Trump plant radikalen Umbau: America First 2.0

Fahne mit der Aufschrift: "Trump 2024. Save America again"

Fahne von Trump-Anhängern in New York. Bild: Wirestock Creators / Shutterstock.com

Project 2025: Weniger Staat, mehr Privilegien für die Reichen. Umweltauflagen werden gelockert, der Rechtsstaat politisiert. Die Unterstützer sind diesmal besser vorbereitet.

Die politischen Absichten der US-Präsidentschaftskandidaten beider Parteien sind in mancher Hinsicht kaum voneinander zu unterscheiden. Präsident Bidens umstrittene Einschränkungen des Asylrechts, die Anfang des Monats in Kraft traten, ähneln dem Regierungsstil Trumps auffallend.

Die Einschränkungen sind grausam und verstoßen nach Ansicht der American Civil Liberties Union gegen geltendes Recht.

Trump: Nicht rechts überholen lassen, konkret werden

Für Trump und sein Beraterteam geht es nun darum, sich nicht von den Demokraten rechts überholen zu lassen. Gleichzeitig ist Trump nicht mehr der Außenseiterkandidat und muss daher seiner Wählerschaft glaubhaft vermitteln, dass er einen konkreten Plan hat, seiner ultrarechten Kulturkampfrhetorik auch Taten folgen zu lassen.

In der letzten Legislaturperiode stürzte die Unfähigkeit der Trump-Administration, ihre Wahlkampfdrohungen wahrzumachen, die Maga ("Make America great again")-Anhänger in eine Glaubenskrise. Wie konnte es sein, dass ihr Auserwählter kurz nach seinem Wahlsieg unfähig schien, Hillary ins Gefängnis zu bringen oder wenigstens die versprochene Mauer zu bauen?

Ganz in der Tradition rechter Ideologie fand man schnell Abhilfe in Form einer Verschwörungstheorie, die Trumps Handlungsunfähigkeit mit seinem Konflikt mit einem liberalen Deep State erklärte: Die QAnon-Bewegung war geboren.

Denkfabriken als Unterstützer: Heritage Foundation und Turning Point USA

In diesem Wahlkampf will der republikanische Spitzenkandidat jedoch sicherstellen, dass seine Regierung im Falle eines Wahlsieges ein konkretes politisches Programm und einen administrativen Plan zu dessen Umsetzung vorweisen kann.

Die einschlägigen politischen Gruppen und Think-Tanks sind dem Ex-Präsidenten bei dieser Aufgabe natürlich gerne behilflich. Und so haben sich von der Heritage Foundation über die Liberty University bis hin zu Turning Point USA alle möglichen Köpfe unter der Leitung von Trump-Berater Steven Miller zusammengesetzt und beraten, wie die nächste Legislaturperiode Trumps aussehen könnte.

Project 2025: Die wichtigsten Maßnahmen

Herausgekommen ist das Project 2025, ein politisches Programm, das sowohl politische Themenschwerpunkte setzt, als auch einige Vorschläge enthält, wie eine mögliche republikanische Regierung Trumps oft schwammig formulierte Wahlversprechen diesmal effektiver umsetzen könnte.

Eine der umstrittensten Maßnahmen ist die Wiedereinführung der Schedule F. Die Regelung soll es Regierungen erleichtern, politische Ernennungen vorzunehmen und Personal zu entlassen.

Kritikerinnen und Kritiker des Gesetzesentwurfs befürchten eine Politisierung des öffentlichen Dienstes und eine Abwanderung von Expertinnen und Experten sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus kritischen Bereichen der staatlichen Verwaltung.

Befürworter sehen in einer solchen Reform die Realisierung der tatsächlichen und geplanten Machtfülle des Präsidentenamtes und ein Mittel gegen den sogenannten Deep State.

Unter einer neuen Trump-Administration würde Schedule F vor allem einen umfassenden Bürokratieabbau bedeuten, da sich die einzelnen Ministerien und Behörden kaum noch gegen den direkten Einfluss des Präsidenten wehren könnten. Kurz gesagt: Alle Staatsangestellten, die nicht bedingungslos hinter dem Regierungskurs des Präsidenten stehen, könnten künftig ohne viel Aufhebens entlassen werden.

