USA: Rechte Offensive gegen Klimaschutz und Frauenrechte

Ein Protest vor dem Obersten Gericht in den USA. Der Supreme Court hat eine Reihe von Entscheidungen getroffen, die Waffenkontrolle, Abtreibungsrecht und Klimaschutz aushöhlen. Das Land wirkt zunehmend gespalten. Bild: Adam Fagen / CC BY-NC-SA 2.0

Der Oberste Gerichtshof der USA hat umstrittene Entscheidungen getroffen. Er treibt damit nicht nur die innenpolitische Polarisierung voran, sondern gefährdet auch die internationalen Klimaverhandlungen. Ein Kommentar.

Der Oberste Gerichtshof der USA fällt derzeit am Fließband Urteile, die das Rad der Geschichte zurückdrehen sollen.

Erst wurde das Recht, in der Öffentlichkeit Waffen zu tragen, gestärkt – mit den erwartbaren Folgen –, dann das Recht der Frauen gekippt, selbst über ihren Körper und das Austragen von Schwangerschaften zu entscheiden, und schließlich wurde Ende der vergangenen Woche die Möglichkeiten der zentralen Umweltschutzbehörde EPA (Environmental Protection Agency) stark beschnitten, die Treibhausgasemissionen zu regulieren.

Das könnte weitreichende, negative Folgen für die Klimaschutzpolitik in den USA haben, denn entsprechende Gesetze hängen aufgrund knapper Mehrheiten in den beiden Kammern des US-Parlaments, dem Senat und dem Repräsentantenhaus fest. Bidens groß angekündigtes Klimaschutzprogramm ist bisher wenig mehr als ein Rohrkrepierer und sein einziger Trumpf war die EPA.

Die US-Rechte ist derweil offenbar dabei, ihren Kulturkampf gegen Fortschritt aller Art auf die Spitze zu treiben. Schon befürchten US-Beobachter, die erzkonservative Richtermehrheit könnte es demnächst den Parlamenten der Bundesstaaten ermöglichen, ihren Bevölkerungen das Wahlrecht zu nehmen und in eigener Machtvollkommenheit die Vertreter des Bundesstaates ins Wahlkollegium zur Wahl des Präsidenten entsenden.

Das Ergebnis könnten schon bei der nächsten Wahl 2024 bürgerkriegsähnliche Zustände und eine starke Zunahme zentrifugaler Kräfte sein. In Texas fordern die dortigen Republikaner bereits für 2023 ein Referendum darüber, „ob der texanische Staat seinen Status als unabhängiger Staat wieder geltend machend soll“.

Texas hatte sich 1836 in einem Unabhängigkeitskrieg von Mexiko getrennt. Viele der ins Land eingedrungenen US-amerikanischen Siedler waren Sklavenhalter. Mexiko hatte jedoch die Sklaverei schon während der Befreiungskriege gegen Spanien verboten und 1829 unter seinem ersten Präsidenten afrikanischer Abstammung die letzten Sklaven befreit.

1846 ließ sich die Republik Texas – dort waren Afrikaner, deren Nachkommen sowie Indianer ausdrücklich von den Bürgerrechten ausgeschlossen – von den USA annektieren. Später schloss sich der Staat der Südstaaten-Konföderation an, die im US-amerikanischen Bürgerkrieg für den Erhalt der Sklaverei kämpfte.

Der Krieg, der Hunderttausenden das Leben kostete und auf beiden Seiten mit großer Brutalität geführt wurde, ist nun bereits mehr als 150 Jahre vorbei, doch die Wunden sind immer noch nicht ganz verheilt, wie einige meinen.

Auffällig ist die große Ähnlichkeit der Grenze zwischen roten und blauen, also zwischen den republikanisch und den demokratisch dominierten Staaten, mit der einstigen Bürgerkriegsgrenze zwischen Nord und Süd.

Einige Beobachter machen sich inzwischen große Sorgen, dass die alten Gräben zunehmend tiefer werden. Wirft man einen Blick in die US-amerikanische Presse, dann ist die Furcht vor der nächsten Präsidentschaftswahl überall zu spüren.

Die Auswirkungen dieser inneren Zerrissenheit der nordamerikanischen Supermacht werden ohne Frage weltweit zu spüren sein. Als Erstes sicherlich in den internationalen Klimaverhandlungen. Die innenpolitische Blockade der USA untergräbt die Verhandlungsposition der Biden-Regierung und wird Fortschritte weiter erschweren.

Die anderen großen Treibhausgas-Emittenten werden wenig Anlass zu weiteren Zugeständnissen haben, wenn sich die USA nicht bewegen. Und die zunehmend aggressivere Rhetorik des Westens gegenüber China wird die Zusammenarbeit in Sachen Klimaschutz sicher nicht leichter machen.