US-Kriegsschiff auf provokativer Mission im Südchinesischen Meer
Peking reagiert relativ gelassen, schon seit Jahren köchelt der Konflikt um die Spratly-Inseln, wo China auf Riffen künstliche Inseln errichtet
Der Konflikt in der Ostukraine wurde durch den Krieg in Syrien, dessen Kampffronten durch die russische Intervention aufgewirbelt wurden, und die anhaltenden Flüchtlingsströme in Europa an den Rand der Aufmerksamkeit gedrängt. Der von den USA und der EU gedeckte Krieg der von Saudi-Arabien angeführten Koalition zur Unterstützung der sunnitischen Pro-Regierungskräfte gegen die Huthi-Rebellen im Jemen hat Tausenden von Menschen das Leben gekostet. 1,4 Millionen sind vertrieben worden, Millionen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, aber der Konflikt wird im Westen derzeit nicht beachtet, obgleich auch hier neue Flüchtlingsströme entstehen könnten.
Ein weiterer Konflikt wurde aber jetzt wieder in den Vordergrund geschoben, nachdem das Pentagon den Zerstörer USS Lassen in die 12-Seemeilen-Zone um das Subi-Riff, das zu den Spratly-Inseln im Südchinesischen Meer gehört, fahren ließ. China baut dort, 1000 km vor der Küste, künstliche Inseln für militärische Stützpunkte auf und beansprucht seit dem Zweiten Weltkrieg ein großes Gebiet des Südchinesischen Meers.
Auf das Gebiet um die Spratly-Inseln erheben neben den Philippinen auch Vietnam, Brunei, Taiwan und Malaysia Ansprüche. Vietnam und Taiwan haben auf Inseln ebenfalls Militär stationiert. Zudem hat China seine Luftverteidigungszone über dem Südchinesischen Meer ausgeweitet, was vor allem Japan und Südkorea - und wiederum die USA nicht akzeptieren wollen. Malaysia und China wollen nun auch stärker militärisch kooperieren, was wiederum den USA nicht gefallen dürfte, die letztes Jahr ein Militärabkommen mit den Philippinen geschlossen haben, auch um dort Militärstützpunkte wieder mitbenutzen zu können.
Seit Jahren eskaliert der Streit (Grenzstreit zwischen China, Vietnam und den Philippinen), in dem die USA die Strategie verfolgen, angeblich die Interessen der Alliierten zu vertreten, um China einzudämmen, ähnlich wie das gegenüber Russland verfolgt wird und wurde. Auch gegenüber China spielt das amerikanische Raketenabwehrsystem eine Rolle, das die USA ausbauen wollen, angeblich zum Schutz vor Nordkorea (Konflikt zwischen USA und China könnte sich weiter zuspitzen). Seitdem wiederholen sich provokative Handlungen der amerikanischen Streitkräfte, die mit den Muskeln spielen, um die Ansprüche Chinas durch Drohungen abzuwehren, China wiederum will durch die Schaffung von vorgelagerten Stützpunkten seine territorialen Ansprüche durchsetzen. Das Spiel ist riskant, denn aus den Verletzungen von territorialen Ansprüchen kann schnell ein Schlagabtausch werden (Pulverfass Asien).
Schon im Mai war mit entsprechender Medienbegleitung provokativ ein US-Spionageflugzeug trotz Warnungen des chinesischen Militärs über drei Atolle der Spratly-Inseln geflogen. Angekündigt wurde vom Pentagon bereits schon länger, Kriegsschiffe in die 12-Meilen-Zone fahren zu lassen, was nun gemacht wurde, wohl auch um die Reaktion Chinas zu testen. Im Unterschied zu wirklichen Inseln ist allerdings die 12-Meilen-Zone um künstliche Inseln strittig, die wie im Fall der chinesischen auf Atollen oder Riffen errichtet werden.
