Tulsi Gabbard: Schlag vor den Bug der Demokraten

Seite 2: Bewerbung für die andere Seite des Flügels

Die Stellungnahme ist weniger eine ernst gemeinte Kritik an der Demokratischen Partei, als vielmehr eine Bewerbung für eine Karriere auf der anderen Seite des "Zwei-Parteien-System".

Deshalb vermischt Gabbard gerechtfertigte Kritik am außenpolitischen Kurs ihrer Ex-Partei mit Begrifflichkeiten des konservativen Kulturkampfes, und das ist auch nötig, wenn sie sich bei der "anderen" Seite der politischen Elite anbiedern möchte.

Denn die Kandidatinnen und Kandidaten der Republikaner verbergen ihre wahren politischen Ziele im gleichen Maße hinter einem Deckmantel aus Begrifflichkeiten des sogenannten "Kulturkampfes" wie die Demokraten. Auch Gabbard geht es daher nicht um eine ehrliche Kritik am existierenden politischen System, sondern um eine politische Attacke.

Plattitüden

Da behauptet man schnell, die Demokraten würden "die Polizei verteufeln, schützten aber Kriminelle auf Kosten gesetzestreuen Amerikaner". Diese Aussage ist absoluter Blödsinn, haben doch ein ganzer Sommer voller "Black Lives Matter"-Proteste im Grunde nur dazu geführt, dass Biden während seiner State of the Union Address verkündete, man müsse noch mehr Geld in die Institution, mit teilweise mehr als zweifelhaften Erfolgsraten, investieren.

Solch klassisch konservativen Plattitüden lässt Gabbard dann wieder legitime Kritik an der Demokratischen Partei und den liberalen Eliten folgen:

Und vor allem treiben sie uns immer näher an einen Atomkrieg heran. Ich glaube an eine Regierung, die vom Volk, durch das Volk und für das Volk ist. Leider tut die heutige Demokratische Partei das nicht.

Tulsi Gabbard

Damit hat Gabbard schlicht recht. Eigentlich ist es tragisch, dass sie zu glauben scheint, sich in ihrem Wunsch nach einer bevölkerungsnäheren, repräsentativeren und demokratischeren Regierungsform ausgerechnet an die Republikanischen Partei wenden zu können.

Selbst wenn es sich bei Tulsi Gabbards Stellungnahme nur um die schnöde Bewerbung um das Amt der Republikanischen Vize-Präsidentin handelt, wer kann es ihr verübeln. Immerhin sind die Republikaner ihrer Wählerschaft bis zu einem gewissen Grad hörig – allerdings nur in Form von Lippenbekenntnissen.

Biden hingegen fängt gerade an, in Ansätzen, politischen Forderungen seiner potenziellen Wählerschaft Folge zu leisten. Biden und Vize-Präsidentin Kamala Harris brachten ihre Version des Student Debt Relief Plan auf den Weg.

Verzerrtes Bild

Mehr noch, zuletzt machte der Präsident sogar Schlagzeilen durch seine Begnadigung von Tausenden Personen, die wegen Marihuana-Besitzes verurteilt wurden und derzeit im Gefängnis sitzen. Er ordnete eine Überprüfung der Bundesgesetze über Marihuana an.

Hierbei sollte nicht unerwähnt bleiben, dass Biden und Harris keine kleine Teilschuld am Elend dieser Opfer im Drogenkrieg tragen. Für viele kommen diese weitgehend populären Maßnahmen zu spät und reichen nicht weit genug.

Tulsi Gabbards Medienauftritt spiegelt das verzerrte Bild der politischen Realität in den USA wider: In der sich die Wählerschaft zwischen Kulturkrieg, echten politischen Forderungen und einer immer realer werdenden Bedrohung durch die Folgen aggressiver US-Außenpolitik hin- und hergerissen fühlt.

Kurz gesagt, Gabbard ist in und mit ihrer Verwirrung so kurz vor den Vorwahlen sicher nicht allein.