USA und 14 EU-Staaten weisen russische Diplomaten außer Landes
Washington und Teile der EU setzen weiter auf Konfrontation, Deutschland "solidarisiert" sich und weist vier russische Diplomaten aus
Die USA nutzen jetzt, vielleicht dank des neuen Sicherheitsberaters und Scharfmachers John Bolton, auch den Skripal-Fall zu einer Verschärfung des Konflikts mit Russland. US-Präsident Donald Trump, dem man wohl keine Freundschaft mehr mit Wladimir Putin nachsagen soll, ordnete die Ausweisung von 60 russischen Diplomaten und die Schließung des russischen Konsulats in Seattle an.
Möglicherweise eignet sich die nahende Fußballweltmeisterschaft in Russland auch als Zeitpunkt für solche Aktionen, um ihnen höhere Aufmerksamkeit zukommen zu lassen und um die transatlantische Einheit zusammenzuschweißen, die mit Amtsantritt von Trump erst einmal erschüttert wurde. Ein gemeinsamer Feind macht alles anders. Der Eindruck verdichtet sich, dass die Politik Schritt für Schritt auf einen Konflikt zusteuert (Anschlag auf Skripal und der Wille zur Eskalation des Konflikts mit Russland).
Auch Washington will das Ergebnis der offiziellen Untersuchung der OCPW nicht abwarten, sondern schießt auf Verdacht oder in Kenntnis bislang nicht veröffentlichter Beweise. Gerade erst hatte sich Trump wieder über Twitter beklagt, weil es angeblich so viele Fake News gebe: "So much Fake News. Never been more voluminous or more inaccurate. But through it all, our country is doing great!" Bekanntlich ist Trump selbst kein Verächter von Fake News, wenn sie von ihm ausgehen.
Eine Erklärung des Pressesprechers macht klar, dass es sich um eine konzertierte Aktion mit den Nato-Verbündeten und Partnern" handelt. Explizit wird nicht einmal mehr von einem Verdacht gesprochen, sondern von einem "Einsatz Russlands einer militärischen Chemiewaffe auf dem Gebiet Großbritanniens als den letzten Vorfall einer andauernden Muster destabilisierender Aktivitäten auf der ganzen Welt". Mit dem Schritt wolle die US-Regierung es den Russen erschweren, Amerikaner auszuspionieren und verdeckte Operationen auszuführen. Russland werde klar gemacht, "dass seine Aktionen Konsequenzen haben".
Aus Brüssel meldete sich eilig im Anschluss Donald Tusk, der Präsident des Europäischen Rats, und kündigte über Twitter an, dass sich 14 EU-Mitgliedsstaaten heute entschieden hätten, russische Diplomaten wegen des Salisbury-Anschlags auszuweisen. Es seien weitere Maßnahmen und Ausweisungen in den kommenden Tagen zu erwarten.
Regierungssprecher Steffen Seibert twitterte Minuten später als Tusk, dass Deutschland vier russische Diplomaten ausweisen wird. In einer Erklärung der Bundesregierung heißt es, man sei erschüttert, weil erstmals seit Ende des Zweiten Weltkriegs "mitten in Europa ein chemischer Kampfstoff eingesetzt" wurde. Man habe die Entscheidung "nicht leichtertig" getroffen: "Aber die Fakten und Indizien weisen nach Russland." Vorgeworfen wird der russischen Regierung, sie habe keine der offenen Fragen beantwortet und keine Bereitschaft gezeigt, bei der Aufklärung konstruktiv mitzuwirken.
Das wird man in Moskau anders sehen, wo man sich darüber beschwert, von London bislang trotz Aufforderung noch keine Probe des Giftstoffs erhalten zu haben, um eigene Nachfroschungen betreiben zu können. Wenn Seibert von "offenen Fragen" spricht, macht er damit selbst deutlich, dass die Schuldfrage wohl nicht wirklich aufgeklärt ist. Unklar bleibt auch, was der Satz, dass Fakten und Indizien nach Russland weisen, genauer bedeuten soll. Wird dem Kreml oder gar Putin selbst eine Verantwortung zugeschoben? Oder irgendwelchen Banden in Russland? Bekannt ist, dass schon in den 1990er Jahren militärische Chemiewaffensubstanzen, die man Nowitschok (Mythos Nowitschok?) zurechnet, aus den Labors entwendet und zu verbrecherischen Zwecken angewendet wurde.
Neben Deutschland sind u.a. Frankreich, Polen, Dänemark, die Niederlande, Italien, die Tschechische Republik, Estland, Lettland, Litauen und Finnland mit dabei. Wenig verwunderlich schloss sich auch die Ukraine an.