Trump stahlhart

Seite 2: Labiles ökonomisches Fundament

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Die Parallelen zur Systemkrise von 1929 sind offensichtlich. Damals reagierten die wichtigsten kapitalistischen Länder auf den Ausbruch der Weltwirtschaftskrise mit Protektionismus, der die damaligen sozioökonomischen Verwerfungen noch verschärfte - und dem Nationalsozialismus zum Aufstieg verhalf.

Und genau dies scheint ja der große sozioökonomische "Erfolg" des Rechtspopulismus, in Gestalt Trumps, zu sein: Die Lehren von 1929, die die bürgerliche Wirtschaftswissenschaft zog, scheinen vergessen zu sein.

Wie labil das ökonomische Fundament des spätkapitalistischen Weltsystems nach der Krise von 2008 weiterhin ist, machten die jüngsten Börsenturbulenzen klar, die auf die Erschöpfung der gegenwärtigen Liquiditätsblase hindeuten.

Der nun aufziehende globale Handelskrieg ließ die Aktienmärkte, die sich in den vergangen Tagen stabilisierten, nun abermals abschmieren. Das instabile Kartenhaus an den Weltfinanzmärkten könne nun endgültig zum Einsturz gebracht werden.

Dabei sind die voll ausbrechenden "Handelskriege" nur eine Folge der Systemkrise, in der das hyperproduktive spätkapitalistische Weltsystem sich befindet, das nur noch durch zunehmende Kreditaufnahme, durch fortlaufende Verschuldung eine Art Zombieleben fristen kann.

Die Gesamtverschuldung des spätkapitalistischen Weltsystems steigt viel schneller als dessen Weltwirtschaftsleistung, womit im Endeffekt kreditfinanzierte Nachfrage geschaffen wird für eine warenproduzierende Industrie, die an ihrer eigenen Produktivität erstickt.

Es verschulden sich aber nicht alle Regionen und Länder gleichmäßig, was zur Ausformung der viel beklagten globalen Ungleichgewichte bei den Leistungs- und Handelsbilanzen führt. Staaten, die extreme Exportüberschüsse aufweisen (und die somit Schuldenexport betreiben), stehen sich verschuldende Staaten mit Defiziten gegenüber.

Ein Deutschland fabriziert somit zwangsläufig seine Griechenlands, da es die liebe Mathematik so eingerichtet hat, dass auf einer endlichen Welt jedem Überschuss ein Defizit entsprechen muss.

Verschuldungszwang des Spätkapitalismus

Die aktuellen Handelskriege, die eigentlich nur eine Zuspitzung der seit 2008 üblichen Währungskriege darstellen, sind Folge des unbewussten Bemühens von Staaten und Währungsräumen, diesen systemischen Verschuldungszwang auf Konkurrenten abzuwälzen.

Vermittels der "subjektiven" neoliberalen Verdrängungskonkurrenz zwischen den "Standorten" auf dem Weltmarkt und den nun drohenden handelspolitischen Auseinandersetzungen wird somit nur der "objektive" systemische Verschuldungszwang des Spätkapitalismus exekutiert.

Die ökonomische Weltmarktkonkurrenz der nationalen "Standorte", die in der Epoche der krisenhaften kapitalistischen Globalisierung mit einer immer weiter anwachsenden globalen Schuldendynamik geschmiert wurde, scheint nun in politische Auseinandersetzungen umzuschlagen.

Überdies scheint Washington gewillt, seinen Protektionismus mit geopolitischem Kalkül anzureichern, um den imperialen Abstieg zu verzögern, wie die Nachrichtenagentur AP erläuterte. Demnach machten sich Japan und Süd Korea - als Verbündete der Vereinigten Staaten im pazifischen Raum - durchaus Hoffnungen auf Ausnahmeklauseln von den amerikanischen Schutzzöllen.

Im Gegenzug könnten die harten Maßnahmen gegenüber der Eurozone darauf hindeuten, dass Washington die zunehmenden Weltmachtambitionen Deutscheuropas, das immer stärker in Konflikt mit den USA gerät nicht passiv hinnehmen will.

"Deglobalisierung"

Die hochgerüsteten und im geopolitischen Abstieg befindlichen USA als "Verlierer" des globalisierten ökonomischen Verdrängungswettbewerbs, scheinen somit einen neuen Krisenschub einzuleiten, der einer "Deglobalisierung" gleichkäme. Der globalisierte Weltmarkt könnte im Gefolge dieser neo-nationalistischen Auseinandersetzungen kollabieren und in mehrere regionale Wirtschaftsräume zerbrechen.

Die Staaten würden vermittels Protektionismus und Exportförderung versuchen, die Krisenfolgen auf das Ausland abzuwälzen. Die Epoche krisenhafter neoliberaler Globalisierung, die vor allem eine Globalisierung der systemischen Schuldendynamik war, droht nun in einen neuen Krisenschub zusammenzubrechen und in eine Ära autoritärer nationaler Krisenverwaltung umzuschlagen, die angesichts der Dichte der globalen ökonomischen Verflechtung im Spätkapitalismus schwerwiegendste sozioökonomische und politische Folgen zeitigen dürfte - insbesondere beim Exportweltmeister Deutschland.