USA bauen weltweit größtes Konsulat in Erbil
Der Einfluss der USA im Irak schwindet, der Islamische Staat ist keineswegs besiegt
Nach dem Krieg gegen das Hussein-Regime waren die USA trotz des hohen Widerstands sunnitischer Kämpfer und Terroristen, unterstützt durch zahlreiche Polizisten, Militärs und Geheimdienstmitarbeiter des Hussein-Regimes, die zur Säuberung entlassen wurden, offenbar sicher, eine zentrale Rolle im Irak spielen zu können. Ausdruck dafür war der Bau der bislang weltweit größten und teuersten US-Botschaft in Bagdad - auch "Palast von George W." genannt - , wenn auch in der hoch gesicherten Green Zone. Begonnen wurde damit bereits 2004, nach der optimistischen Siegeserklärung von Bush. Die Bush-Regierung hatte 1,3 Milliarden US-Dollar für die Festungsanlage auf einem Gelände von über 40 Hektar oder 400.000 Quadratmeter in der Festung vorgesehen, der Kongress strich die Hälfte davon weg, aber die Kosten stiegen dann doch auf mindestens 750 Millionen an.
Auf dem Höhepunkt des US-Engagements im Irak, kurz vor dem Abzug der US-Kampftruppen 2011, sollen sich bis zu 16.000 Angestellte in dem Komplex aufgehalten haben, der als amerikanische Insel in einer gated community mit Hochsicherheitszugängen und 38 Gebäuden mit bis zu 3 Meter dicken Wänden dargestellt wird: zwei große Bürogebäude, sechs bombengeschützte Wohngebäude mit jeweils 100 Wohnungen, eine Shopping Mall, ein Schwimmbad, eine Turnhalle, ein Fußballfeld und Tennisplätze - mit vielen Sicherheitsvorkehrungen und natürlich rundum mit schusssicherem Glas, was man also so braucht, um sich in einer Blase am Leben und fit zu halten. Um unabhängig von außen zu sein, gibt es eine eigene Stromerzeugungsanlage, eigene Brunnen und Abwassersysteme (Die Mega-Botschaft im Feindesland). Jetzt sollen 5.500 Menschen in der Botschaft arbeiten. Für das Haushaltsjahr 2012 waren mehr als 3 Milliarden US-Dollar als Betriebskosten im Budget angesetzt worden.
Zwar sind die Amerikaner im Kampf gegen den Islamischen Staat auch mit dem Militär wieder in den Irak zurückgekehrt, aber nicht nur die schiitischen Milizen, sondern auch die mit dem Iran verbundenen Politiker und Teile der schiitischen Bevölkerungsmehrheit wollen die Amerikaner nach der Befreiung von Mosul nicht länger im Land haben. Letztes Jahr forderte das Parlament von der irakischen Regierung einen Zeitplan für den Abzug der ausländischen Truppen, insbesondere der amerikanischen. Irakische Menschenrechtsgruppen und Parteien wollen die USA wegen der Tötung von Hunderten von Zivilisten im Kampf gegen den IS anklagen.
Signal für die Kurden
Nach Medieninformationen wollen die USA neben den Stützpunkten Habbaniya bei Ramadi und Ain al-Assad bei al-Baghdadi in der Provinz Anbar noch einen dritten Stützpunkt an der syrischen Grenze am Euphrat einrichten. Überdies gibt es amerikanische Stützpunkte in Balad (Salahuddin), in Qayyara bei Mosul und in Erbil.
In Erbil, der Hauptstadt der Autonomen Region Kurdistan, die schon lange ein Partner der USA ist und bislang wesentlich sicherer ist als vor allem die sunnitischen Teile des Irak, wird die Präsenz wahrscheinlich in Kompensation zu Bagdad und im Hinblick auf das von den syrischen Kurden kontrollierte Gebiet in Syrien verstärkt. Das dokumentiert der Neubau des Generalkonsulats in Erbil - das weltweit größte US-Konsulat - auf einer Grundfläche von 200.000 Quadratmetern, eingeschlossen von einer Mauer und durch Marines geschützt, während das Konsulat in Basra möglicherweise geschlossen wird. Bewilligt wurden vom US-Außenministerium im Juni 2018 über 400 Millionen US-Dollar, die Gesamtkosten sollen 600 Millionen US-Dollar sein.
