Treffen der Unkooperativen

Das Netzwerk Peoples Globale Action hat durchaus ein Mobilisierungspotential, aber noch immer mit hausgemachten Problemen zu kämpfen

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Die globalisierungskritische Organisation Attac ist weithin bekannt. Doch wer kennt PGA? Die Abkürzung steht für Peoples GlobalAction. Dabei handelt es sich um ein internationales Netzwerk linker Globalisierungskritiker, dass vom 31.August bis zum 4. September im holländischen Leiden zur 2.Europakonferenz eingeladen hat.

Die Entstehungsgeschichte von PGA führt zum Aufstand der Zapatistas im südmexikanischen Chiapas Anfang der 90er Jahre. Die Bewegung mit dem charismatischen und wortgewaltigen Commandante Marcos als Worführer inspirierte auf der ganzen Welt viele Menschen zu neuen Aktivitäten, die spätestens seit 1989 die "alte Linke" und ihre Aktionsformen für überholt hielten. Vielmehr standen bei ihnen Grundlagen im Vordergrund, die bis heute zu Essentials von PGA gehören. Es ist die Ablehnung von Hierarchien und Machtpositionen, sowie der Kampf gegen alle Unterdrückungsstrukturen. Darunter verstehen die um das PGA-Netzwerk gruppierten Aktivisten nicht nur den Kapitalismus sondern ebenso Rassismus und Patriarchat.

Im Februar 1998 wurde das Netzwerk auf einem Treffen in Genf unter dem Titel People Globale Action gegen Freihandel und WTO" offiziell gegründet. Es dauerte noch mehr als 20 Monate bis nach den Aktionen von Seattle, an der PGA-Aktivisten beteiligt waren, die Anti-WTO-Bewegung weltweit ein Begriff wurde. Von Attac war damals noch keine Rede. Während sich in PGA in Asien und Indien bäuerliche Organisationen mit großer Popularität vernetzen, sind es in Europa noch immer Kleingruppen mit begrenzter Massenwirksamkeit, die sich hinter die drei Buchstaben stellen. Dabei ist das Potential längst nicht ausgeschöpft.

Gerade unter jüngeren Globalisierungskritikern wächst die Kritik am recht zahmen Agieren von Attac und den staatlichen Vereinnahmungsversuchen . Am vergangenen Sonnabend wurde das in Amsterdam deutlich, wo sich zahlreiche Demonstranten gegen die offiziellen Verlautbarungen des Weltklimagipfels in Johannesburg aber auch das dortige Agieren vieler Nichtregierungsorganisationen (NGO) wandten. Durch diese von PGA-Gruppen wesentlich mitinitiierten Proteste kam auch das Europatreffen mehrmals in die Abendnachrichten des holländischen Fernsehens und PGA wurde wegen ihrer Ablehnung von Lobbyismus als potentielle linke Alternative zu Attac bezeichnet. Doch so weit ist es noch lange nicht. Für die geringe Ausstrahlungskraft machen Altaktivisten hausgemachte Probleme verantwortlich.

So gibt es keine PGA-Sprecher sondern nur Delegierte, die das nächste Treffen vorbereiten ohne darauf inhaltlich Einfluss nehmen zu können. Für das Treffen in Leiden hatten eine katalanische und eine holländische Organisation diesen undankbaren Job übernommen. In den Plenas und Arbeitsgruppen äußerten viele der über 300 aus verschiedenen europäischen Ländern aber auch dem arabischen Raum und Israel angereisten Aktivisten Kritik an der bisherigen Praxis des Eventhoppings Statt kurzfristiger Kampagnen vor dem nächsten EU- oder Weltwirtschaftsgipfel soll eine langfristige Widerstandsstrategie ausgearbeitet werden. Als konkreter Vorschlag wurde in Leiden die Vorbereitung einer europäischen Consulta diskutiert. Die Idee stammt - wie könnte es anders sein - mal wieder von der EZLN"; heißt es mit einem Schuss Selbstironie im Konferenzreader.

Anders als in Mexiko soll es allerdings nicht um eine Befragung der Bevölkerung sondern eher vage um die Vorbereitung eines kollektiven Diskussionsprozesses" mit linken Gruppen und Teilen der Bevölkerung gehen. Auch der Umgang mit dem Europäischen Sozialforum, dass Attac-nahe Gruppen im kommenden November in Florenz planen war in Leiden ein Diskussionsthema. PGA-Aktivisten werden mit eigenen Inhalten in Florenz vertreten sein und wollen dort auch die Kritik an Lobbyismus und mangelnder Staatskritik in dieBewegung hineintragen.

Das Treffen in Leiden erinnerte mit seinen vielen Arbeitsgruppen eher an einen "Markt der Widerstandsmöglichkeiten" als an ein Koordinierungstreffen. Manche werden sich auch auf die großen Events der so genannten Neuen sozialen Bewegungen erinnern, die nach einem kurzen Hype vor 20 Jahren schnell wieder verschwanden. Ob dem PGA-Netzwerk eine ähnliche Zukunft bevorsteht,wird nicht durch ein Europatreffen sondern die konkrete Praxis entschieden. Kritik gab es in Leiden auch, dass der drohende US-Militärschlag gegen den Irak, gegen den Massenproteste in Europa zu erwarten sind, auf der PGA-Konferenz nur eine untergeordnete Rolle spielen. So könnte die Bewegung von diesen Irakkrieg genau so kalt erwischt werden, wie letztes Jahr die gesamte globalisierungskritische Bewegung von den Anschlägen des 11.September.