Türkei Tribunal: Türkischer Präsident auf der Anklagebank
Seite 2: Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen
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Nach diesen Grundsatz-Statements stand die Situation in den kurdischen Gebieten in der Südost-Türkei während der Ausgangssperren im Vordergrund. Augenzeugen, wie der Abgeordnete der oppositionellen HDP, Faysal Sariyilidiz, und die gebürtige Bremerin und abgesetzte Bürgermeisterin der Stadt Cizre, Leyla Imret, berichteten, wie die türkische Armee dort Anfang 2016 in mehreren Kellern nahezu 200 Menschen verbrannt sowie humanitäre Hilfe bewusst verhindert habe.
Das Ausmaß der Verbrechen wurde durch die via Skype aus Bagdad zugeschaltete Schilderung einer Augenzeugin deutlich, die einem das Blut in den Adern gefrieren ließ. Die Augenzeugin ist die Einzige, die das Massaker in einem der Keller überlebte, in denen Menschen am lebendigen Leibe verbrannten.
Die Studentin aus Mugla (Westtürkei) reiste am 13. Dezember 2016 mit einer Gruppe von Kommilitonen nach Cizre, um sich mit der kurdischen Bevölkerung solidarisch zu zeigen. Ihre Gruppe geriet in den 79 Tage währenden Ausnahmezustand, der einen Tag nach ihrer Ankunft verhängt wurde und saß damit faktisch in der Falle. Sie befand sich im 3. Keller, in dem 50 Menschen bei lebendigem Leibe verbrannten. Sie berichtete, dass türkische Soldaten nationalistische Märsche in den Straßen Cizres abspielten und Menschen auf offener Straße erschossen.
Die Erschossenen blieben 10 Tage auf der Straße liegen, weil auf alles geschossen wurde, was sich bewegte. Die Personen hatten sich im Keller eines Hauses versteckt, weil auch in die Häuser geschossen wurde. In besagtes Haus wurde erst Tränengas in den Keller geschossen, dann warf das Militär Benzinflaschen hinein und bombardierte es.
Als es dadurch anfing zu brennen, floh die Augenzeugin des Verbrechens in das Erdgeschoss, wo sich bereits 20, zum Teil schwer verletzte, Menschen befanden. Sie selbst konnte sich dann 10 Tage lang unter Müll im Hof des Hauses verstecken und so überleben. Alle anderen sind in den Flammen umgekommen.
Es folgten Berichte und Fotodokumentationen über die Zerstörung der Städte Nusaybin und Diyarbakir-Sur. In Sur wurden mittlerweile 100% der Altstadt enteignet und in großen Teilen zerstört. Eine 7000 Jahre alte Stadt samt Bevölkerung und Kulturdenkmälern muss einem türkisiertem Neubaukonzept für Reiche mit Kommerz und Nippes weichen.
Weltkulturerbe wie die Hevsel-Gärten werden kommerzialisiert. Mit der Zerstörung der traditionellen Nachbarschaften und Gassen in Diyarbakir-Sur, welche die HDP-Stadtverwaltung behutsam erneuern wollte, um die traditionellen Strukturen zu bewahren, wird eine jahrtausendealte Kultur zerstört.