US-Botschafter Siliman versicherte, der Bau zeige, dass die USA weiter zu den Kurden stehe. Auch wenn die Beziehungen zur Zentralregierung sich verschlechtern sollten - es scheint sich eine neue Regierungskoalition herauszuschälen, in der sich die Nasr-Partei von al-Abadi mit der Sairoon-Koalition von Muktatda as-Sadr und der al-Wataniya-Koalition von Allawi zusammenfinden -, sichert eine Präsenz in Erbil das amerikanische Standbein im Irak. Noch völlig unklar ist, wie sich der Irak unter der alten oder einer neuen Zentralregierung zu den amerikanischen Sanktionen gegen den Iran verhalten wird. Man werde die Sanktionen hinnehmen, sagte al-Abadi, aber sie nicht unterstützen.
Der Islamische Staat ist weder in Syrien noch im Irak besiegt
Die Lage im Irak spitzt sich wieder zu, nachdem der Islamische Staat vor allem in Diyala, Kirkuk und Salahuddin verstärkt aus dem Untergrund heraus zuschlägt, Überfälle und Entführungen ausführt. Angeblich soll auch IS-Führer al-Baghdadi wieder in den Irak gekommen sein, während einer seiner Söhne nach Amaq in Homs, Syrien, getötet wurde. Aber es wird auch einmal wieder das Gerücht verbreitet, al-Baghdadi sei bereits tot, die irakische Luftwaffe habe ihn im Juni bei einem Angriff in Syrien getötet. Die US-Botschaft hat eine Warnung veröffentlicht, die Green Zone und das Konsulat in Basra nicht zu verlassen. Der IS und schiitische Milizen drohen mit Angriffen.
Offenbar lebt auch noch Izzat Ibrahim Al-Douri, der ehemalige Generalsekretär der irakischen Baath-Partei, Militärkommandeur und Stellvertreter Saddam Husseins, soll mit den Widerstand gegen die USA organisiert haben und auch mit Baath-Milizen dem IS zusammengearbeitet haben. Es war vermutet worden, dass der IS ohne die Hilfe der Anhänger Husseins nicht hätte so stark werden können. Am 8. August verurteilte Al-Douri den Iran und die USA. Der Irak habe zuvor die arabische Welt vor dem Iran geschützt, bis die USA mit ihrer Invasion den "modernen zivilen Staat" der Baath-Partei zerstörten.
Nach einem Pentagon-Bericht an den Kongress soll es im Irak weiter um die 17.000 IS-Kämpfer geben, die vor allem an der grünen Grenze zwischen Kurdistan und dem von der Zentralregierung gehaltenen Gebiet aktiv seien. Es gibt mehr als zwei Millionen Binnenflüchtlinge, für den Wiederaufbau ist nicht genug Geld vorhanden. Auch in Syrien ist der IS nicht verschwunden. Er kontrolliere 5 Prozent des Territoriums und verfüge über mehr als 14.000 Kämpfer, davon bis zu 6000 im Nordosten Syriens. Deutlich mehr also, als die 1000-2000 IS-Kämpfer von denen das Pentagon vorher gesprochen hat. Vor allem in der Region um Abu Kamal an der Grenze zum Irak, aber auch um Al-Tanf finden Kämpfe zwischen den von den USA unterstützten SDF/YPG-Milizen und dem IS statt.
Mit der Türkei hat sich Washington geeinigt, dass sich der SDF aus Manbidsch östlich des Euphrat zurückzieht. Da die Kurden sich daher nicht ganz auf die Unterstützung der USA mehr verlassen können, würden sie - vielleicht von amerikanischer Seite gewünscht - in Verhandlungen mit der syrischen Regierung eintreten. Aber mit der Zuspitzung des Konflikts zwischen Trump und Erdogan ist hier alles möglich.
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