Trumps Bombenkrieg in Afghanistan ohne Erfolg
2019 setzte die US-Luftwaffe eine Rekordzahl an Bomben ein, auch die afghanische Luftwaffe verursacht mehr zivile Opfer, während die Taliban eher stärker werden
Am Montag war ein US-Spionageflugzeug des Typs US Bombardier E-11A in der afghanischen Provinz Ghazni auf einem Gebiet abgestürzt, das von den Taliban kontrolliert wird. Zuerst ging die Meldung nur als Gerücht um, aber dann tauchte ein Video auf, das das brennende Wrack mit US-Insignien zeigte. Das Flugzeug wird auch zur Verstärkung von Radiosignalen, als "Wi-Fi in the sky", verwendet. Gestern bestätigte ein USFOR-Sprecher den Absturz. Die Ursache sei noch unbekannt, es gebe keine Hinweise darauf, dass die Taliban das Flugzeug abgeschossen haben. Die von den Taliban verbreitete Behauptung, dass ein weiteres Flugzeug abgestürzt sei, treffe nicht zu.
US-Truppen, die an die Absturzstelle eilten, meldeten keine Angriffe der Taliban, die angeblich zuvor afghanische Sicherheitskräfte angegriffen hatten. Die Taliban behaupteten, es habe sechs Tote gegeben bzw. es seien mehrere "CIA-Agenten" umgekommen, aber die Verlautbarungen des "Islamischen Emirats von Afghanistan" bestehen vorwiegend aus Übertreibungen. Nach dem Pentagon sollen im Flugzeug nur zwei Soldaten gewesen sein, deren Leichen geborgen wurden. Gerüchteweise wird von zwei weiteren Insassen gesprochen, die sich angeblich gerettet hätten.
Angeblich haben im Januar 350 Taliban-Kämpfer ihre Waffen niedergelegt und sie den lokalen Behörden übergeben. Vor zwei Wochen haben die Taliban während der Gespräche mit den Amerikanern eine zeitlich begrenjzte Waffenruhe vorgeschlagen. Dabei geht es um einen Deal, dass sich US-Truppen zurückziehen, wenn die Taliban verhindern, dass sich internationale Terrorgruppen wie der IS ausbreiten. Die afghanische Regierung lehnt dies ab und besteht darauf, in die Verhandlungen einbezogen zu werden, zudem müsse es eine vollständige Waffenruhe geben.
Zeichen der Schwäche? 2019 warf die US-Luftwaffe eine Rekordzahl an Bomben ab
Im September 2019 hatte US-Präsident Donald Trump überraschend die bis dahin erfolgversprechenden Gespräche mit den Taliban eingestellt (Trumpsche Selbstinszenierung am Hindukusch). Am 22. Januar sagte US-Präsident Donald Trump auf dem Weltwirtschaftsforum zum afghanischen Präsidenten Ashraf Ghani, vor sinnvollen Verhandlungen müsse es einen "signifikanten" Rückgang der Gewalt seitens der Taliban geben. Anfang Januar hatte nach der Tötung von Soleimani und neun weiteren Männern eine US-Drohne Mullah Nangyalay, den Kommandeur der von Mullah Rasul geführten, 2015 gegründeten Taliban-Splittergruppe "Hoher Rat des Islamischen Afghanischen Rats", getötet. Neben 30 Talibankämpfern sollen bei dem Anschlag um die 60 Zivilisten getötet oder verletzt worden sein (Die USA und die Lizenz zum Töten).
UNAMA hat im vergangenen Oktober von einer Rekordzahl an Opfern unter Zivilisten berichtet. Einen Anteil haben daran auch die Luftangriffe der Amerikaner (Der hohe Blutzoll der Bevölkerung).
Nach Angaben der US-Luftwaffe wurde 2019 eine Rekordzahl an Bomben abgeworfen. Zwar gab es etwa in den Jahren 2013 und 2014 deutlich mehr Starts, aber 2019 gab es fast 2500 Flugzeugstarts, bei denen mindestens eine Bombe abgeworfen wurde, 2018 waren es nur 966, 2013 um die 1400.
Unter Donald Trump wurden sukzessive mehr Bomben von Flugzeugen abgefeuert. Zum Auftakt ließ Trump im April 2017 in Afghanistan die stärkste nicht-nukleare Bombe, eine MOAB oder GBU-43 auf einen Tunnelkomplex abwerfen, in dem sich der IS verschanzt haben sollte. 2013 waren es 2758, was in den letzten Jahren von Obama auf 947 (2015) und 1337 (2016) zurückging, in ersten Jahr von Trump verdreifachte sich mit 4361 die Zahl der Abwürfe, um sich mit 7362 im Jahr 2018 noch einmal fast zu verdoppeln und in 2019 den Rekordwert von 7423 zu erreichen. Zum Vergleich: 2006 wurden 310 Bomben abgeworfen, auf dem Höhepunkt des "Afghan Surge" waren es mit 5101 im Jahr 2010 am meisten.
Trump gelang es nicht, mit dem Bombenhagel die Taliban niederzuschlagen. Dazu wurden dem Militär und den Geheimdiensten mehr Entscheidungsfreiheiten beim Vorgehen gewährt, d.h. Rücksichtnahme auf Zivilisten hatte eine noch geringere Bedeutung (z.B.: Die USA und die Lizenz zum Töten). Nicht zuletzt zeigte Trump, dass er auch Kriegsverbrechen gutheißt, als er sich hinter diesbezüglich angeklagte Soldaten stellte oder diese begnadigte: Die schützende Hand des Präsidenten.
Gerade erst wieder haben Taliban-Kämpfer am Dienstag beim Angriff auf einen Militärstützpunkt im nördlichen Kundus 14 afghanische Soldaten und einen Polizisten getötet, 13 weitere verletzt und vier Soldaten gefangengenommen. Am Montag waren bei einem Angriff auf eine Polizeistation in der Provinz Baghlan mindestens 9 Polizisten getötet worden. 2019 ist die Zahl der afghanischen Soldaten und Polizisten von 312.000 im Jahr 2018 auf 253.000 deutlich zurückgegangen. Dabei gibt es auch wahrscheinlich zahlreiche Phantom-Soldaten und -Polizisten, die es nur auf dem Papier gibt, um durch Betrug die Gehälter einzuheimsen.
Die Unabhängige Menschenrechtskommission Afghanistans (AIHRC) berichtete, dass seit Beginn des Jahres 54 Zivilisten im Norden des Landes getötet worden seien. Dabei spielen Angriffe und Razzien der Sicherheitskräfte eine große Rolle. Bei einem Luftangriff der afghanischen Luftwaffe sind nach der Kommission in der Provinz Balkh am letzten Samstag 7 Zivilisten, darunter Frauen und Kinder, getötet worden. Die afghanische Luftwaffe hat in den letzten 12 Monaten 485 Zivilisten getötet und 265 verletzt. Die Zahl der getöteten Zivilisten erhöhe sich jedes Jahr, die Kommission kritisiert, dass die Sicherheitskräfte bei Militäreinsätzen nicht durch Regeln zum Schutz von Zivilisten gebunden seien. Das Verteidigungsministerium führt die steigende Zahl der Opfer unter den Zivilisten auf die Taliban zurück.
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