USA: Demokratischer Sozialismus oder rechte Barbarei?
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Bei den Vorwahlen der US-Demokraten entscheidet sich die Verlaufsform des kommenden sozioökologischen Krisenschubs
Kann der vom alten, neoliberalen Establishment kontrollierte Parteiapparat der Demokraten die sich immer deutlicher abzeichnende Linkswende in den USA nochmals torpedieren? Dies ist die zentrale Frage des gegenwärtigen Vorwahlkampfes der US-Demokraten, der inzwischen mit den ersten großen Diskussionsrunden in die heiße Phase eingetreten ist.
Den letzten großen Schlagabtausch, eine öffentliche Debatte in Detroit, konnten die linken Bewerber Bernie Sanders und Elizabeth Warren jedenfalls klar für sich entscheiden. Die Angriffe der "moderaten" Konkurrenten in der Debatte hätten vor allem den beiden linken Favoriten genutzt, bemerkte die FAZ, da diese sich in wesentlichen Fragen einig zeigten, "strukturelle Veränderungen" anstrebten und für eine "Graswurzelbewegung" (Warren) sowie eine "politische Revolution" (Sanders) plädierten.
Die Unterschiede zwischen dem rechten Flügel der Demokraten und Warren sowie Sanders seien klar hervorgetreten. Wobei die Angriffe des rechten Randes der Demokraten von Bewerbern, die "zum Teil Umfragewerte unter einem Prozent haben", es den linken Bewerbern - die mit dem Establishment-Kandidaten Jo Biden um die Nominierung kämpfen - erlaubten, "ihre Positionen noch einmal besonders deutlich zu machen", so die FAZ.
Im privatisierten, schlicht mörderischen Gesundheitssystem der USA soll eine allgemeine öffentliche Krankenversicherung eingeführt, öffentliche Universitätsbildung kostenlos, die Oligarchie der USA stärker besteuert werden. Sanders sprach sich dafür aus, den sich beschleunigenden Klimawandel "aggressiv" im Rahmen eines Green New Deal zu bekämpfen. Warren versprach, den oligarchischen Sumpf aus Korruption und Vetternwirtschaft innerhalb der Politmaschine Washingtons trocken zu legen.
Linker Debattensieg
Auf die Angriffe der rechten Mitbewerber in der Debatte, die diese sozialdemokratischen Reformen als "unrealistisch" und "radikal" brandmarkten, reagierten Sanders und Warren mit Gegenangriffen. Er sei einer demokratischen Partei müde, die "Angst vor großen Ideen" habe, so Sanders. Warren antwortete auf ähnliche Vorwürfe der "Realitätsferne" ihrer Reformvorschläge:
Ich verstehe nicht, warum sich irgendjemand die Mühe macht, als Präsident der Vereinigten Staaten zu kandidieren, um dann darüber zu reden, was wir nicht machen können und wofür wir nicht kämpfen sollten!
Elizabeth Warren
Diese Versuche, sozialdemokratische Reformpolitik als "linksradikal" zu verteufeln, sind Ausdruck der Rechtsdrift des öffentlichen Diskurses nach Dekaden neurechter Deformation in dem finsteren neoliberalen Zeitalter, das von Ronald Reagan zu Donald Trump, von Helmut Kohl zur AfD führte.
Der große Konkurrent von Sanders und Warren, die in den Umfragen nahezu gleichauf liegen, machte bei seiner Debatte gegen demokratische Mitbewerber keine so gute Figur. Der ehemalige Vizepräsident Joe Biden habe sich bemüht, seine massenmedial propagierte Rolle als Favorit einzunehmen und "möglichst souverän zu wirken", berichtete Spiegel online.
Biden, der keine größeren Veränderungen in der Sozial-, Wirtschafts- oder Klimapolitik anstrebt, habe sich diesmal besser vorbereitet als in seiner schwachen ersten Debatte, doch "wirklich stark" sei auch dieser Auftritt nicht gewesen, schlussfolgerte der Spiegel. Immerhin sei Biden nicht untergegangen.
Nichtssagende Umfragen
In den Umfragen, die sich bereits mehrfach als manipuliert zugunsten des Kandidaten des Establishments herausstellten, führt derzeit Biden mit knapp 30 Prozent vor Sanders (15 Prozent) und Warren (14,5 Prozent). Das aufstrebende linke Lager liegt somit bei den Demokraten schon jetzt gleichauf mit den alten neoliberalen Kräften.
Generell sei den Umfragen in dieser frühen Phase des Vorwahlkampfs keine große Bedeutung beizumessen, erläuterte die The New Yorker in einem Hintergrundbericht. Insider erklärten dem renommierten Magazin gegenüber, die derzeitigen Umfragen seien "fraglich".
Die derzeit lancierten Zahlen wären "lustig", aber man sollte "kein Geld darauf wetten", so ein Mitarbeiter des Umfrageinstituts Gallup. Es sei im Hinblick auf historische Erfahrungen sicherer, "gegen den derzeitigen Favoriten" zu wetten, die Trends hätten sich bei weiten noch nicht gefestigt.
Der Vorsprung von Joe Biden auf den zweitplatzierten Sanders sei aber bereits massiv geschrumpft, so die Zeitschrift. Im vergangenen April habe der ehemalige Vizepräsident noch mit "20 bis 30 Prozentpunkten" geführt, nun sei es eine "durchschnittliche Führung von 14 Prozent".
Stimmung gegen Bernie Sanders wird nicht nur von den Medienimperien der amerikanischen Rechten, sondern auch in den linksliberalen Massenmedien gemacht etwa bei MSNBC. Die Kommentatoren und Gäste des Senders schrecken inzwischen vor plumper Stimmungsmache und evidenten Unwahrheiten nicht zurück, um den Sozialisten Sanders zu diskreditieren.
MSNBC befindet sich im Besitz des Medienkonzerns NBCUniversal, der einen Jahresumsatz von 15,4 Milliarden Dollar erwirtschaftet. Die Sanders-Kampagne geht inzwischen dazu über, diese Manipulationsversuche offen zu kritisieren - was wiederum liberalen Medien als Vorwand für weitere Angriffe dient.