USA: Debatte über Verbot der Moslembruderschaft

Grafik: TP

In der Vergangenheit scheiterten Anläufe, die Organisation offiziell als terroristisch einzustufen

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Gestern unternahm der Texaner Ted Cruz im US Senat einen erneuten Anlauf, die Moslembruderschaft zu verbieten. Sein erster Versuch, der Muslim Brotherhood Terrorist Designation Act of 2015, scheiterte im Auswärtigen Ausschuss. Zwei Jahre vorher hatte eine Petition für solch eine Verbot die 100.000-Unterschriften-Hürde überschritten, führte jedoch nicht dazu, dass der damalige Präsident Barack Obama dem Anliegen nachgab.

Unter Obamas Vorgänger George W. Bush hatte das (inzwischen in Center for the National Interest umbenannte) Nixon Center sogar empfohlen, die (nach Ansicht des Think Tanks "diverse") Organisation als Verbündeten einzusetzen. Der Tory-Premierminister Anthony Eden hatte das über den Geheimdienst MI6 bereits in den 1950er Jahren versucht.

Moscheen und Wirtschaftsunternehmen

Ein Verbot der Moslembruderschaft in den USA hätte zur Folge, dass sich mehrere Hundert Moscheen unter ein anderes Dach begeben oder schließen müssten. Darüber hinaus wären auch Wirtschaftsunternehmen und eventuell auch Organisationen wie das Council on American Islamic Relations (CAIR), die Islamic Society of North America (ISNA) und der North American Islamic Trust (NAIT) betroffen.

Die Moslembruderschaft selbst sieht sich nicht als Terrorgruppe, sondern als Bewegung, die sich für eine weltweite Herrschaft des Islam als "Zivilisationsalternative" einsetzt. Dazu ist die Bewegung mittlerweile in über 70 Ländern aktiv. In zahlreichen davon ist sie allerdings nicht erlaubt.

Ägypten, Syrien und Saudi-Arabien

In ihrem Entstehungsland Ägypten wurden die Moslembrüder nach mehreren Terroranschlägen erstmals 1948 verboten, worauf hin sie den damaligen Premierminister Mahmoud an-Nukrashi Pascha in die Luft sprengten. Auf Gamal Abdel Nasser verübte die zwischenzeitlich wieder zugelassene Bewegung ebenfalls einen Mordanschlag, der jedoch erfolglos blieb. Das Attentat auf Anwar al-Sadat geht dagegen nicht auf ihr Konto.

Beim Sturz Mubaraks hielt sich die Organisation eher im Hintergrund, errang aber 2011 mit der von ihr gegründeten Partei al-Hurriya wa-l-ʿAdala eine relative Mehrheit im Parlament und konnte Mohammed Mursi als neuen Präsidenten installieren. Als dieser nach Massenprotesten vom Militär entmachtet wurde, versuchten seine Anhänger einen blutigen, aber erfolglosen Aufstand, der dazu führte, dass die Moslembrüder in Ägypten nicht nur erneut verboten, sondern auch als Terrororganisation eingestuft wurden (vgl. Moslembrüder halten neuen ägyptischen Präsidenten für Juden und Teil einer großen Verschwörung).

In Syrien, wo sie 1982 in Hama den Versuch unternahmen, gewaltsam die Staatsführung zu stürzen, sind sie ebenfalls verboten und unterhalten enge Verbindungen zur "Rebellengruppe" Nour-al-Din al-Zenki, die im letzten Jahr mit Videoaufnahmen von der Enthauptung eines Kindes international Aufsehen erregte (vgl. Kindsenthauptung durch "moderate Rebellen"). In Saudi-Arabien betrachtet man sie dagegen als von Katar unterstützte Konkurrenz zum eigenen Einflussstreben durch den Salafismus.

Verfassungsschutz NRW: Großteil des Gedankenguts unvereinbar mit dem Grundgesetz

In Deutschland nutzt die Gruppe dem Bundesamt für Verfassungsschutz zufolge Vereine wie die Islamische Gemeinschaft in Deutschland (IGD) für Aktivitäten in Nürnberg, Stuttgart, Frankfurt am Main, Köln, Marburg, Braunschweig und Münster. Das nordrhein-westfälische Landesamt für Verfassungsschutz stufte 2006 den "Großteil des [in der Moslembruderschaft] vertretenen ideologischen Gedankenguts" als "unvereinbar mit den im Grundgesetz [...] verankerten Prinzipien der Demokratie, des Rechtsstaates und einer auf der Menschenwürde basierenden politischen Ordnung" ein, weil ihr "absoluter" und "göttlicher" Wahrheitsanspruch und die von ihr angestrebte Ordnung "im Widerspruch zu grundlegenden demokratischen Prinzipien wie dem Meinungspluralismus und der Volkssouveränität" stehen (vgl. Moslembruderschaft dementiert Umzug nach Graz).