US-Regierung will sparen, aber erst ab 2012
Derweil wird das Haushaltsdefizit 2011 einen neuen Rekord von mindestens 1,645 Billionen Dollar erreichen
Auch US-Präsident Barack Obama will nun auf die Sparbremse treten. Doch bis danin wird das Defizit 2011 noch deutlich höher ausfallen, als ohnehin schon geschätzt worden war. Statt 1,5 Billionen Dollar, wie die Budgetkommission im Kongress prognostiziert hatte, dürften es noch einmal fast 145 Milliarden mehr werden. Nach den nun vorgelegten Plänen unter dem Titel Winning The Future will Obama das Haushaltsdefizit, dass damit 2011 auf 11% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) klettert, schon 2015 auf 3,2% absenken. Doch ob das gelingt, darf bezweifelt werden. Obwohl der Opposition die Pläne nicht weit genug gehen, werden sich Republikaner kaum für eine Bankenabgabe und die Abschaffung von Steuervergünstigungen für Reiche erwärmen können.
Wegen der Drohungen der Rating-Agenturen, die den USA wegen der ausufernden Verschuldung die Bestnote für die Kreditwürdigkeit abzuerkennen drohen (Ist die Euro-Krise plötzlich vorbei?), versucht sich auch der US-Präsident in Haushaltskonsolidierung. Angesichts der Staatsschulden, welche die festgelegte Verschuldungsgrenze von 14,3 Billionen US-Dollar demnächst überschreiten wird, soll die Konsolidierung 2012 beginnen.
Bei einem Haushaltsvolumen von insgesamt gut 3,8 Billionen Dollar müssen über 40% im laufenden Jahr durch neue Schulden gedeckt werden. Erst ab dem 1. Oktober will US-Präsident Barack Obama das Defizit um gut eine halbe Billion auf gut 1.100 Milliarden senken. Das wäre angesichts eines Umfangs von 3,73 Billionen Dollar noch immer ein Defizit von 7% des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Nach seinen Vorstellungen soll ab 2015 das Defizit auf 3,2% gesenkt worden sein. Mit seinen Ansätzen versucht Obama gleich mehrfach einen Spagat. Tatsächlich kann bei dem Budget-Entwurf für das kommende Fiskaljahr nicht wirklich von einem Sparplan gesprochen werden. Vor allem versucht Obama die Konsolidierung zunächst über höhere Einnahmen zu erreichen. Deshalb müsste eigentlich für 2012 eher von einem Mehreinnahmen-Plan gesprochen werden.
Erst längerfristig machen sich Sparvorhaben bemerkbar, mit denen die geschätzten Defizite über die kommenden zehn Jahre um etwa 1,1 Billionen verringert werden soll. Das geschieht vor allem über das Einfrieren von Ausgaben über fünf Jahre, die jedes Jahr neu bewilligt werden müssen. Geschätzt wird, dass damit 400 Milliarden über 10 Jahre eingespart werden. Grundsätzlich hält Obama zunächst einmal an seiner Politik fest, die immer wieder zu Streit auf den G20-Gipfeln.
Denn während in Europa tatsächlich heftig auf die Sparbremse getreten wird, was zum Beispiel Griechenland tief in die Rezession zurückspart und Portugal gerade auf diesen Weg gebracht hat, steigen die Ausgaben der USA 2011 weiter an. Das Gesamtvolumen des Haushalts soll auch 2012 nur etwa 90 Milliarden niedriger ausfallen als im laufenden Jahr. Obama hält also an seiner Ausgabenpolitik fest und will zunächst vor allem die Einnahmeseite verbessern. So erklärte Obama zu dem Entwurf, dass zwar der Staat den Gürtel enger schnallen müsse, doch gleichzeitig dürfe man Investitionen in die Zukunft wie Bildung, Infrastruktur und Innovationen nicht vernachlässigen. Er hofft dabei auch, dass die Steuereinnahmen insgesamt anziehen und Transferkosten zurückgehen. Zwar senkte das Weiße Haus die Wachstumsprognose für 2011 von 3,2% auf 2,7%, doch für 2012, so sieht es der Entwurf vor, soll es ein kräftiges Wachstum von 3,6% geben. Die hohe Arbeitslosenquote von durchschnittlich 9,3% im laufenden Jahr soll dann 2012 auf 8,6% sinken.
Dass an vielen Ausgabenposten nicht gerüttelt wird, zeigt sich zum Beispiel auch bei den Militärausgaben. Denn der Grundetat soll im kommenden Jahr um 4,2 Milliarden US-Dollar auf einen neuen Rekordwert von 553 Milliarden steigen. Eingespart werden soll an den Auslandseinsätzen im Irak und Afghanistan, denn dafür sind für das kommende Fiskaljahr mit knapp 118 Milliarden etwa 45 Milliarden Dollar weniger vorgesehen als im laufenden Haushaltsjahr. Falls tatsächlich die Truppen in den beiden Ländern wie geplant abgezogen werden, würden die gesamten Militärausgaben insgesamt niedriger ausfallen.
