US-Senat: Nord-Stream-2-Sanktionsgesetz vorgelegt
Firmen und Personen, die Schiffe zum Verlegen von Gasleitungen in mehr als 30 Metern Meerestiefe verkaufen, vermieten, versichern, finanzieren oder "technisch unterstützen", drohen Einreisesperren und das Einfrieren von Konten
Die demokratische Senatorin Jeanne Shaheen hat zusammen mit ihrem republikanischen Kollegen Ted Cruz einen Gesetzentwurf eingebracht, der vorsieht, dass gegen Firmen und Personen, die Schiffe zum Verlegen von Gasleitungen in mehr als 30 Metern Meerestiefe verkaufen, vermieten, versichern, finanzieren oder "technisch unterstützen", Sanktionen verhängt werden. Konkret hat man dabei das Einfrieren von Konten und Einreiseverbote im Auge.
Der Sanktionsplan zielt Shaheen zufolge auf die im Bau befindliche Gaspipeline Nord Stream 2 zwischen Deutschland und Russland. "Während der Kreml dieses trojanische Pferd baut", so die Politikerin, könnten die USA nicht untätig zusehen. "Mit der Aussicht auf billiges Erdgas" locke der russische Staatspräsident Wladimir Putin nämlich "einige unserer engsten Verbündeten" in eine Energieabhängigkeit und "destabilisiere" auf diese Weise Europa "auf Jahrzehnte hinaus".
Verzögern, aber nicht verhindern
Die russische Nachrichtenagentur Interfax geht davon aus, dass sich von der Drohung vor allem die schweizerische Firma Swiss Allseas und das italienische Unternehmen Saipem angesprochen fühlen sollen. Ihnen gehören speziell ausgestattete Schiffe, die beim Verlegen der Nord-Stream-2-Röhren zum Einsatz kommen. Die am Projekt beteiligte die BASF-Tochter Wintershall wäre dieser Lesart nach ebenso wenig betroffen wie die an Nord-Stream-2 beteiligte Eon-Abspaltung Uniper, der österreichischen Mischkonzern OMV, Royal Dutch Shell und der aus der Fusion von Gaz de France Suez entstandene französische Energieversorger Engie. Eine Stellungnahme dazu wollte allerdings keines der genannten Unternehmen abgeben.
Dem von Foreign Policy konsultierten und an der New Yorker Columbia-Universität forschenden Energiepolitikexperten Richard Nephew nach können die Sanktionen den Bau der Pipeline wahrscheinlich zwar verzögern, aber nicht verhindern, weil Russland die erforderlichen Schiffe im Notfall selbst bauen könnte.
Russische Medien spekulieren deshalb, ob der eigentliche Zweck des Entwurfs eine Verzögerung der Fertigstellung bis über das Ablaufdatum des bestehenden Gastransitvertrages mit der Ukraine hinaus ist. Müssen die Deutschen dann einen neuen Transitvertrag mit dem ukrainischen Unternehmen Naftogaz schließen, könnte Kiew wegen des deutschen Bedarfs Bedingungen stellen.
Auch Weber will Pipeline offiziell stoppen
Shaheen und Cruz sind allerdings nicht die einzigen Politiker, die (zumindest offiziell) angeben, die Pipeline nicht nur verzögern, sondern ganz verhindern zu wollen. Auch der christdemokratische EU-Kommissionspräsidentenkandidat Manfred Weber hatte im März in einem Interview mit der Newsweek Polska verlautbart, er lehne den Bau der Gaspipeline "kategorisch ab" und werde alle denkbaren Möglichkeiten prüfen und nutzen, um ihren Bau zu blockieren, auch wenn der bei seiner möglichen Amtsübernahme bereits weit fortgeschritten sein sollte (vgl. Weber will als EU-Kommissionspräsident Nord Stream 2 blockieren).
Weber wäre allerdings nicht der erste Kandidat, der vor einer Wahl etwas in Aussicht stellt, was er nachher nicht einlöst. Auch sein Wahlversprechen, durch die Gelegenheit einer Komplettabwanderung des Europaparlaments nach Brüssel jährlich 103 Millionen Euro einzusparen, ist unrealistisch (vgl. Neue Demonstrationen nach Macrons Tote-Ecken-Ansprache).
Zudem ist unklar, ob er überhaupt EU-Kommissionspräsident wird: Den aktuellen Umfragen nach wird seine EVP-Fraktion zwar erneut stärkste Partei im Europaparlament, muss aber damit rechnen, auch gemeinsam mit den Sozialdemokraten nicht auf eine absolute Mandatsmehrheit zu kommen. Da die informelle "große" Koalition im Europaparlament in so einem Fall auf die Unterstützung der liberalen ALDE-Fraktion oder der Grünen angewiesen wäre, könnten die beiden letzteren neben inhaltlichen auch personelle Zugeständnisse verlangen (vgl. FDP: Gegen Transferunion und Uploadfilter, aber für Macron?).
Findet der Shaheen-Sanktionsentwurf im Senat eine Mehrheit, muss ihn auch das Repräsentantenhaus annehmen. Klappt auch das, kann US-Präsident Donald Trump das Gesetz entweder unterschreiben oder ein Veto dagegen einlegen. In der Vergangenheit hat er sich zwar als entschiedener Gegner der Gaspipeline geäußert (vgl. Trump macht NATO-Gipfel zum Bauerntag) - aber auch als großer Freund von "Deals", der ein Interesse daran hat, amerikanischen Firmen Handelsvorteile zu verschaffen (vgl. Flüssigerdgas: Erzwingen die USA den Abschied von der Marktwirtschaft?).
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