Trump entlässt überraschend Sicherheitsberater Bolton
Der Falke und Neocon Bolton stellt dies anders dar, aber es wäre möglich, dass Trump, der dringend politische Erfolge benötigt, nun eine andere, weniger aggressive Außenpolitik verfolgt
Nicht ganz unerwartet, aber dennoch überraschend kam der Rücktritt von Sicherheitsberater John Bolton. Das dürfte mehr ein Rauswurf gewesen sein, allerdings stellt Bolton es so dar, dass er seinen Rücktritt angeboten und Trump darauf gesagte habe, dass man morgen darüber sprechen solle. Kurz zuvor hatte Trump auf Twitter erklärt, er habe Bolton gesagt, dass seine Dienste nicht mehr gebraucht würden. Er und andere im Weißen Haus hätten Boltons Vorschläge stark abgelehnt. Daher habe er ihn aufgefordert zurückzutreten. Nächste Woche werde er einen neuen Sicherheitsberater nominieren. Also auch am Ende noch ein Zwist, anstatt einer abgesprochenen Aktion.
Es war schon länger deutlich, dass zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem Sicherheitsberater John Bolton keine große Harmonie herrscht. Auch mit Außenminister Pompeo lag Bolton im Clinch. Warum er überhaupt den Scharfmacher aus dem Kalten Krieg und Neocon, der alles tat, um die Vereinten Nationen zu unterminieren und immer wieder mal zum Krieg gegen Nordkorea oder Iran, zuletzt auch gegen Venezuela aufrief, im März 2018 zum Sicherheitsberater ernannt hat, ist sowieso schleierhaft. Wie sich bislang zeigte, droht Trump zwar gerne mit der angeblich mächtigsten und besten Streitkraft der Erde, auch mit dem Einsatz von Atomwaffen und der Auslöschung eines Landes, aber eigentlich nur, um ins Gespräch zu kommen und einen Deal zu machen, der fürs Geschäft, d.h. für die amerikanische Wirtschaft, gut sein, aber auch sein Ansehen als politischer Fuchs, der das Unmögliche schafft, stärken soll. Bolton ist dagegen ein Neocon aus Prinzipien, überzeugt von der Suprematie der USA, deren Durchsetzung vor wirtschaftlichen Interessen kommt.
Schon früh Differenzen
Ziemlich schnell musste zuvor Trumps erster Sicherheitsberater Michael Flynn abdanken. Er hatte nur mit dem russischen Botschafter über amerikanische Sanktionen gesprochen, aber dies geleugnet. Er galt als russlandfreundlich und sprach sich gegen Interventionen aus. Auf ihn folgte Herbert McMaster, der angeblich mitgeholfen hat, Stephen Bannon als Nationalen Sicherheitsberater zu feuern. Er kam vor allem in Ungnade, weil er wie der damalige Außenminister Tillerson nichts von der Aufkündigung des Iran-Abkommens hielt. Aber er stellte sich auch hinter diejenigen, die von einer russischen Beeinflussungskampagne zur Wahl sprachen, und hatte sich stark gemacht für eine Aufstockung der Truppen in Afghanistan. Ansonsten blieb McMaster ziemlich blass.
Anscheinend glaubte Trump, er könne mit dem Scharfmacher auf seiner Seite, der auch als Nicht-Militär eher auf militärische Interventionen als seine Vorgänger aus war, ungestörter agieren, obgleich er hätte wissen müssen, dass der überzeugte Neocon, der auch mit dafür sorgte, dass Bush US-Truppen in Afghanistan einmarschieren ließ und den Krieg gegen den Irak anzettelte, seinen Ansichten treu bleiben würde, was sich mit dem Machtpragmatismus von Trump und überhaupt dessen Vorstellungen, dass er selbst jederzeit und spontan entscheidet, weil er eh der Beste ist, nicht gut vereinen lässt. Möglich wäre, dass Bolton Trump wegen seiner unbedingten Unterstützung Israels, aber auch wegen seiner strategischen Spielereien zunächst zusagte. Überdies ist Bolton Anti-Kommunist und in Fehde mit allen Linken in Lateinamerika, allen voran Kuba und Venezuela.
Die Auseinandersetzung begann öffentlich über das Treffen von Trump mit Kim Jong-un, was Bolton gar nicht gefiel, und eskalierte über die Afghanistan-Politik. Angeblich, so will es die New York Times wissen, habe er versucht, Trump davon abzubringen, ein Friedensabkommen mit den Taliban abzuschließen, deren Führer er eigenmächtig und heimlich nach Camp David eingeladen hatte, um einen Coup vorzubereiten. Bolton wollte verhindern, dass Trump mit den Taliban spricht, die die USA 18 Jahre lang bekämpften und tausende Soldaten getötet haben. Trump kennt zwar auch Feinde und Freunde, aber er hatte sich immer wieder, zuletzt auch gegenüber Iran, bereit für Gespräche gezeigt, was für den eher manichäisch positionierten Bolton ein Anathema ist. Für ihn müssen die Bösen besiegt werden. So sagte Trump einen von Bolton unterstützten geplanten Angriff auf den Iran nach dem Abschuss einer amerikanischen Drohne angeblich kurz vor dessen Ausführung noch ab.
Afghanistan, Iran und Venezuela als Streitpunkt
Trump sagte schließlich nach einem Anschlag der Taliban das Treffen ab (US-Friedensgespräche mit Taliban geplatzt), soll aber wütend darüber gewesen sein, dass Medien berichteten, Bolton habe sich gegen das Treffen gestellt. Gut möglich, dass er Bolton selbst für die Leaks verantwortlich machte. Zusätzlich war auch Vizepräsident angeblich verärgert, weil es hieß, dass er auch gegen das Treffen war und damit Bolton unterstützt hätte. Trump und Pence wiesen die Berichte zurück.
Bolton war aber auch zuständig für das amerikanische Vorgehen gegen die Maduro-Regierung in Venezuela. Alle geplanten Aktionen, die zum Regimewechsel führen sollten, angefangen mit der Anerkennung von Guiadó als angeblichen legitimen Interimspräsidenten, scheiterten, so der Import der angeblichen humanitären Hilfe, Guaidós fortwährende Mobilisierungen, seine Präsenz im Weißen Haus, das Geraune von militärischen Interventionen, der gescheiterte Putschversuch, der Widerstand gegen Verhandlungen der Regierung mit der Opposition, womöglich auch die Angriffe auf die Stromversorgung. Angeblich soll Trump zunehmend verärgert über das Vorgehen gegen Venezuela gewesen sein, sollen Mitarbeiter des Weißen Hauses berichtet haben.
Man darf jetzt gespannt sein, wen Trump zum neuen Sicherheitsberater ernennen wird. Seine Tendenz ist, stärker auf Menschen zu setzen, die seine Anweisungen ausführen und dem nichts entgegensetzen, also seine Stellung als Alleinherrscher auszubauen, der Berater und Minister zur Bestätigung, nicht zur Beratung oder Korrektur braucht. Interessant wird auch sein, ob sich seine Außenpolitik dadurch verändern und weniger aggressiv werden wird, beispielsweise dies eine Annäherung an Russland oder Gespräche mit der iranischen oder venezolanischen Regierung zur Folge haben wird. Klar ist, Trump braucht im Wahlkampf dringend außenpolitische Erfolge - und das darf kein erneuter Kriegseintritt sein.
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