Transhumanismus und KI: Bedrohung des Menschen
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Partystimmung in Silicon Valley: Die Grenzen des Lebens werden gepusht. Mit einer erschreckend simplen Vorstellung des Menschen – und gravierenden Folgen?
Der Name ist Programm. Das lateinische Präfix trans bedeutet "über", "hinaus". Vor fast 70 Jahren definierte der Biologie Julian Huxley den Transhumanismus:
"Mensch, der Mensch bleibt, aber sich selbst, durch Verwirklichung neuer Möglichkeiten von seiner und für seine menschliche Natur, überwindet."
Bleibt der Mensch dabei aber tatsächlich Mensch?
Die Grenzen des Menschseins hinter sich lassen
Die extrem technikaffine Geistesrichtung des Transhumanismus verfolgt eine Reihe von Zielen, die mit Hilfe von Technik erreicht werden sollen (man ahnt, weshalb er in Silicon Valley sich solcher Beliebtheit erfreut):
- Die Überwindung des Todes durch die sogenannte Kryonik. Hierbei wird der Kopf oder ganze Körper eingefroren. Der Milliardär Peter Thiel hat sich beispielsweise hierfür schon angemeldet.
- Mind Uploading. Dadurch soll das eigene Gehirn extern dupliziert werden. Dabei gibt es verschiedene Formen und Ziele des Uploadings.
- Genkontrolle und Genediting des Fötus zur Optimierung des Kindes.
- Upgrading des Gehirns, das die kognitiven Grenzen des Menschen überwinden soll.
- Ein möglichst flächendeckender Einsatz Künstlicher Intelligenz zur Optimierung des Lebens insgesamt.
Selbstverständlich teilt nicht jeder Transhumanist alle genannten Ziele, aber alle Transhumanisten sehen den Menschen als ein defizitäres Wesen an, dessen Natur enhanced, also verbessert werden muss.
Unendliche Möglichkeiten
Es stellt sich die Frage, was vom Wesen Mensch eigentlich nach Wunsch derjenigen bleiben soll, wenn der Mensch "überwunden" wird. Ray Kurzweil, Director of Engineering bei Google:
Es wird keine Unterscheidung (...) zwischen Mensch und Maschine oder zwischen physischer und virtueller Realität geben. Wenn Sie sich fragen, was in einer solchen Welt eindeutig menschlich bleiben wird, dann ist es einfach diese Eigenschaft: Wir sind die Spezies, die von Natur aus danach strebt, ihre physische und mentale Reichweite über die derzeitigen Grenzen hinaus zu erweitern.
Viele Unternehmen in Silicon Valley und führende Persönlichkeiten der dortigen Community arbeiten genau daran. Elon Musk besitzt das Unternehmen Neuralink, das Computerchips für das menschliche Gehirn baut und diese auch seit kurzem an Menschen testen darf.
Peter Thiel investiert massiv in eine Firma, die Gehirn und Computer direkt verbinden will.
Partystimmung
Die Transhumanisten kennen in ihrem Optimismus kaum Grenzen. Der flächendeckende Einsatz von Künstlicher Intelligenz, die mit Terrabyte persönlicher Daten gefüttert wird, erfüllt dabei die vermeintlich große Sehnsucht des Menschen, die Google-Mitbegründer Eric Schmidt schon vor Jahren formuliert hat:
Ich denke tatsächlich, dass die meisten Menschen nicht wollen, dass Google ihre Fragen beantwortet; sie wollen, dass Google ihnen sagt, was sie als Nächstes sollen.
Anstrengendes Nachdenken, Abwägen, sich informieren, mit einander diskutieren. Überflüssig. Schnee von gestern. Das Leben eine einzige unendlich supergeile Party. Endlich! Oder wie es der britische Philosoph David Pearce schreibt:
Superintelligenz. Superlanglebigkeit und Superglücklichsein. (…) Das Leben wird immer aufregend sein, und der Spaß wird einfach nicht aufhören.
Kritik wird laut
In den letzten Jahren haben sich die Zahl von Experten gemehrt, die ihre Stimme gegen die Drohung der Künstlichen Intelligenz erheben. Im Herbst 2022 kam sogar eine Studie von KI-Forscher der Universität Oxford und Canbera zu dem durchaus beunruhigenden Ergebnis, dass die Künstliche Intelligenz die Menschheit vermutlich auslöschen wird.
Zuletzt verließ Jeffrey Hinton, "der Vater der KI", Google, um offen über die Risiken von künstlicher Intelligenz sprechen zu können und Mo Gawdat, ehemaliger Chief Business Officer von Google X, bezeichnet in einem beeindruckenden Interview die Diskussion um KI als "die existenziellste Debatte und Herausforderung, der sich die Menschheit jemals stellen wird."
Die Gefahr durch KI sei größer als die einer drohenden Klimakatastrophe. Der Internet-Pionier Jaron Lanier kann sich da nur anschließen:
Eines Tages in nicht allzu ferner Zukunft wird das Internet sich plötzlich zu einer superintelligenten KI zusammenballen, unendlich klüger als jeder einzelne Mensch und alle Maschinen zusammen. Es wird von einem Moment auf den anderen lebendig werden und die Weltherrschaft übernehmen, bevor wir kleinen unbedeutenden Menschen überhaupt wissen, wie uns geschieht.
Thiels folgende Äußerung, die er bereits vor rund zehn Jahren von sich gab, trägt wohl kaum dazu bei, die Kritiker zu beruhigen:
Natürlich hoffen wir, dass ein künstlich intelligenter Computer den Menschen freundlich gesinnt sein wird. Zugleich aber nehme ich nicht an, dass man als eines der menschlichen Wesen bekannt sein möchte, das gegen Computer ist und sein Leben dem Kampf gegen Computer bestreitet.