Trumps Freundschaftsdienst an Netanjahu und an religiöse Eiferer in den USA

Seite 2: Die Warnung der irakischen Regierung

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Es geht hier nicht um rituelle diplomatische Floskeln. Die Regierung in Bagdad forderte die USA auf, die Anerkennung Jerusalems als israelische Hauptstadt zurückzunehmen:

Wir warnen vor den gefährlichen Rückwirkungen dieser Entscheidung auf die Stabilität der Region und der Welt. Die US-Regierung muss bei dieser Entscheidung einen Rückzieher machen, um eine gefährliche Eskalation zu stoppen, die Extremismus befeuert und Bedingungen schafft, die den Terrorismus begünstigt.

Irakische Regierung

Wie das oben genannte Beispiel der PMU-Miliz Harakat Hezbollah al-Nujaba zeigt, ist das nicht weit hergeholt. Außer dieser Miliz gibt es noch eine ganze Reihe unter den Hashd-al-Shaabi, die eng mit Iran verbunden sind. Zudem sind auch Dschihadisten für anti-israelische und anti-amerikanische Mobilisierungen empfänglich.

Die USA sind mit ihren Truppen besonders im Irak, aber auch in Syrien diesen Bedrohungen ausgesetzt. Israel ist Nachbarland Syriens. Man kann gespannt sein, wie Hizbollah-Chef Nasrallah auf die Erklärung Trumps reagiert. Die Reaktionen werden nicht nach dem Muster "Tit for Tat" ausfallen, prognostiziert Elija Magnier. Geduld sei eine Tugend.

Nun kann man Magnier eine Einseitigkeit unterstellen, er ist kein besonderer Freund der israelischen Politik, aber seine Analysen sind nicht von Parteigängertum geprägt, sondern sind wegen seiner Nüchternheit und seiner Verbindungen zu wichtigen Quellen interessant. Er dämonisiert nicht wie so viele andere Nahostberichterstatter.

Doch ist das Bedrohungsszenario - bei dem im Augenblick nicht genau zu sagen ist, wie viel Panik, Übertreibung oder wie viel Untertreibung hineinspielt, weil bestimmte Reaktionen nicht vorauszusehen sind - nicht das einzige Szenario, das sich in der Folge der Jerusalem-Erklärung Trumps ergibt.

Jerusalem als Hauptstadt: Gute Aussichten auch für Palästinenser

Man kann auch dem Bild oder der Reflexion folgen, dass Trump mit seiner Erklärung bestätigt, was ohnehin schon Realität war: Dass Jerusalem die Hauptstadt Israels ist. Und man kann auf Umfragen verweisen, die anzeigen, dass dies lebenspraktisch nicht unbedingt ein Nachteil der dort lebenden arabischen Bevölkerung sein muss.

Im Sommer dieses Jahres gab eine knappe Mehrheit (52%) von in Jerusalem lebenden Palästinensern an, dass sie lieber eine israelische Staatsbürgerschaft mit gleichen Rechten hätten als eine palästinensische. Die Zahlen unterscheiden sich deutlich von den Befragten aus dem Gazastreifen, dort waren nur 4 Prozent für eine israelische Staatsbürgerschaft, und dem Westjordanland: Dort waren 12 Prozent dafür.

Selbstverständlich ist bei Umfragen immer mit zu bedenken, woher sie kommen - hier war es Nabil Kukali vom Palestine Center for Public Opinion - und welche Methodik angewendet wird. Aber die Umfrage wird im Bericht der Times of Israel mit der Information ergänzt, dass die Anträge von Palästinensern auf eine israelische Staatsbürgerschaft deutlich zugenommen haben.

Dies zeigt, jenseits der ideologischen Spiegel, doch auch an, dass Palästinenser unter israelischer Verwaltung gut in Jerusalem leben können und ist vielleicht auch ein Indiz dafür, dass die israelische Verwaltung besser funktioniert. Auch das wäre eine von mehreren Jerusalemer Wahrheiten und, was die Lebenswirklichkeit von Individuen betrifft, nicht die unwichtigste.

Die gefährliche Einseitigkeit

Das ganz große Problem der Trumpschen Erklärung bleibt aber ihre Einseitigkeit. Er negiert die Rechte und die Lebenswirklichkeit der Palästinenser in seiner Erklärung vollkommen. Es gibt kein Wort von ihm dazu. Das ist gewollte Ignoranz. Er nimmt die Klagen der Palästinenser über Landnahmen und Vertreibungen vonseiten israelischer Behörden in Ostjerusalem und Umgebung offiziell nicht zur Kenntnis und ignoriert den Anspruch der Palästinenser, ihrerseits Jerusalem auch zur Hauptstadt ihres künftigen Staates zu machen, völlig.

Damit stellt er sich ohne Distanz, wie sie einem Staatsmann, der eine Großmacht präsentiert, angemessen wäre, bruchlos auf die Seite einer Partei in einem Konflikt, der viele Härten und Widersprüche hat, und nicht "eine ausschließlich gute Seite" kennt. Tatsächlich geht die Parteinahme Trumps soweit, dass er sich nahtlos den Rechten in Israel zuordnet und Netanjahu und noch weiter rechts agierenden Kräften politische Unterstützung gibt, ohne Gegenleistungen zu fordern. Er unterstützt damit eine politische Richtung in Israel. Es gibt auch andere.

"Jedes Element in Donald Trumps Proklamation bestätigt die Standard-Gesprächsthemen von Netanjahu", schreibt Anshel Pfeffer: Hätte der israelische Botschafter Ron Dermer in den USA, ein enger Berater Netanjahus mit bestem Zugang zum Weißen Haus, die Erklärung des US-Präsidenten verfasst, so wäre sie kaum näher dran an Netanjahus Vorstellung gewesen.

Ein Wahlversprechen ist nicht an sich schon gut

Als Argument für die Erklärung Trumps wird häufig erwähnt, dass er damit ein Wahlversprechen eingelöst hat und zeigt, dass er aus anderem Holz geschnitzt ist als viele andere Politiker. Dem ist einmal entgegenzuhalten, dass er damit das Risiko eingegangen ist, ein anderes, nicht weniger wichtiges, nämlich die Ankündigung eines "Friedenplans zwischen Israel und Palästinensern", scheitern zu lassen.

Und zum anderen, dass er damit, was US-Wähler angeht, ein Versprechen eingelöst hat, das besonders an ein Publikum mit teilweise bizarren religiösen Visionen gerichtet war, darunter einige "End of Times"-Eiferer.