Falke und UN-Kritiker soll Botschafter der USA bei den Vereinten Nationen werden

Mit der Nominierung von John Bolton als UN-Botschafter betont die US-Regierung erneut die unbeirrte Weiterführung ihrer Politik

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Wer darauf spekuliert hatte, dass US-Präsident Bush nach seiner Wiederwahl mit der ersten Charme-Offensive tatsächlich auch seine Politik verändern würde, wurde Schritt für Schritt durch die Neubesetzung wichtiger Ministerien enttäuscht. Mit der Berufung neuer Falken wie Chertoff als Heimatschutzminister oder Negroponte als oberster Geheimdienstchef und von Vertrauten wie Rice als Außenministerin und Gonzales als Justizminister sowie Cheney und Rumsfeld, die weiter im Amt bleiben, tritt die US-Regierung nun geschlossener denn je auf. Die Ernennung des bisherigen Unterstaatssekretärs im Außenministerium, John Bolton, zum UN-Botschafter der USA lässt dies noch einmal unmissverständlich deutlich werden.

Bolton may well be the most important administration official America has never heard of. Moreover, because of his background and connections, Bolton has played an important role in strengthening the crucial alliance within the Bush administration between the Christian right and the neoconservatives.

Nicholas Thompson: John Bolton vs. the world am 16. Juli 2003 in Salon

Bolton wurde von US-Präsident 2001 ins Außenministerium als Unterstaatssekretär, zuständig für Abrüstung und Internationale Sicherheit, berufen - wohl auch um schon im Außenministerium ein Gegengewicht zu John Powell zu besitzen. Ein wichtiger Posten für den Falken, der schon seit langem für einen Regimesturz im Irak eintrat und sicherlich wichtiger Motor war, um die Anschläge vom 11.9. zur schnellen Ausgestaltung der neuen aggressiven Außenpolitik umzumünzen und dabei den Irak ins Zentrum zu rücken. Schließlich war schon vor dem Angriff auf Afghanistan das nächste Ziel bekannt (Bush gegen Hussein, II. Akt?), nur musste zuerst, um die internationale Gemeinschaft möglichst weitgehend hinter sich zu bringen, zunächst das Taliban-Regime gestürzt werden, das Al-Qaida deckte. Zudem war Iran, der weitere Staat in der "Achse des Bösen", der nun neben Syrien auch weiterhin im Visier steht, mit einer Besetzung Afghanistans und Iraks eingekreist. Bolton plädiert nun für ein scharfes Vorgehen gegenüber dem Iran im Stile der amerikanischen Irak-Politik, während er die diplomatischen Bemühungen der Europäer ablehnt.

"The [UN] secretariat building in New York has 38 storeys. If it lost 10 storeys, it wouldn't make a bit of difference.

John Bolton 1994

Bolton war beispielsweise einer der Unterzeichner des Briefs des neokonservativen Project for the New American Century im Jahr 1998 an den damaligen Präsidenten Clinton (Irak-Krieg von langer Hand vorbereitet). Dort wurde auch schon längst die Umgestaltung des "Mittleren Ostens" geplant, die Präsident Bush nun zu einem Pfeiler Geopolitik gemacht hat. Bolton ist auch Vizepräsident des einflussreichen neokonservativen Think Tanks American Enterprise Institute. Wie viele andere in der Bush-Administration hat auch Bolton bereits Regierungsämter unter Ronald Reagan und der Präsidentschaft von Bushs Vater innegehabt.

Bolton ist auf diesem Hintergrund sicherlich maßgeblich an der harten Linie der Bush-Regierung gegenüber dem Iran beteiligt. 1993 schrieb er beispielsweise:

Iran still does its utmost to spread the Islamic Revolution to other Middle Eastern countries, and its commitments to fight against American influence in the Middle East and to destroy the State of Israel are absolute. There is yet another important reason why both Iraq and Iran, as well as other non-democratic regimes in the Middle East, should be prevented from becoming nuclear powers. Due to local circumstances, once the Middle East becomes nuclearized, the chances of a nuclear war erupting are far greater than those which existed between the two superpowers during the Cold War.

Bolton arbeitet auch gerne mit dem Verbreiten von Gerüchten, um Stimmung zu machen und Feindbilder zu verstärken. So hatte er die Stimmung nach den Anschlägen vom 11.9. auch gegen Kuba auszunutzen versucht. Die kubanische Regierung habe ein Programm zur Entwicklung und Herstellung biologischer Waffen, verkündete er 2002 (Diplomatischer Amoklauf in USA), was sich aber lediglich als Fantasie erwies, ebenso wie die angeblichen Programme für Massenvernichtungswaffen des Irak. Unmissverständlich hat er sich auch immer hinter militärische Lösungen gestellt, um dei Verbreitung von Massenvernichtungsmitteln zu verhindern: Notfalls auch mit militärischer Gewalt nach dem Exempel Irak.

