US-Debatte: Kann Kamala Harris den Sieg herbeilachen?

 Kamala Harris

Mega-Laune statt MAGA: Kamala Harris. Bild: lev radin, Shutterstock.com

Donald Trump konnte das wohl einzige TV-Duell mit Kamala Harris nicht dominieren. Doch genügt das den Demokraten? Eine Zwischenbilanz.

Mehr persönliche Angriffe als Inhalte und Defizite in der Berichterstattung – diese beiden Erkenntnisse bleiben von der ersten und wohl einzigen Fernsehdebatte zwischen der amtierenden US-Vizepräsidentin Kamala Harris und dem ehemaligen US-Präsidenten (2017–2021) Donald Trump am Dienstagabend (Ortszeit).

Die Debatte, die in Philadelphia stattfand, wurde von Beobachtern als stark von Harris dominiert beschrieben. Ihr gelang es immer wieder, Trump aus dem Konzept zu bringen, so Alan Rappeport in der New York Times.

Das zeigt, dass die Demokraten dazugelernt haben. Bei der Debatte zwischen Trump und der damaligen Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton scheiterten die Wahlkampfstrategen grandios am Stil des Republikaners. Die Debatte dient heute in Rhetorik-Seminaren als Beispiel dafür, wie man es nicht macht – mit Blick auf Clinton.

Denn sie hatte ohne Rücksicht auf den Gegner ihr Programm vorgetragen, Zahlen präsentiert, argumentiert. Trump antwortete mit dem von ihm bekannten Basic Talk, also Sätzen wie: "Das ist nicht wahr" oder "Es liegt an China". Clintons schärfsten Angriff, er habe von der Immobilienkrise in den USA profitiert, ließ er mit einem lapidaren "That makes me smart" von sich abperlen.

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Über die Entscheidung der US-Demokraten, den senilen und fahrigen Joe Biden vor laufender Kamera gegen Trump antreten zu lassen, braucht man nicht viele Worte zu verlieren.

Kamala Harris hingegen wurde von politischen Strategen und Experten für ihre Vorbereitung und ihre Fähigkeit gelobt, Trump in die Defensive zu drängen. Chris Christie, ehemaliger Gouverneur von New Jersey und Republikaner, der 2016 Trumps Übergangsteam leitete, zeigte sich auf ABC überzeugt, dass Harris gut vorbereitet war. Sie habe es geschafft, Trump. Fallen zu stellen, in die er prompt getappt sei, statt sich auf seine Botschaft zu konzentrieren.

Strategen der Demokraten wie Caitlin Legacki, eine ehemalige Beraterin des Handelsministeriums, lobten Harris dafür, dass sie ihren persönlichen Hintergrund eingebracht, sich tief in die Politik eingearbeitet und gezeigt habe, dass sie es mit jedem aufnehmen könne.

Auch Vivek Ramaswamy, Unternehmer und Republikaner, gestand auf Fox News ein, Harris habe seine Erwartungen übertroffe.

Auf der anderen Seite kritisierten republikanische Strategen wie Lance Trover, ehemaliger Pressesprecher von Gouverneur Doug Burgum aus North Dakota, dass Trump zu oft auf Harris' Provokationen eingegangen sei und es ihr damit zu leicht gemacht habe.

Hugh Hewitt, ein konservativer Radiomoderator, kritisierte die Moderation von ABC als parteiisch und sagte, die Zuschauer hätten gesehen, wie Harris schwierigen Fragen ausgewichen sei.

Die Rolle der Medien

Die Rolle der Medien ist in der Tat ein interessanter Punkt, der viel zu wenig Beachtung findet. Denn was auf der Bühne passiert, ist nur die halbe Miete, mindestens genauso wichtig ist, wie das Geschehen interpretiert wird.

Und hier ist, wie in der Politik, eine deutliche Spaltung zu beobachten: Während liberale US-Medien wie die New York Times Harris eher wohlgesonnen sind, hat auch Trump Medien auf seiner Seite.

Ein besonders krasses Beispiel für mediale Parteinahme bietet in Deutschland das Nachrichtenmagazin Der Spiegel auf mittlerweile unangenehme Weise. Seit Wochen berichtet die Online-Redaktion täglich positiv über Harris und macht aus jeder auch nur ansatzweise negativ zu interpretierenden Entwicklung für Trump eine Meldung.

Wie weit sich die Hamburger Redaktion vom objektiven Journalismus entfernt hat, zeigte sich auch jetzt, am Morgen nach der Debatte. Die Überschrift "Die Überlegene" und das sympathische Bild von Harris könnte man noch durchgehen lassen. Dass aber die Vizepräsidentin im Teaser als durchweg seriöse dargestellt wird, ist leicht zu hinterfragen.

Die New York Times ging hier professioneller vor: Ein Faktencheck zeigt, dass auch Harris – wenn auch nicht in dem Ausmaß wie Donald Trump – Fakten zurechtbiegt oder schlicht lügt. Etwa wenn es um die Arbeitsmarktdaten der beiden entscheidenden Regierungen geht oder um angebliche Verfehlungen Trumps während seiner Präsidentschaft.

Analyse der Debatte

Eine Detailbeobachtung ist, dass sich beide Kandidaten auf ihre Wählerklientel konzentrieren. Und das ist nicht gut. Denn damit haben sich Demokraten wie Republikaner von dem Versuch verabschiedet, die demokratische MItte zwischen den polarisierten Rändern für sich zu gewinnen. Auch das ist eine Art Kapitulation vor den Verhältnissen.

Fachpositionen geraten so leicht in den Hintergrund. Experten wie Eswar Prasad, ehemaliger Leiter der China-Abteilung des Internationalen Währungsfonds, kritisierten etwa Trumps Beharren auf Zöllen als Lösung für eine Vielzahl von Problemen und wiesen darauf hin, dass dies die Inflation verschärfen und keine Einnahmen aus China bringen würde.

Henrietta Treyz von Veda Partners betonte, dass Harris Trumps Beziehungen zu autoritären Führern und Verschwörungstheorien geschickt gegen ihn eingesetzt habe. Doch auch das ist darauf ausgerichtet, dem gegenüber zu schaden, und hat an sich keinen inhaltlichen Wert.

Ausblick auf die Wahl

Die Präsidentschaftswahlen finden in 56 Tagen statt, und es zeichnet sich ab, dass der Ausgang des Rennens von einer Reihe von Schlüsselstaaten abhängen wird. Auch hier sind Demokraten ein entscheidender Umbruch bislang noch nicht gelungen.

Liberale Medien in den USA und Europa sollten die Ereignisse mit Vorsicht bewerten. Auch wenn Trump seine aggressive Debattenstrategie diesmal nicht wie gewohnt umsetzen konnte, gilt: Die Demokraten müssen sich im Wahlkampf mit Harris neu erfinden.

Denn der Vizepräsidentin gelingt es nur bedingt, die Herausforderungen wegzulächeln. Mehr noch: Ihr Lachen wirkt bisweilen verbissen, ihre Lachanfälle hysterisch und deplatziert. Gute Laune bekommt bei Harris nur, wer gute Laune haben will.

Im Durchschnitt der wichtigsten US-Umfragen ist der Abstand zwischen Harris und Trump jedenfalls von zeitweise 3,6 auf 2,7 Prozentpunkte geschrumpft. Ob die Debatte zu einer Trendwende zugunsten der regierenden Demokraten beigetragen hat, werden die kommenden Tage zeigen. Zweifel bleiben.