USA: 39 Prozent haben Schwierigkeiten mit einer 400-Dollar-Ausgabe
Bericht der Federal Reserve: Der Wirtschaftsaufschwung kommt nur langsam in der Bevölkerung an
Der US-Wirtschaft geht es laut der Meldungen der letzten Wochen ziemlich gut. Die beiden Indikatoren "Beschäftigung" und "Löhne" zeigen einen klaren Aufwärtstrend, worauf Präsident Trump und Regierungsmitglieder auch gebührend hinwiesen. Gestern wurde der Bericht der Zentralbank Federal Reserve über das "economic well-being" der Haushalte im Jahr 2018 veröffentlicht. Er liefert ein Hintergrundbild zu den wirtschaftlichen Verhältnissen.
Ein Schlüsselindikator dafür ist, wie Haushalte mit unerwarteten Ausgaben zurechtkommen. Die Federal Reserve nimmt hier eine 400-Dollar-Ausgabe als Maßstab: Knapp vier von zehn amerikanischen Erwachsenen würde dies vor Schwierigkeiten stellen, lautet ein zentrales Ergebnis ihres aktuellen Berichts. 12 Prozent würden die Ausgabe überhaupt nicht bezahlen können, 27 Prozent würden sich Geld leihen müssen oder etwas verkaufen. 61 Prozent gaben dem gegenüber an, dass sie die Ausgabe entweder mit Bargeld, Erspartem oder Kreditkarte stemmen könnten.
Diesseits des Atlantiks gehört die Maßgabe, wie Haushalte oder Personen mit unerwarteten Ausgaben zurechtkommen zum Komplex "materielle Entbehrung", oft auch mit Deprivation wiedergegeben. Sie soll anzeigen, wie wenig oder wie gut Personen oder Haushalten am allgemeinen Lebensstandard teilnehmen können. Hier spielt auch Armutsgefährdung mithinein, da unerwartete Ausgaben Personen und Familien aus der Bahn werfen können.
Allerdings ist der Schwellenwert in europäischen Ländern ein ganz anderer, weswegen Vergleiche schwierig sind. 2016 lag der angelegte Schwellenwert in der EU bei 985 Euro. Etwa 30% der deutschen Bevölkerung hätten die unerwartet anfallende Ausgaben in dieser Höhe nicht aus eigenen Finanzmitteln bestreiten können, hieß es in einem Bericht im vergangenen Jahr.
Dass 39 Prozent der US-Haushalte schon bei Ausgaben, die etwa für eine Waschmaschine anfallen können, in Schwierigkeiten geraten, ist aus deutscher Sicht ein beträchtlicher Anteil angesichts dessen, wie das Land von seiner derzeitigen politischen Spitze dargestellt wird. In den US-Publikationen gibt es zwar Seitenhiebe auf die Regierung Trump, die sich gerade in ihren wirtschaftlichen Erfolgen sonnt, aber man hält sich in der größeren Bewertung an einen anderen, naheliegenden Vergleichsrahmen, den der Vorjahre und da zeigt sich keine deutliche, herausstechende Veränderung.
Tendenziell, so die New York Times, zeigt sich im Vergleich über mehrere Jahre eine leicht positive Entwicklung. 2013 waren es nur 50 Prozent, die mit der unerwarteten Ausgabe zurechtgekommen sind. Aber, so die Zeitung, der Bericht der Federal Reserve weist an mehreren Stellen darauf hin, dass viele Amerikaner finanziell auf einer Grenzlinie manövrieren müssen.
Im Bericht der Zentralbank heißt es, dass 17 Prozent der Amerikaner ihre monatlichen Rechnungen nicht voll begleichen können, dass 20 Prozent mit unerwarteten Kosten für medizinische Behandlung aus dem Vorjahr belastet sind, die sie noch nicht bezahlen konnten und dass 25 Prozent, jeder Vierte, sich medizinische Behandlung erspart hat, weil sie oder er sich das nicht leisten konnten.
"Well-Being" sieht anders aus. Dennoch bewertet der Bericht der Federal Reserve dazu die Gesamtlage nicht schlecht. Die meisten Kennzahlen zur ökonomischen Lage der Haushalte seien ganz ähnlich wie im Vorjahr oder hätten sich gar leicht verbessert. Im, wie bereits angedeutet, Vergleich über einen Mehrjahreszeitraum würden sich substantielle Verbesserungen bei vielen Familien seit 2013 zeigen.
Aber zu lesen ist auch, dass das Wirtschaftswachstum im letzten Jahr und die deutlich reduzierte Arbeitslosigkeit nur wenig dazu beigetragen habe, ökonomische Abstände zwischen verschiedenen ethnischen Bevölkerungsgruppen, dem Ausbildungstand und der Regionen zu verkleinern. Der Bericht meldet leichte Verbesserungen bei der Gruppe der Afroamerikaner und der Bevölkerungsgruppen spanischer Herkunft.
Dem Bericht liegt die Befragung von 11.000 Amerikanern zugrunde, die im Oktober und November 2018 interviewt wurden. 75 Prozent der Befragten sagten, dass es ihnen wirtschaftlich "okay" ginge, das ist in etwa der gleiche Anteil wie im Vorjahr. Im Jahr 2013 waren es 12 Prozent weniger.