Staatliche Macht einschränken

Die politische Agenda, die laut Project 2025 umgesetzt werden soll, richtet sich in klassisch libertärer Manier vor allem gegen einen als übergriffig empfundenen Staat und für eine weitgehende Privatisierung und Deregulierung in allen Bereichen der Wirtschaft und des gesellschaftlichen Lebens.

So sollen beispielsweise die Umweltschutzauflagen für US-Unternehmen deutlich gelockert werden. In der Bildungspolitik sollen Schulwahlprogramme und Charter Schools gefördert werden.

Fortschreitende Privatisierung des öffentlichen Schulsystems

Dieses System könnte zur fortschreitenden Privatisierung des öffentlichen Schulsystems in den USA beitragen, es schwächen und die Bildungsungleichheit verschärfen. Weiterhin würde das Wenige, was an öffentlichem Raum in den USA noch vorhanden ist – und damit an Orten, an denen Menschen über Klassengrenzen hinweg in Kontakt kommen – reduziert.

Im Gesundheitsbereich zielt das Projekt auf die Abschaffung des Affordable Care Act (Obamacare): Ein Traumprojekt, das die Republikaner in der letzten Legislaturperiode Trumps wegen des heftigen Widerstands der eigenen Wählerschaft vorerst auf Eis legen mussten.

Steuersenkungen und Richter

Die geplanten Steuersenkungen wären eine Neuauflage der massiven "Tax-Cuts", die die Republikaner bereits unter Trump durchsetzen konnten und von denen vor allem die wohlhabenden Schichten profitierten.

Der Plan sieht auch eine Fokussierung auf die weitere Ernennung konservativer Richterinnen und Richter vor, ein Steckenpferd der Federalist Society. Unter Trump war es der Vereinigung gelungen, einige Bundes- und Supreme-Court-Richter und -Richterinnen an wichtigen Stellen im Justizapparat zu platzieren, mit weitreichenden Folgen wie Einschränkungen des Abtreibungsrechts.

Rechte von Minderheiten

Diese Strategie hat sich für die Konservativen bewährt und wirkt in Zeiten des Kulturkampfes besonders bedrohlich, da die Gerichte die Rechte von Minderheiten wie Trans*Personen weiter einschränken könnten. Wo Trump in dieser Frage steht, hat der Ex-Präsident hinlänglich bewiesen.

Noch vor wenigen Tagen warb Trump im Wahlkampf mit dem Versprechen, eine zweite Trump-Administration würde LGBTQ-Personen den gesetzlichen Schutz vor Diskriminierung in Bereichen wie Beschäftigung, Wohnen, Bildung und Gesundheitsversorgung entziehen.

Besonders betroffen wären Trans*-Personen, denen der offene Dienst in den Streitkräften verboten würde und die keinen Zugang mehr zu geschlechtsangleichender medizinischer Versorgung im Rahmen der staatlichen Gesundheitsprogramme hätten.

Eine neue Landkarte mit sozialchauvinistischen Wüsten

Alles in allem ist das Projekt 2025 eine Landkarte, die zeigt, wie sich eine weitere Amtszeit unter republikanischer Führung von einer unter Führung der Demokraten unterscheiden würde. Natürlich mag es manchmal so aussehen, als gäbe es zwischen den beiden großen Parteien nur wenig Spielraum.

Project 2025 bringt jedoch deutlich den Willen der konservativen Bewegung zum Ausdruck, den innenpolitischen Einfluss der US-Bundesregierung stark einzuschränken und die Reste des öffentlichen Sektors dem freien Markt zu überlassen.

Eine stärkere Föderalisierung würde es den Republikanern zudem ermöglichen, trotz fortschreitender Liberalisierung und Einwanderung zumindest Teile des Landes weiterhin zu regieren.

Die republikanische Wählerschaft bekäme dafür wenig, außer der Genugtuung, dass geschlechtliche, sexuelle und ethnische Randgruppen offener diskriminiert würden.

Das Ergebnis wäre eine amerikanische Gesellschaft, der immer mehr die letzten Lebensgrundlagen entzogen werden, während es den Wohlhabenden immer leichter gemacht wird, sich mit ihrem Geld kleine Oasen in dieser sozialchauvinistischen Wüste zu schaffen.

Es bleibt zu hoffen, dass Trump nicht wieder ins Weiße Haus einzieht, denn diesmal wären seine mächtigsten Unterstützer besser vorbereitet und die politischen und sozialen Folgen wären gravierender.