Das Land hatte in dem Weißbuch für militärische Strategie warnend deutlich gemacht, dass man in Zukunft seine Ansprüche auf dem chinesischen Meergebiet und auch in internationalen Gewässern aggressiver ("aktive Verteidigung") vertreten will (China zieht rote Linie für einen Krieg mit den USA). In einem Kommentar in der staatlichen Zeitung Global Times wird erläutert, was dies bedeutet: "Für China ist die rote Linie, dass der Anspruch auf diese Inseln beendet wird. Wenn die USA ihre rote Linie mit der Bedingung verknüpfen, dass China die Bauarbeiten beenden muss, dann wird früher oder später eine militärische Konfrontation beginnen."
Zwar war die Provokation schon lange angekündigt gewesen, der US-Zerstörter fuhr am Montag jedoch ohne Benachrichtigung Chinas in die Zone ein. Das habe man bewusst so gemacht, weil sonst die Botschaft nicht angekommen wäre, heißt es aus dem Pentagon, in dem man damit auch sagt, dass man das Risiko eines Schlagabtausches eingeht. Der Sprecher des US-Außenministeriums John Kirby erklärte, man müsse mit keiner Nation in Beziehung treten, "wenn man das Reicht auf freie Schiffsfahrt auf internationalen Gewässern wahrnimmt". Es sei eben der Grund, eine Marine zu besitzen, um "Einfluss ausüben und die Freiheit der Schiffsfahrt auf internationalen Gewässern verteidigen zu können". Nach dem Sprecher des Weißen Hauses sei die Freiheit der Schiffsfahrt für die Weltwirtschaft besonders im Südchinesischen Meer wichtig, "weil dort jedes Jahr ein Milliarden Dollar großer Handel durch die Region fließt".
Allerdings hat auch das China das Muskelspiel aufgenommen und im August schon einmal 5 Kriegsschiffe in die 12-Meilen-Zone vor Alaska fahren lassen, als sich dort gerade US-Präsident Obama aufhielt. Das sei aber dort möglich, wenn es keine andere Route gibt, andere Routen gab es bei den Spratly-Inseln aber. Das US-Kriegsschiff sei beobachtet, verfolgt und gewarnt worden. China, so sagte der Sprecher des Ministeriums, werde die Situation weiter beobachten und "das Notwendige tun", was immer das heißen soll. Man sei bereit, auf jede Provokation zu antworten.
China respektiere die freie Schifffahrt anderer Länder nach dem internationalen Recht, aber die Baumaßnahmen auf "eigenem Territorium" sei eine interne Angelegenheit und behindere nicht die Freiheit anderer. Außenminister Wang Yi erklärte heute, die USA sollten nicht aus Nichts Ärger machen und erst einmal vor einer Aktion nachzudenken.
In einem Kommentar in Global Times heißt es, dass die Provokation die "Weisheit" Chinas testen würde: "Wir sollten ruhig bleiben." Es sei nur eine "politische Show" und nicht verbunden mit der Forderung, die Bautätigkeiten auf den Inseln einzustellen. Es gebe auch keine Absicht, in einem militärischen Konflikt einzutreten.
Heruntergespielt wird der Vorfall auch deswegen, weil für Riffs, bei denen bei niedrigem Wasserstand Teile über die Meeresoberfläche ragen und die unbewohnt sind, keine 12-Meilen-Zone gilt. China habe noch nicht erklärt, ob es seine Hoheitsgewässer nach der Errichtung der künstlichen Inseln ausdehnen will. Hier gäbe es eine Uneindeutigkeit des internationalen Rechts. Und China habe auch noch nicht die territoriale Basislinie festgelegt, innerhalb derer es kein Recht auf freie Durchfahrt geben würde. Gleichwohl heißt es, China solle Washington klar machen, dass man vor einem regionalen Konflikt keine Angst habe und seine nationalen Interessen bewahren werde. In anderen staatlichen Medien wird ähnlich argumentiert, aber das Spiel der USA als "unverantwortlich und gefährlich" kritisiert.