Todesstrafe in den USA: Rückkehr der Erschießungskommandos
In der rechtlichen Grauzone lassen sich US-Bundesstaaten die Giftcocktails für die Todesspritze zusammenmixen und suchen nach neuen oder alten Wegen für die Exekution
Edgar Tamayo Arias, der 1994 einen Polizisten getötet haben soll und bei seiner Festnahme und Vernehmung kaum Englisch sprach, wurde in Texas trotz großer Proteste am 22. Januar hingerichtet. Selbst US-Außenminister Kerry setzte sich für einen Aufschub ein. Das Problem war, dass dem Mexikaner keine konsularische Hilfe angeboten und er über sein Recht auf eine solche nicht aufgeklärt worden war. Kerry fürchtet, dass nun auch US-Bürgern im Ausland das Recht auf konsularische Hilfe verweigert werden könnte.
Für eine Überprüfung hatten sich auch Mark White, Ex-Gouverneur von Texas, und der mexikanische Außenminister eingesetzt. Der Internationale Gerichtshof hatte Texas deswegen schon im Fall von insgesamt 51 Mexikanern der Rechtsverletzung beschuldigt. Der texanische Gouverneur Perry blieb hart. Texas ist der Bundesstaat , in dem bei weitem am meisten Menschen hingerichtet werden. Mit ihm wurden in Texas seit der Wiedereinführung der Todesstrafe im Jahr 1974 509 Menschen hingerichtet.
Tamayo wurde mit einer Giftspritze hingerichtet, die Pentobarbital enthielt. Das ging offenbar für die Vertreter der Todesstrafe und die ausführenden Organe "gut" aus. Pentobarital war als Schlafmittel, später als Einschläferungsmittel für Tiere verwendet worden. Es wird auch bei der Sterbehilfe eingesetzt. Bis 2010 wurde es in den USA bei der Hinrichtung in einer Dreierkombination nur als Anästhetikum verwendet, getötet wurde hingegen mit Kaliumchlorid. Seit 2010 haben 8 Bundesstaaten, weil die Todesmittel knapp wurden, auf die Injektion nur eines Mittels umgestellt, meist Pentobarbital, das mittlerweile in 14 Bundesstaaten alleine oder in Kombination eingesetzt wird. Weniger gut verlief die Giftinjektion am 16. Januar in Ohio. Dennis McGuire war einen qualvollen Tod gestorben, 15 oder 25 Minuten lang soll es gedauert haben. Ausprobiert wurde an ihm eine neue, nicht getestete Giftmischung aus Midazolam und Hydromorphon, nachdem die bis dahin verwendete nicht mehr zur Verfügung steht. Die europäischen Hersteller weigern sich, die Substanzen für den Vollzug der Todesstrafe in die USA zu schicken. Schon am 5. Februar soll mit dieser Mischung trotz der Qualen erneut ein Mensch getötet werden. Die Risiken sind schon länger bekannt.
Die Probleme entstanden, weil die in Illinois ansässige Firma das für den Vollzug der Todesstrafe zugelassene Barbiturat Thiopental nach internationalem Druck 2011 vom Markt genommen haben. Danach sollte Thiopental der Schweizer Firma Sandoz importiert werden, die DEA beschlagnahmte aber die Mittel, weil die Einfuhr von verschreibungspflichtigen Medikamenten in den USA verboten ist. So entstand die Idee, alternativ das Mittel Pentobarbital zu verwenden. Das wurde in den USA ausschließlich von der dänischen Firma Lundbeck vertrieben, wird aber nun bei amerikanischen Apotheken eingekauft, die es ohne die Kontrolle durch die FDA selbst und mit unbekannten Folgen für den Todeskandidaten herstellen, nachdem die EU die Ausfuhr von Mitteln für Hinrichtungen verboten hat (No Drugs - No Execution!) und die auch in den USA ansässige Firma es dort seit 2011 nicht mehr vertreibt. Andere Bundesstaaten steigen auf Giftgemische wie das von Ohio zurück, die von Apotheken gemixt werden, die, so CNN, nicht namentlich bekannt sind. Das alles findet jetzt in einer rechtlichen Grauzone statt, die genaue Zusammensetzung des Giftcocktails ist nicht bekannt, einige Bundesstaaten haben bereits Gesetze erlassen, nach denen die Zusammensetzung vertraulich behandelt werden muss. Damit werden auch die oft ungetesteten Giftmittel jeder Kontrolle entzogen.
Tod durch Erschießen: billig und human?
Die Giftspritze ist in den 34 US-Bundesstaaten, in denen die Todesstrafe wieder eingeführt wurde, die erste Wahl. In acht Staaten gibt es zudem, wenn der zum Tode Verurteilte dies wünscht, den elektrischen Stuhl, in 3 Bundesstaaten das Hängen, in weiteren 3 die Gaskammer und in Oklahoma und Utah könnte auch ein Erschießungskommando eingesetzt werden. Seit der Wiedereinführung wurden mit Erschießungskommandos ausschließlich in Utah 3 Menschen hingerichtet, zuletzt 2010, durch Hängen ebenfalls 3, mit der Gaskammer 11, mit dem elektrischen Stuhl 158 und 1189 mit der Giftspritze. Erschießungskommandos bestehen meist aus fünf Personen, nur eine der Waffen ist mit scharfer Munition ausgestattet, so dass die Schießenden nicht wissen, wer getötet hat.
In Bedrängnis wegen der Probleme mit der Beschaffung der tödlichen Substanzen wird in einigen Bundesstaaten nach weiteren Methoden gesucht. So will ein Abgeordneter in Virginia die Einführung des elektrischen Stuhls nach Informationen des Guardian ermöglichen.
In Wyoming, wo es nur einen Todeskandidaten gibt und seit 22 Jahren kein Todesurteil mehr vollstreckt wurde, hat ein republikanischer Senator einen Gesetzesvorschlag eingebracht, nach dem ein Erschießungskommando verwendet werden kann, wenn es keine andere Möglichkeit gibt. Das wäre schließlich auch die billigste Methode.
In Missouri wurde gerade ebenfalls ein Gesetzesvorschlag eingebracht, der ein Erschießungskommando neben der Gaskammer und der Todesspritze wieder einführen würde. Es soll aus 5 Männern bestehen, die Polizisten, jedenfalls "peace officers", sein müssen. Erschießen sei humaner als die neuen Todesspritzen, sagt der Abgeordnete.