USA: Rückgang der Lebenserwartung aufgrund der Mortalität der jüngeren Menschen

Betroffen sind vor allem (schwarze) Männer, eine Ursache dürfte die im Trump-Amerika grassierende "Opioid-Epidemie" sein

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die Hinweise häufen sich, dass der seit Jahrzehnten erfolgte kontinuierliche Fortschritt beim Anstieg der Lebenserwartung seinen Höhepunkt überschritten haben könnte - und dass es ein Höchstalter geben könnte (Maximales Lebensalter von etwa 115 Jahren?). Zwar geht es bei den normalen statistischen Hochrechnungen noch immer weiter bergauf, aber die Mortalitätsraten zeigen in manchen Ländern, dass die Menschen schon jetzt durchschnittlich weniger lang leben.

Das britische Statistikamt hat jüngst aufgrund aktueller Mortalitätsraten gemeldet, dass die Lebenserwartung zwar noch steige, aber geringer als bislang projiziert worden war. Die Mortalitätsraten haben sich erhöht, die Mortalität bei den älteren Menschen habe sich kaum mehr durch medizinischen Fortschritt verbessert. Die Zukunftsaussichten seien weniger optimistisch (Antibiotika-Resistenz soll weiteren Anstieg der Lebenserwartung bremsen).

Jetzt hat das National Center for Health Statistics (NCHS) die Mortalitätszahlen für 2016 veröffentlicht. Wie schon 2015 (Ende beim Fortschritt der Lebenserwartung?) ist die projizierte Lebenserwartung für ein 2016 geborenes Kind wieder gesunken. Das hängt mit der gestiegenen Mortalität zusammen. 2016 sind mit 2,7 Millionen Menschen 31.618 mehr als 2015 gestorben. Auch ein zweimaliges Absinken der Lebenserwartung bzw. Anstieg der Todesfälle muss noch kein Trend sein, sondern kann eine Schwankung darstellen, aber zweimal in Folge legt doch nahe, dass sich etwas verändert haben könnte. Nach den Daten ist die Lebenserwartung für ein in den USA 2016 geborenes Kind auf 78,6 Jahre zurückgegangen. Das sind nur 0,1 Prozent weniger als 2015. Vor zwei Jahren ist die Lebenserwartung bereits um 0,1 Prozent zurückgegangen.

Die Frage ist, ob der Höhepunkt des Anstiegs der Lebenserwartung überschritten wurde oder ob es bestimmte Ursachen im Land gibt, die - vielleicht vorübergehend - dazu führen, dass mehr Menschen früher sterben. Die Zahlen weisen darauf hin, dass sich problematische Entwicklungen bei den jüngeren Menschen zeigen, bei denen die altersspezifischen Mortalitätsraten 2015 und 2016 angestiegen sind, während sie bei den älteren Menschen über 65 Jahren abnahmen. Bei den 25-34-Jährigen stieg die altersbezogene Mortalitätsrate am stärksten, nämlich um 10,5 Prozent, auch die der 15-24-Jährigen stieg um 7,8 Prozent und die der 35-44-Jährigen um 6.7 Prozent.

Auffällig ist auch, dass die sinkende Lebenserwartung die Männer stärker betrifft, 2016 ging sie nur bei den Männern um 0,2 Prozent zurück, während sie bei den Frauen konstant blieb. Das heißt, dass der Unterschied zwischen Männern und Frauen zunimmt. Dabei geht der Anstieg der Mortalitätsrate praktisch auf die schwarzen Männer zurück, die auch öfter Opfer von Gewalt und Drogenmissbrauch werden.

Bei sieben der häufigsten Todesarten (Herzerkrankungen, Krebs, Erkrankungen der unteren Atemwege, Herzinfarkt, Diabetes, Grippe und Lungenentzündung, Nierenversagen) ging die Mortalität leicht zurück, während sie vor allem bei unbeabsichtigten Verletzungen oder Unfällen um 9,7 Prozent, bei Alzheimer um 3,1 Prozent und beim Selbstmord um 1,5 Prozent anstiegen.

Zu den unbeabsichtigten Verletzungen, die zum Tod führen, gehören u.a. eine Überdosis von Drogen, wenn dies nicht geschieht, um sich selbst zu töten. Sie stieg um 21 Prozent an, nimmt aber schon geraume Zeit zu, seit 1999 um jährlich 10 Prozent, seit 2014 um 18 Prozent. Das dürfte darauf hindeuten, dass zumindest eine der Ursachen die in den USA grassierende "Opioid-Epidemie" ist, die auch Donald Trump im Oktober als "Gesundheitsnotstand" einstufen musste (Bekämpfung der "Opioid-Epidemie" in den USA: "Ein gewinnbarer Krieg"). Mehr als 63.600 Menschen sind 2016 wegen Opioid-Missbrauchs gestorben. Hier stiegen die Todesraten durch eine Überdosis seit 1999 um 18 Prozent jährlich an, um ab 2013 mit einem jährlichen Zuwachs von 88 Prozent zu explodieren.

Die höchsten Todesraten wegen Überdosierung gibt es in den Altersgruppe der 25-54-Jährigen, also bei denjenigen, die im besten arbeitsfähigen Alter sind. Betroffen sind vor allem Männer, von denen 26.2 von 100.000 im Jahr 2016 an Opioid-Missbrauch starben, während es bei den Frauen mit 13,4 "nur" die Hälfte waren.

Auch hier wird deutlich, dass es vor allem die Schwarzen betrifft. Bei ihnen stieg von 2015-2016 die Zahl der Drogentoten in den Städten überproportional um 41 Prozent, bei den Weißen um 19 Prozent. Zuvor war man davon ausgegangen, dass der Opioid-Missbrauch bei weißen Männern, vor allem bei den abgehängten Trump-Wählern, am meisten verbreitet ist. Offenbar spielen zunehmend nicht nur künstliche Opioide wie Fentanyl eine Rolle, sondern auch Drogen, bei denen etwa Fentanyl mit Kokain gemischt wird, was offenbar vor allem Schwarze mit mitunter tödlichem Ausgang konsumieren.