Transatlantiker in Panik wegen Trump
Seite 2: Auch Bush und Obama haben nach der Wahl schnell militärpolitische Positionen gewechselt
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Was Donald Trump außen- und sicherheitspolitisch von seinen schnell gemachten Äußerungen umsetzen wird, ist weitgehend eine Angelegenheit der Spekulation. Trump hatte eine Erhöhung der Rüstungsausgaben angekündigt, gleichzeitig die Nato in Frage gestellt und gefordert, dass Nato-Staaten wie die baltischen Staaten, möglicherweise nur auf militärischen Beistand hoffen dürften, wenn sie entsprechend zahlen, und ein pragmatischeres Verständnis der Russland-Politik vorgeschlagen. In Europa sehen die Transatlantiker schwarz und versuchen, die kommende US-Regierung an ihre Bündnispflichten zu erinnern oder sich auf neue sicherheitspolitische Zeiten einzustellen, zumal auch Großbritannien mit dem Brexit zwar noch nicht aus der Nato, aber aus der Militärpolitik der EU herausfällt.
Zwar kann man sicher davon ausgehen, dass Trump, wenn er nicht vom Beraterstab und den Lobbys aus dem militärischen Komplex gebremst wird, stärker den Weg des Isolationismus einschlagen würde und den unter Bush Interventionismus mit "Nation Building und Regime Change"- Absichten beendet: "End the current strategy of nation-building and regime change."
Allerdings war auch Bush gegen Nation Building angetreten und propagierte schnelle Interventionen. So hatte er im Wahlkampf seine Position zu Al Gore abgegrenzt: "Er glaubt an Nation Building. Ich denke, die Rolle des Militärs besteht im Kämpfen und im Gewinnen von Kriegen und daher primär darin zu verhindern, dass Kriege überhaupt entstehen." 2003 wurde daher das für friedens- und stabilitätssichernde Konzepte zuständige Peacekeeping Institute der US Army geschlossen, um nach dem heraufziehenden Debakel im Irak doch schnell wieder mit dem U.S. Army Peacekeeping and Stability Operations Institute (PKSOI) am Army War College eine Nachfolgeinstitution einzurichten. Dazu wurde neben militärischen Maßnahmen auch mit dem "Human Terrain"-Konzept Maßnahmen entwickelt, um die Stabilität in den Kriegsgebieten zu sichern, indem die kulturellen und ethnologischen Bedingungen des Landes gekannt und berücksichtigt werden, in dem das Militär agiert (Anthropologisierung des Militärs). Das könnte Trump ganz genauso wie dem Hardliner und Interventionisten Bush ergehen.
Angekündigt hat Trump, dass er nun für ein "ultimatives Abkommen" zwischen Israel und den Palästinensern sorgen werde, woran alle Präsidenten vor ihm gescheitert sind. Möglicherweise wird er gemeinsam mit Russland hart gegen die islamistischen Extremisten in Syrien und dem Irak vorgehen, mit China setzte Trump aber schon mal wie seine Vorgänger auf Konflikt.
Man muss aber, da Trump außen- und sicherheitspolitisch ein unbeschriebenes Blatt ist, mit allem rechnen, auch mit dem Weiter so, und sollte sich nicht von dem Anti-Nato-Getöse beeindrucken lassen. Schließlich war zuletzt Barack Obama als Präsident angetreten, der eine Kehrtwende der außen- und sicherheitspolitischen Orientierung von Europa, der Nato und dem Nahen Osten auf den pazifischen Raum und vor allem gegen China einleiten wollte (siehe Abkehr von Europa und das gleichnamige Telepolis-eBook (2012) zum Thema). Schon George W. Bush trat mit einer solchen veränderten Politik an, bis 9/11 eine Umkehr einleitete. Auch unter Obama verschärfte sich der Konflikt mit China, das die USA durch Militärbündnisse mit seinen Nachbarn wie Indien, Japan, Südkorea, den Philippinen und Vietnam einzuschließen suchten, was weiter anhält, aber die Umorientierung wurde spätestens mit dem Ukraine-Konflikt und der Konkurrenz mit Russland wieder teilweise rückgängig gemacht.
Es wurden nicht, wie geplant, weitere Truppen aus Europa abgezogen, sondern es wurde unter Obama beschlossen, weitere US-Truppen in Europa gegen die "russische Aggression" zu stationieren (Obama: Neue Atomwaffen, neue Kriege, mehr Waffenverkäufe als unter Bush, Größte Munitionslieferung der USA nach Europa).
"Das ist nur Fantasie"
Die letzten Schritte wurden schnell umgesetzt, wahrscheinlich um für Trumps Präsidentschaft Fakten zu schaffen. Das Pentagon fährt vorerst mit der Verlegung von Truppen, Kampfhubschraubern und Artillerie für die zusätzliche Kampfbrigade fort, die zunächst in Polen stationiert werden soll. Man halte an dem fest, was mit den Nato-Partnern vereinbart wurde, sagte ein Pentagon-Sprecher. Der neu gewählte Präsident müsse sich ansonsten dazu äußern.
Trump kündigte an, nicht nur Amerika wieder groß zu machen, sondern auch die amerikanischen Streitkräfte. Dazu sollen die Verteidigungsausgaben erhöht werden und das Pentagon soll nicht mehr den Sequester-Maßnahmen unterliegen. Trump bedauerte, dass die Personalstärke der Streitkräfte geschrumpft sei. Für die Army sollen 60.000 zusätzliche Soldaten eingestellt werden, mehr Schiffe, mehr Kampfflugzeuge, ein besseres Raketenabwehrsystem, der Ausbau der Cyberwar-Kapazitäten und der Cyber-Verteidigung ist geplant. So um die 80 Milliarden US-Dollar mehr plante Trump im Wahlkampf an Mehrausgaben für einen neu einzubringenden Pentagon-Haushalt 2017, obgleich die durch den Kongress beschlossenen Zeichen auf Einsparen stehen.
Bezahlt werden soll das nicht durch mehr Steuergelder, sondern durch Bürokratieabbau, schärfere Prüfung der Ausgaben, Eintreiben von Steuern und Beendigung anderer Programme der Regierung. Auch in Sicherheitskreisen ist man da skeptisch. Das sind gewohnte Ankündigungen, zuletzt etwa auch im Verteidigungsministerium, wo Verteidigungsministerin von der Leyen die Rüstungsaufträge besser kontrollieren wollte, offenbar bislang ohne große Erfolge. "Das ist nur Fantasie", so Mackenzie Eaglen vom konservativen American Enterprise Institute, die Trumps Berater beraten hat. Sie habe mehrmals versucht, sie davon abzubringen, dass diese Maßnahmen bestenfalls einen Bruchteil der geplanten Kosten refinanzieren können.
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