USA: Gottes Werk und Trumps Beitrag zum Pfad der politischen Erlösung

 Donald Trump richtet sich an Anhänger

Archivbild: Donald Trump in Saint Louis, 11. März 2016. Foto: Gino Santa Maria/Shutterstock.com

Der Kandidat zelebriert sich als Geschenk des Allmächtigen und moderner Messias: Wie Trump die evangelikale Rechte für seine Rückkehr mobilisiert.

In den Umfragen liegt Donald Trump weiterhin vor dem amtierenden Präsidenten Joe Biden. Allerdings verfügt Biden über ein Vielfaches an Wahlkampfspenden. Trumps Privatvermögen wird derzeit durch Kautionen in Gerichtsverfahren in Anspruch genommen.

Doch Donald J. Trump wäre nicht er selbst, wenn er nicht bereits Mittel und Wege gefunden hätte, die entstandenen finanziellen Lücken durch Nebeneinkünfte zu stopfen. Der Börsengang seines Social-Media-Unternehmens Truth Social war jedenfalls ein Erfolg.

Und wie Tesla gezeigt hat, muss es kein schlechtes Geschäftsmodell sein, wenn ein börsennotiertes Unternehmen ganz von einer Person abhängt.

Wahlkampfveranstaltungen wie Gottesdienste

Doch der Ex-Präsident setzt nicht nur auf die unsichtbare Hand des freien Marktes, die ihm aus der Patsche helfen soll; der republikanische Präsident hofft auch auf den Beistand Gottes, also des Protestanten. Denn Trump signiert nicht nur Bibeln, er verkauft sie auch.

Auch die Wahlkampfveranstaltungen des republikanischen Präsidentschaftskandidaten gleichen immer mehr evangelikalen Gottesdiensten, zumindest in den letzten 15 Minuten.

Tatsächlich verfallen Trumps Wahlkampfveranstaltungen am Ende seiner Reden in eine Routine, die an den Ton und Rhythmus eines protestantischen Gottesdienstes erinnert. Die religiösen Aspekte von Trumps Propaganda mögen befremdlich wirken. Aber sein Erfolg hatte von Anfang an eine besondere Beziehung zu den fundamentalistischen protestantischen Gruppen in den USA.

Die Nähe zur religiösen Rechten

Die Galionsfiguren der republikanischen Partei haben immer die Nähe zur religiösen Rechten gesucht.

George Bush Jr. verkaufte sich einst recht erfolgreich als geläuterter, wiedergeborener Christ. Donald Trump geht noch einen Schritt weiter. Wie einst Ronald Reagan kultiviert er eine religiöse Bewegung um seine Person und kreiert ein Narrativ, in dem er nicht nur der politische, sondern auch der religiöse Repräsentant seiner Anhänger ist.

Gerichtsverfahren werden aus dieser Sicht zu "Hexenjagden". Mehr noch, Trump behauptet, er werde von den staatlichen Behörden gerade deshalb ins Visier genommen, weil er sich zwischen diese "dunklen Mächte" und seine gottesfürchtigen Anhänger stelle.

Trump als Messias mit einer eigenen Bibel

Trump ist es gelungen, durch seine Wahlkampfauftritte das religiöse Fieber und die politischen Ansichten seiner Anhänger in Frömmigkeit und Demut gegenüber seiner eigenen Person umzuwandeln.

Für die evangelikale Protestbewegung wurde Trump so nach und nach von einer umstrittenen Figur zum Helden und schließlich zum Messias.

Aus europäischer Sicht mögen die Widersprüche zwischen der Person Trumps und den Werten seiner Anhänger allzu offensichtlich erscheinen: Trump war dreimal verheiratet und wurde mehrfach wegen sexueller Übergriffe und betrügerischer Geschäftspraktiken angeklagt.

Dennoch scheut sich der Ex-Reality-TV-Star nicht, auf seiner Social-Media-Plattform eine eigene Version der Bibel für 60 Dollar anzupreisen.

Die Evangelikalen in den USA sind solche Widersprüche bei ihren religiösen Führern gewohnt. Sogenannte Tele-Evangelisten sind seit jeher für betrügerische Geschäftspraktiken, falsche Vorhersagen, Rassismus und leider auch sexuelle Übergriffe bekannt.

Resultate für die evangelikalen Wähler

Doch im Gegensatz zu diesen Männern liefert Trump seinen evangelikalen Wählern tatsächlich Ergebnisse.

Durch Trumps Ernennungen von Richtern für den Obersten Gerichtshof war es der konservativen Mehrheit des Supreme Court möglich, mit einem Urteil die langjährigen gesetzlichen Richtlinien zur Abtreibungsgesetzgebung zu kippen.

Ein Geschenk Gottes

Damit ist Trump gelungen, was niemand in den USA für möglich gehalten hätte - die Uhr der stetig fortschreitenden Liberalisierung der amerikanischen Kultur, um einige Jahrzehnte zurückzudrehen. Kein Wunder, dass einige seiner Anhänger ihn für ein Geschenk Gottes halten und in seiner Kandidatur den Willen des Herrschers des Himmels und der Erde sehen.

Mit der Unterstützung einiger prominenter evangelikaler Pastoren und lokaler Pfarrer ist es Trump gelungen, sich eine loyale, ja geradezu devote Gefolgschaft aufzubauen - ein Kunststück, das heutzutage kaum einem politischen Akteur gelingt.

Zwar ist unklar, wie viele Ansichten Trump mit den Evangelikalen teilt. Aber er schätzt ihre Loyalität und unkritische Unterstützung, und für viele Evangelikale in den USA ist er die Christusfigur, die wegen ihres religiösen Aktivismus von den staatlichen Behörden verfolgt wird.

Trump und die QAnon-Bewegung

In der QAnon-Bewegung verkörpert er die sogenannten "Whiteheads", also den Teil des Deep State, der gegen die "pädophile Kabale" kämpft.

In beiden Fällen ist es also der Glaube an etwas Höheres, der die Menschen trotz aller Widersprüche an Trump glauben lässt. Er selbst wird in diesen rechten Narrativen zum Messias, der die Last der Sünden des modernen Amerika auf sich nimmt.

Die "Propheten": Trump und Biden

Für die Liberalen hingegen ist er die Verkörperung des gefallenen Amerika, der dekadente Sohn eines Slumlords, der nach einigen gescheiterten Ehen und Geschäftsversuchen und einer Fernsehkarriere nur noch den Weg in die Politik sah.

Steht Joe Biden für das ewig-gestrige Amerika, ein Amerika des Wohlstands und der Industrie, in dem Männer noch Auto fahren durften, so steht Trump für das Ende des Imperiums. Er ist für beide politischen Lager ein Prophet des nahenden Endes der US-Hegemonie, des Jüngsten Gerichts.

Nicht, dass das seine evangelikalen Anhänger stören würde. Denn die warten bekanntlich nur auf die "Rapture" und das baldige Ende dieser Welt. Die Doomsday-Philosophie des Premillenarismus mag in den USA Tradition haben und auch heute noch Anhänger finden, doch für den Rest der Welt verheißt diese Weltsicht nichts Gutes.

Denn die USA sind nach wie vor der dominierende Hegemon auf diesem Globus und damit in der Lage, ihn mit sich zu reißen.