Türkis statt Grün

Seite 2: Grünen-Spaltung Blaupause für Palmer?

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Die Grünen, die seit 1986 im österreichischen Nationalrat saßen, haben gestern mit einem Verlust von achteinhalb Punkten - drei Viertel ihrer Wähler - und hochgerechneten 3,9 Prozent ein so schlechtes Ergebnis erzielt, dass sie erst in den nächsten Tagen sicher wissen, ob sie die in Österreich geltende Vier-Prozent-Hürde übersprungen haben oder sich aus dem Parlament verabschieden müssen. Sie hatten im letzten Jahr vor allem mit Social-Media-Zensurforderungen auf sich aufmerksam gemacht - teilweise sogar weltweit.

Wahrscheinlich im Nationalrat vertreten ist dagegen mit 4,3 Prozent die Abspaltung des Grünen-Abgeordneten Peter Pilz, dessen Parteifarbe "transparent" sich in den Diagrammbalken schwer darstellen lässt. Er hatte nur ein einziges Wahlplakat aufgehängt und war trotz guter Umfragewerte nicht zur ORF-Debatte der Spitzenkandidaten eingeladen worden.

Dass sich trotzdem viele ehemalige Grünen-Wähler für ihn entschieden, dürfte damit zu tun haben, dass er mit seiner Liste eine Abwendung von der Migrationspolitik nach dem Modell Merkel propagierte, deren Auswirkungen in Österreich für zahlreiche Negativschlagzeilen gesorgt hatte.

Diese Entwicklung dürfte auch in Deutschland genau beobachtet werden, wo der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer noch größere Schwierigkeiten mit seiner Partei hat als die, die es zwischen Pilz und den Grünen in der Alpenrepublik gab (vgl. Personen statt Programme).

Neos und FPÖ wollen Rauchverbot lockern

Mit hochgerechneten 5,1 Prozent (+ 0,1) noch sicherer im Parlament sind die liberalen Neos, die lange Schwierigkeiten hatten, im Wahlkampf ein Thema zu finden, das Medien und Bürger wirklich interessiert. Schließlich fanden sie das Rauchverbot, das in Wien ab dem Mai 2018 in allen Gaststätten gelten soll, und forderten einen "runden Tisch" mit den Gastwirten, auf den das Thema noch einmal kommen soll. Das könnte auch dann Wirklichkeit werden, wenn die Neos nicht in der Regierung sind, weil der Wiener FPÖ-Vizebürgermeister Johann Gudenus am Dienstag versprach, die Freiheitlichen würden die Forderung, dass das Rauchverbotsgesetz geändert wird, "ganz klar [in Bundeskoalitionsverhandlungen] einbringen", weil Gastwirte viel Geld in den Umbau ihrer Lokale gesteckt hätten. Ein Minimalzugeständnis sieht er in Ausnahmen für E-Zigaretten.

Nachbesserungs- und Konkretisierungsbedarf gibt es auch bei einem anderen Verbotsgesetz, das am 1. Oktober im Kraft trat: Das Verhüllungsverbot traf bislang nämlich nicht nur eine Salafistin aus St. Pölten und Araberinnen aus den Golfstaaten (die bereits vor dem Reiseantritt über die neue Rechtslage informiert werden), sondern auch Personen mit Hai-, Kürbis-, Pferde- und Clownsmasken. Nun wurde die Polizei angewiesen, nicht gegen Halloweenkostüme einzuschreiten.

Tiroler voraussichtlich gegen Olympia

Bei der Volksbefragung dazu, ob sich Tirol für die Olympischen Winterspiele 2026 bewerben soll, entschieden sich die Bürger an den regulären Urnen mit 53,35 Prozent dagegen. Dass das Ergebnis der Wahlkarten das noch dreht, ist möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich.

In Innsbruck, der Stadt, die als Hauptaustragungsort vorgesehen war, lehnten die Stimmberechtigten eine Bewerbung sogar mit 67,41 zu 32,95 Prozent ab. Vorher hatten dort bereits 1993 und 1997 Volksbefragungen ergeben, dass die Bürger gegen eine erneute Olympiaausrichtung nach 1964 und 1976 sind. Landeshauptmann Günther Platter hatte deshalb versprochen, man werde das auf 1,175 Milliarden Euro Kosten geschätzte Spektakel ganz ohne Steuergeld finanzieren, war damit aber bei vielen Tirolern auf Unglauben gestoßen.