Trump listet mit den iranischen Revolutionsgarden erstmals eine Streitkraft als Terrororganisation
Washington eskaliert den Konflikt, Iran reagiert im vorgegebenen Tit-for-Tat-Spiel und bezeichnet Centcom als Terrororganisation und die US-Regierung als Terrorunterstützer
Im Weißen Haus überlegt man, ob man nicht die "Colectivos", vielleicht auch das "Maduro-Regime", als Terrororganisation listen soll. Das würde die Sanktionen noch weiter verschärfen, zumal die Einstufung einer Regierung oder einer staatlichen Organisation als Terrororganisation einen entsprechenden Imageschaden nach sich ziehen und bestätigen würde, dass ein Staat ein "Schurkenstaat" ist, der auf der Seite der Bösen steht und der mit allen möglichen Mitteln bekämpft werden muss.
Noch testet die US-Regierung ein solches Vorgehen im Fall von Venezuela, nachdem die Option einer militärischen Intervention in den Hintergrund trat und die Hoffnung auf die Mobilisierung von Menschenmassen durch Juan Guaidó geschwunden ist. Noch hat Guaidó die kritische Masse nicht hinter sich gebracht und vor allem das Militär, die Sicherheitskräfte, wozu auch die "Colectivos" gehören, und den öffentlichen Dienst nicht auf seine Seite ziehen können.
Sicherheitsberater John Bolton twitterte daher am Sonntag in Richtung Verteidigungsminister Wladimir Padrino, dass Maduro und Cabello, der Vorsitzende der Verfassungsgebenden Versammlung und Chef der "Colectivos", die Streitkräfte durch Stärkung "dieser terroristischen Colectivos und ihrer ausländischen Komplizen" schwächen würden, was "die Verfassung und die Integrität Venezuelas" untergrabe. Wer die ausländischen Komplizen sein sollen, ist offen, aber es ist eine altbekannte Strategie, einen Einfluss vom Ausland zu beschwören, um die Gefährlichkeit zu demonstrieren. Allgemein dämonisiert die US-Regierung hier das kleine Kuba.
Maximaler Druck
Wahrscheinlich sind die Überlegungen bei der Planung entstanden, den Iran weiter unter Druck zu setzen. Hier wurde nun erstmals eine staatliche Streitkraft, nämlich die iranischen Revolutionsgarden, nach Anordnung von Trump auf die Liste der Terrororganisationen gesetzt - und damit ein gefährlicher Prozess eingeleitet, wechselseitig Streitkräfte zu Terroristen zu machen und diese entsprechend zu bekämpfen. Im Fall der Revolutionsgarden schreibt Bolton, dass deren Klassifizierung als Terrororganisation die Bereitschaft der USA demonstriere, "maximalen Druck auf das iranische Regime auszuüben, bis es aufhört, Terrorismus als staatliches Werkzeug einzusetzen. Die korrupten IRGC investieren in Terrorismus, während die Menschen Irans leiden."
Vizepräsident Mike Pence überhöhte die Begründung noch als Tat des Guten gegen das Böse: "Der historische Schritt wird den führenden staatlichen Unterstützer des Terrors die finanziellen Mittel entziehen, Leid und Tod über der Welt zu verbreiten." Das macht den Iran zu einer Weltmacht und die USA zum Heilsbringer. Man fragt sich, wer dieser kruden Ideologie noch Glauben schenken mag. NIcht zuletzt richtet sich der "historische Schritt" auch gegen die EU, die versucht, sich gegen die Sanktionen zu stemmen, um das Iran-Abkommen zu bewahren.
Die Revolutionsgarden sind im Iran eine mächtige Organisation, sie stören die USA aber vor allem in Syrien und im Irak, wo sie die schiitischen Milizen unterstützen und dirigieren. In Syrien kam es schon zu direkten Konflikten, zudem fürchtet Israel, dass der Iran sich über die Revolutionsgarden in Syrien festsetzt und die Hisbollah mit Waffen versorgt. Im Irak haben neben den Kurden die schiitischen Milizen, die zum Teil der irakischen Streitkräfte wurden, den Islamischen Staat als Bodentruppen bekämpft, aber sie sind auch repressiv gegen die sunnitische Bevölkerung vorgegangen. Anders als die irakischen Kurden haben die radikalen Schiiten, die Iran nahestehen, die amerikanische Besetzung des Landes bekämpft. Sie fordern jetzt, dass die wieder im Irak stationierten US-Truppen das Land verlassen müssen. Zudem haben sie immer mal wieder angedroht, die Straße von Hormus zu sperren.
Die Reaktion auf das Vorgehen Washingtons war erwartbar. Der Iran bezeichnet nun das Centcom, das für die Militäreinsätze im Nahen Osten zuständig ist, als Terrororganisation und die amerikanische Regierung als Terrorunterstützer, so der Oberste Nationale Sicherheitsrat. Centcom gefährde die nationale Sicherheit des Iran und das Leben von Iranern und Nicht-Iranern, insbesondere durch das "Massaker am jemenitischen Volk". Der Iran wirft der US-Regierung vor, mit dem Schritt den Nahen Osten weiter zu destabilisieren und eine Wahlhilfe für Benjamin Netanyahu zu leisten. Für diesen hat Donald Trump bereits die US-Botschaft nach Jerusalem als Hauptstadt verlegen lassen und die Annektion der Golanhöhen völkerrechtswidrig anerkannt, aber nicht kritisiert, dass Netanjahu auch Teile des Westjordanlands annektieren will. Die irakische Regierung hat bereits kundgetan, den Schritt der USA nicht mitzutragen.