Türkei bleibt beim Nein zum Incirlik-Besuch deutscher Abgeordneter

Tornado IDS der deutschen Luftwaffe; Bild: Kevin J. Gruenwald, U.S. Air Force/gemeinfrei

Außenminister Gabriel hat keinen Erfolg mit seiner Diplomatie-Mission in Ankara. Wahrscheinlich ist eine Verlegung der Bundeswehrsoldaten

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Die türkische Regierung bleibt bei ihrem "Nein" zum Besuch deutscher Abgeordneter auf dem Militärstützpunkt Incirlik. Außenminister Gabriel konnte seinen türkischen Kollegen Mevlüt Cavusoglu nicht davon überzeugen, dass Mitglieder des Verteidigungsauschusses die 260 in Incirlik stationierten deutschen Soldaten der Parlamentsarmee besuchen können.

Cavusoglu wird von deutschen Medien damit zitiert, dass deutsche Abgeordnete zwar Bundeswehrsoldaten auf dem Nato-Stützpunkt Konya besuchen dürfen - worüber die Türkei keine derartige Entscheidungsmacht hat, da Konya NATO-Hoheitsgebiet ist -, aber nicht in Incirlik:

Im Moment sind die Bedingungen für einen Besuch in Incirlik nicht gegeben.

Mevlüt Cavusoglu

Gabriel erklärte bei der gemeinsamen Pressekonferenz, dass Deutschland die Soldaten "aus innenpolitischen Gründen" verlegen müsse. Mit der Option Verlegung hatte Kanzlerin Merkel bereits beim Nato-Gipfel vergebens versucht, Erdogan zum Einlenken zu bewegen.

Die türkische Hurriyet Daily News stellt wie auch die regierungsnahe Daily Sabah die Situation etwas anders dar: Dass der Abzug aus Incirlik noch keine ausgemachte Sache sei. Ausschlaggebend dafür war wohl die Bemerkung Gabriels: "Es gibt noch keine Entscheidung, noch keinen konkreten Plan."

Allerdings ist nach der obigen Erklärung Gabriel wahrscheinlich, dass die deutschen Aufklärungstornados und ein Tankflugzeug aus Incirlik auf eine jordanische Militärbasis verlegt werden. Dass daraus ein konkreter Plan wird, dafür braucht es einen Bundestagsbeschluss.

Der Bundestagsbeschluss über den Abzug wurde vergangene Woche verschoben, auch die SPD-Fraktion war für einen solchen Beschluss, weil Gabriel es noch einmal über Verhandlungen versuchen wollte, obwohl aus der Türkei eindeutige Nein-Signale gekommen waren (siehe Incirlik: "Dann werden wir ihnen freundlich auf Wiedersehen sagen").

"Deutschland als sicherer Hafen für Gülen-'Terroristen'"

Cavusoglu habe innenpolitische Gründe für das Nein zum Besuch genannt, gibt die Tagesschau den deutschen Außenminister wieder. Die englisch-sprachige türkische Hurriyet Daily News nennt gar keine Gründe. Der Bericht der regierungsnahen englisch-sprachigen Daily Sabah führt zwei Gründe an, die Cavusoglu bei der Pressekonferenz erwähnt habe.

Einmal wird die Haltung Deutschlands gegenüber türkischen Politikern genannt, denen hierzulande Wahlkampf-Auftritte vor dem Referendum untersagt wurden, zum anderen wird von Sabah erwähnt, dass sich Deutschland "unkooperativ" in der Gülen-Sache verhalte. Das Land sei zu einem "sicheren Hafen" für Hunderte von Mitglieder der "Gülen Terror Gruppe (FETÖ)" geworden, was auch ranghohe Offiziere bei der Nato einschließe.

Die Anspielung auf die Asylgesuche von türkischen Militärs und hochrangiger Diplomaten und Staatsangestellter in Deutschland ist deutlich (vgl. Asylanträge türkischer Offiziere: Berlin in Schwierigkeiten). Dazu kommen aber noch einige andere Streitpunkte und ungelöste Fälle im schwierigen deutsch-türkischen Verhältnis.

Fall Yücel: Kein Zeichen des Entgegenkommens

Laut Spiegel äußerte der türkische Außenminister noch weitere Vorwürfe: Europa habe damit begonnen, "Journalisten als Agenten für die Geheimdienste" einzusetzen. Auch im Fall des Journalisten Deniz Yücel, der in der Türkei inhaftiert ist, signalisiert Cavusoglu kein Entgegenkommen: Das sei ein Fall für die Justiz. Neben Yücel sind 44 Deutsche in der Türkei inhaftiert. Einige Prominenz hat außer dem Fall Yücel noch der Fall Mesale Tolu, die anders als Yücel nur einen deutschen Pass besitzt.

Sie sind, wie weitere 17 deutsche Staatsbürger, die zwar nicht inhaftiert sind, aber nicht aus der Türkei ausreisen dürfen, gewissermaßen Faustpfand bei den Verhandlungen.

Dass Ministerpräsident Yildirim sein Treffen mit Gabriel abgesagt hat, spricht dafür, dass das Verhältnis kühl bleibt.