Bolton ist auch bekannt für seine Ablehnung der Vereinten Nationen und aller internationaler Abkommen. Das macht seine Berufung als UN-Botschafter denn auch besonders suspekt. Man will offenbar einen Hardliner dort haben, der in der Lage ist, alles Unerwünschte abzublocken, wie dies bereits John Negroponte geleistet hatte. Ausgerechnet nach den Anthrax-Anschlägen hatte es beispielsweise Bolton geschafft, die Verhandlungen über die Biowaffenkonvention zum Scheitern zu bringen (Biowaffenkonferenz in Genf gescheitert). Nach Bolton geht die Wirtschaft trotz aller Rhetorik über die Sicherheit vor, weswegen ein internationales Kontrollregime von den USA nicht erwünscht ist.

Bolton zum Abrüstungsexperten zu ernennen, war genauso, als hätte man einen Pyromanen an die Spitze einer Feuerwerkskörperfabrik gesetzt. Man braucht sich nur zu vergegenwärtigen, wie hart er bei den atomaren Abrüstungsverhandlungen mit den Russen auftrat und sich für das Star-Wars-Projekt engagierte.

Ian Williams, Mitarbeiter beim Institute for Global Communications, in einem Kommentar

Eine der "Verdienste" von Bolton war die Aufkündigung des ABM-Vertrags mit Russland. Man vereinbarte zwar eine Abbau von Atombomben, sicherte sich dadurch aber die Möglichkeit, das rüstungspolitische Großprojekt der Bush-Regierung, das Raketenabwehrschild aufbauen zu können (Massive Abrüstung oder großer Bluff?). Warnungen, dass eben dies zu einem neuen nuklearen Wettrüsten führen könnte, wurden in den Wind geschlagen. Nun will nicht nur die US-Regierung neue Atomwaffen entwickeln (Politischer Sprengstoff), sondern mit der erneuten Zuspitzung des Konflikts mit Russland) und China wird man, neben den Problemfällen Iran und Nordkorea, in eben diesen eintreten. Gleichzeitig war Bolton dafür mitverantwortlich, dass die USA den Atomtestsperrvertrag nicht voranbringt (Desinteresse am Atomteststoppvertrag).

Besonders vehement setzte sich Bolton auch gegen den Internationalen Strafgerichtshof ein. Um nach Etablierung zu verhindern, dass weitere Regierungen sich diesem anschließen, übten die US-Regierung und vor allem das Außenministerium großen Druck aus (US-Regierung droht der EU wegen des Internationalen Strafgerichtshofs); Konflikt um den Internationalen Strafgerichtshof). So sagte er beispielsweise 1999:

After deep and serious reflection and extensive consultation on a bipartisan basis, I have reconsidered the Statute of Rome. I affirm today that I find it to be a pernicious and debilitating agreement, harmful to the national interests of the United States. We are dealing here with nothing less than America's place in the world. And I can assure you that my highest international priority will be to keep America free and secure. That includes, in my view, strictly adhering to my oath of office to "preserve, protect, and defend the Constitution of the United States" against ill-advised and dangerous multilateral agreements.

Bolton hatte stets die Friedensmissionen der UN kritisiert und gefordert, dass solche Missionen unter der Leitung der US-Regierung stattfinden müssten. Zuletzt bemühte sich Bolton darin, den US-kritischen Leiter der UN-Atomaufsichtsbehörde IAEA Mohamed ElBaradei von seinem Posten zu entfernen. Dessen Forderung nach einer atomaren Abrüstung im Nahen Osten, Israel eingeschlossen, und der Einlösung der nuklearen Abrüstung, wie dies die Atommächte im Atomwaffensperrvertrag zugesagt haben, gefällt in Washington nicht. Gerade erst wieder hat Präsident Bush daran erinnert, dass der Atomwaffensperrvertrag gegen mögliche Missetäter wie den Iran von der Atomaufsichtsbehörde umgesetzt werden müsse, aber kein Wort über die Abrüstung der Atommächte hören lassen.

Außenministerin Rice meinte zu der Nominierung von Bolton als UN-Botschafter, dass er eine "starke Stimme für die UN-Reform" sei. Er wisse, wie man vorgehen müsse, und sei ein "tough-minded diplomat". Ob er allerdings, wie sie auch sagte, ebenso wie die US-Regierung die "UN als wichtige Komponente unserer Diplomatie" betrachtet und "persönlich dem künftigen Erfolg der UN verpflichtet" ist, darf man wohl ebenso bezweifeln wie der Behauptuung von Rice, dass ausgerechnet Bolton geeignet sei, "ein breiteres Fundament für die Unterstützung in den USA" zu schaffen. Bolton stellte jedoch schon mal klar, wie er sich die UN vorstellt, nämlich unter der Führung der USA:

This is a time of opportunity for the UN which, likewise, requires American leadership to achieve successful reform. I know you and the President will provide that leadership.