Bankenabgabe, Steuererhöhungen für Reiche, Kürzungen bei Sozialprogrammen
Ob das tatsächlich umsetzbar ist, ist genauso fraglich, wie viele geplante Einnahmeerhöhungen. So sieht der Vorschlag erneut eine Bankenabgabe vor, mit der Obama die Kreditinstitute an den Kosten für die Krise beteiligen will. mit der "Financial Crisis Responsibility Fee" sollen 30 Milliarden in den kommenden 10 Jahren eingenommen werden. Doch warum sollte die Bankenabgabe, die nun den offiziellen Namen "Verantwortlichkeitsbeitrag für die Finanzkrise" genannt wird, nun beschlossen werden können? Schließlich ist schon der Vorläufer gescheitert. Inzwischen ist aber Obamas Lage noch schwieriger geworden, nachdem seine Demokraten bei den vergangenen Wahlen die Mehrheit im Repräsentantenhaus verloren haben. Die einzige Hoffnung liegt darin, dass die geplanten Einnahmen nun deutlich bescheidener ausfallen als die früher geplanten 90 Milliarden Dollar.
Zeigen muss sich auch, ob Obama damit durchkommen kann, Steuererleichterungen für Wohlhabende abzuschaffen. Treffen soll es Haushalte mit Einkommen von mehr als 250.000 Dollar im Jahr. Diese Erleichterungen wurden vom Vorgänger George W. Bush eingeführt und sind erst kürzlich mit den Stimmen der oppositionellen Republikaner bis Ende 2012 verlängert worden. Beschränkt werden soll die steuerliche Abzugsfähigkeit von Hypothekenzinsen und auch die von Spenden an wohltätige Organisationen. Ob sich Obama gegen die Republikaner durchsetzen kann, Steuerschlupflöcher für die mächtigen Öl-, Gas- und Kohlekonzerne zu schließen, ist ebenfalls fraglich. Das Weiße Haus erhofft sich dadurch Mehreinnahmen von 46 Milliarden Dollar über die kommenden zehn Jahre.
Auch wenn Obama hier von links kritisiert wird, soll auch im Sozial- und Umweltbudget gekürzt werden. Betroffen sind selbst Prestigeobjekte wie die Heizkostenbeihilfen für Bedürftige, wo das Budget halbiert werden soll. Der Rotstift wurde auch bei der Förderung für Studenten aus sozial schwachen Familien angesetzt. Während sich durch diese Maßnahmen an der Schuldenlast zwar kaum etwas ändern wird, sind das für die Betroffenen aber sehr harte Maßnahmen.
Republikaner verlangen dramatische Kürzungen
Angesichts der Mehrheitsverhältnisse wird es bei den bisher geplanten Einschnitten aber kaum bleiben. Die Republikaner kritisieren die Vorhaben als viel zu zaghaft. "Amerikaner wollen keine Ausgabensperre auf einem unhaltbaren Niveau. Sie wollen Kürzungen, dramatische Kürzungen", sagte Senator Mitch McConnell. Er spricht für die republikanische Minderheit im Senat. Die Republikaner wollen auch sofort mit dem Sparen anfangen und schon im laufenden Haushalt mehr als 100 staatliche Programme streichen, um 61 Milliarden Dollar einzusparen. Obama ist unter Druck, weil sein Haushalt 2011 bisher nur eine befristete Berechtigung zum Ausgeben der Mittel hat, die im März abläuft. Und Obama ist auch darauf angewiesen, dass der Kongress die Verschuldungsgrenze von 14,3 Billionen bald erneut anhebt, wofür die Republikaner ebenfalls konkrete Sparbeschlüsse und Reformen fordern.
Konkret wollen sie an der Sozialversicherung und an der von ihnen bekämpften allgemeinen Krankenversicherung sparen. Eine Expertenkommission hatte erst kürzlich erklärt, dass die Konsolidierung kaum Fortschritte machen könnte, wenn die Ausgaben für die Krankenversicherungen für Arme (Medicaid) und Senioren (Medicare) unangetastet blieben. Angesichts der schwierigen Lage zeigte sich Obama schon kompromissbereit, will aber die unpopulären Veränderungen nicht von sich aus vorschlagen. Schließlich stehen im Herbst 2012 die nächsten Präsidentschaftswahlen an. Man darf davon ausgehen, dass erst danach, egal wer die Wahlen gewinnt, die wirklichen Sparhaushalte folgen werden.