatikprofessor Axel Metzger sprechen lassen, der zusammen mit zahlreichen anderen Juristen aus ganz Europa einen Aufruf verfasste, das Abkommen wegen der zu erwartenden Auswirkungen nicht zu ratifizieren. Der genaue Termin, wann das Bundestagsplenum darüber abstimmt, ist noch nicht bekannt. Eine mögliche Entscheidung wird aber von den ACTA-Kritikern (wie in den anderen europäischen Ländern) bereits für den März erwartet, weshalb man nun keine Rücksicht auf die Temperaturen nimmt und trotz der Minusgrade auf die Straße gehen will. "Das Thema", so der Protestkoordinator Sebastian Radtke gegenüber Telepolis, sei schließlich "heiß genug".
Im Europaparlament, das in Straßburg und Brüssel tagt, dürften die Plenumsberatungen nach Einschätzung von Beobachtern etwas länger auf sich warten lassen. Der im Dezember durch den Fischereirat [sic] abgesegnete Vertrag soll am 29. Februar an den EU-Parlamentsausschuss für internationalen Handel (INTA) weitergeleitet werden, der eine Beschlussempfehlung ausarbeitet, die voraussichtlich nicht vor dem Juni fertig wird. Je kontroverser die Beratungen ausfallen, desto länger könnten sie freilich dauern. Darauf, dass das Abkommen auch unter EU-Parlamentariern nicht nur Befürworter hat, deutet in jedem Fall der Rücktritt des Handelsausschuss-Berichterstatters Kader Arif hin. Arif meinte, er werfe deshalb das Handtuch, weil er "nicht weiter an dieser Maskerade teilnehmen" wolle. Das Abkommen soll seinem Eindruck nach ohne öffentliche Diskussion und Bürgerbeteiligung in die Ratifizierung geschleust werden und werde "massive Konsequenzen für das Leben der Bürger haben", auch wenn die Europäische Kommission das Gegenteil behauptet.
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