Trump-Berater: "80 Prozent des Kriegs werden im Medienbereich ausgefochten"

Seite 2: Der IS nutzt Propaganda zur Erreichung einer "digitalen strategischen Tiefe"

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Dass der IS nicht verschwindet, auch wenn er sein Gebiet verliert, davon geht auch eine Studie des International Centre for the Study of Radicalisation and Political Violence (ICSR) am King's College London aus, die vor allem ein 2016 gefundenes IS-Dokument über die Propagandastrategie auswertet. Darin sei, so der Autor, die "Doktrin für den Informationskrieg" zu finden.

Es sei viel zu früh, von einer möglichen Nach-IS-Welt auszugehen. Ähnlich wie die Trump-Berater sieht man auch hier die Ideologie, vor allem aber die Mediennutzung und das praktizierte innovative und kreative strategische Denken als primäre Gefahr. Der IS habe "Propaganda benutzt, um digitale strategische Tiefe zu erreichen", heißt es, weswegen die "Idee des Kalifats weit über den Proto-Staat hinaus existieren wird". Der IS habe neben der erworbenen Medienkompetenz ein großes digitales Archiv an Propaganda-Materialien angesammelt, das auch nach dem Verschwinden des "Kalifats" Anhänger rekrutieren und bei der Stange halten könne. Das ist mit der "digitalen strategischen Tiefe" gemeint.

Die Medienstrategie bestehe aus einem "kohärenten Narrativ", der Abwehr von Behauptungen über den IS und "gelegentlichen, sorgfältig kalibrierten 'Medienprojektilen'", die Politiker wütend machen und zu unüberlegten Taten verleiten sowie Angst verbreiten können. Entscheidend sei auch, dass ebenso wie mit den Aufrufen zu Terroranschlägen von Sympathisanten, die sich nur zum IS bekennen müssen, bei der Propaganda die Grenze zwischen offiziellem und inoffiziellem Aktivismus aufgelöst wurde. Auch die Anwerbung von neuen Sympathisanten wird als ebenso wichtig angesehen, wie die Teilnahme am Dschihad selbst. Auch die Medienaktivisten im Dienste des IS werden dadurch zu heiligen Kriegern oder Dschihadisten, die Medien zu Waffen machen, die positive "Wahrheit" zu verbreiten und den "Propagandakrieg" abwehren.

Nach dem Pentagon ist man mittlerweile im Propagandakrieg überlegen. Bild vom 13. Februar 2017.

Im IS-Dokument werden Medien öfter als Waffe bezeichnet, das findet der Autor des Berichts nicht als Übertreibung, weswegen er diese Sprache übernimmt. Auch schon im Zusammenhang mit der Beschwörung des hybriden Kriegs und von Desinformationskampagnen war ganz unabhängig vom IS von "weaponised information" die Rede. Offenbar soll der Medienraum nun selbst von unterschiedlichen Akteuren und Propagandisten zum Kriegsschauplatz erklärt werden, auf dem Worte, Bilder und Diskurse Waffen sind und entsprechend bekämpft werden müssen. Interessant ist auch, dass der IS den Mainstreammedien "tägliche Lügen und professionelle Fälschung" unterstellt, sie also als "Lügenpresse" hinstellt, gegen die man an der "intellektuellen Front" kämpfen müsse, um die "intellektuelle Invasion" zu verhindern.

Die Mainstreammedien werden, darin ganz dem klassischen Anarchismus verbunden, als wichtige Waffe verstanden, die für eigene Zwecke instrumentalisiert werden kann: "Medienwaffen können wirkungsvoller als Atombomben sein", so ein Satz aus dem IS-Dokument. Der IS habe den "Informationskrieg" weiter als alle anderen islamistischen Gruppen ausgebaut, die Herstellung und Verbreitung von Propaganda gilt mitunter als wichtiger als der militärische oder terroristische Kampf. Medien müssten sich bewusst sein, dass der IS sie zur Waffe gemacht habe (weaponise).

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