USA wollen Dollargeschäfte mit Iran verbieten

Einer der Streitpunkte: Das iranische Raketenprogramm. Auf dem Bild: Zelzal-3-Rakete bei einem Manöver der iranischen Revolutionswächter. Foto: Mohammad Sadegh Heydari / CC BY 4.0

Sanktionen gegen die Revolutionären Garden, Androhung der Ausweitung der Sanktionen, israelische Luftangriffe auf Syrien: Der Druck auf Iran wird wirtschaftlich und militärisch stark erhöht

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Die AFP übermittelte gestern aus dem Weißen Haus, dass man dort von Iran erwarte, dass sich das Land weiter an Verpflichtungen hält, die im Rahmen der Atomvereinbarung ausgemacht wurden. "Wir erwarten, dass Iran weiterhin das Zusatzprotokoll (Additional Protocol) umsetzt und mit der IAEA kooperiert, ganz gleich, ob das JCPOA gültig bleibt", zitiert die Nachrichtenagentur einen ungenannten hochrangigen amerikanischen Regierungsvertreter. Ein zweiter US-Offizieller habe bestätigt, dass Washington auf die Fortführung der Inspektionen bestehe, heißt es weiter.

Im Fact-Sheet des Center for Arms Control and Non-Proliferation zum Zusatzprotokoll ist vermerkt, dass die Inspektoren den Zugang zu iranischen Anlagen "ohne den Deal" verlieren würden. (Dass sich Iran dennoch weiterhin an bestimmte Auflagen halten muss, geht aus dem Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen hervor, den Iran unterzeichnet hat.)

Man werde die IAEA-Inspektoren weiter dafür bezahlen, dass sie in Iran Überprüfungen durchführen, bekräftigte gestern ein US-Vertreter bei der Internationalen Atomenergie-Organisation in Wien. Der Meldung des australischen TV-Senders SBS zufolge, sind Mitglieder der IAEA "rund um die Uhr in Iran präsent". Die USA steuern den SBS-Informationen zufolge etwa ein Viertel des IAEA-Budgets von 9,2 Millionen Euro jährlich bei und haben seit der Atomvereinbarung mit Iran im Jahr 2015 zusätzlich 3 Millionen Euro jährlich für Inspektionen bezahlt.

Die Vereinbarung aufkündigen, aber Verpflichtungen belassen?

Welche Verbindlichkeiten die Atomvereinbarung (JCPOA) mit Iran nach der Ankündigung des Ausstiegs durch US-Präsident Trump noch hat, ist vage und hängt schließlich vom politischen Willen der Akteure ab. China, Russland, Frankreich, Großbritannien und Deutschland hatten Erklärungen abgegeben, wonach sie gewillt sind, an der Vereinbarung festzuhalten.

Die Frage ist, ob 4+1 genügen, um die 5+1-Abmachung am Leben zu erhalten? Aus Iran war bereits vor der Erklärung Trumps von Außenminister Javad Zarif zu hören, dass die Vereinbarung ohne die USA keinen großen Wert mehr hat für sein Land. Es ist wahrscheinlich, dass Iran den IAEA-Inspektoren nicht mehr den Zutritt gewährt wie bei der Vereinbarung ausgemacht.

"Inakzeptable Sanktionen" - Frankreich muckt auf

Der französische Außenminister Le Drian sprach sich gestern noch einmal gegen die Sanktionen aus, mit denen die USA auch Unternehmen in EU-Länder bedrohen, die Geschäfte mit Iran machen. Das sei "völlig inakzeptabel", so Le Drian.

Offen ist, welches realpolitisches Gewicht Drians lautes Nachdenken darüber hat, nun "Maßnahmen zu ergreifen, welche die Interessen unserer Unternehmen vertreten". Man wolle mit Washington verhandeln ...

Was aber können Frankreich und Deutschland dort bei Verhandlungen erreichen, in denen die amerikanischen Interessen ganz woanders liegen? Beim Streit über Strafzölle sind Macron und Merkel mit heißer Luft aus Washington zurückgekommen.

Beim Streit über die Atomvereinbarung sieht es ganz danach aus, dass Frankreich und Deutschland Farbe gegen die USA bekennen müssten. Dass sie nicht nur Kritik an der einseitigen Aufkündigung üben, wie Drian und auch Merkel ("Schwerer Schaden") und Maas das gerade machen, sondern politischen Mut für Regelungen aufbringen, die europäische Unternehmen gegen Sanktionen schützen, wenn sie Geschäfte mit Iran machen.

Es sei denn, Trump würde tatsächlich vor allem die Absicht verfolgen, einen "besseren Deal" mit Iran zu machen. Dann passen die Verhaltensweisen von Merkel und Macron sehr gut ins Konzept, da sie den Druck auf Iran verstärken, sich auf Nachverhandlungen des JCPOA einzulassen.

Beim Besuch Macrons in Washington deutete Trump an, ohne sich allerdings festzulegen, dass Nachverhandlungen zum JCPOA seine Unterstützung haben. Macron sprach sich bereits bei seinem Besuch für Ergänzungen der Vereinbarung aus, Merkel zog nach.

Nicht wegen des Atomprogramms, sondern wegen der iranischen Präsenz

Beide wollten trotz aller verbalen Kritik an den USA keinen Affront mit den USA für eine Haltung riskieren, die sich voll und ganz hinter die Vereinbarung stellt (siehe: Bloß die USA nicht verärgern). Die beiden europäischen Regierungschefs lösen die Vereinbarung, an der sie doch festhalten wollen, auf ihre Weise auf, indem sie wesentliche Forderungen der Trump-Administration übernehmen: Nachverhandlungen bei den Raketen sowie zusätzlich Verhandlungen "über die Rolle des Iran in der Region, etwa in Syrien und dem Irak" (Merkel).

Im Mitelpunkt des neuen JCPOA würde also nicht mehr so sehr das Atomprogramm stehen, sondern die Präsenz Irans in der Region. Macron hatte das neue zentrale Thema von Verhandlungen mit Iran bereits in Washington angesprochen - im Zusammenhang mit dem "neuen Syrien".

Schaut man sich die zustimmenden Erklärungen der Golfstaaten zu Trumps JCPOA-Ausstieg an, so fällt auf, dass in den Statements der Vereinigten Arabischen Emiraten, von Saudi-Arabien und Bahrein das Wort "malicious" nun nicht mehr allein mit Waffenprogrammen verbunden wird, sondern an die Präsenz Irans, dessen Expansion und die regionalen Pläne.

Die Nachverhandlungen zur "Atomvereinbarung" hätten nun neben den Regulierungen für das Raketenprogramm Irans, auch Spielregeln für die Präsenz Irans in der Region zum Ziel. Iran weigert sich bisher, sich darauf einzulassen.

"Totales Verbot von Geschäften mit der iranischen Zentralbank"

Der Druck wird erhöht. Die neuen Sanktionen, die das US-Schatzamt gestern gegen die Gruppen und einzelne Personen der Revolutionären Garden (namentlich al-Quds-Kräfte) aussprach, sind, wie Finanzminister Mnuchin erklärte der Auftakt zu Größerem: "Wir wollen die Revolutionären Garden von Finanzströmen abschneiden, wo immer deren Quellen sind und wo immer sie hinströmen."

Den Personen und Gruppen wird vom US-Schatzamt - und den Vereinigten Arabischen Emiraten, die in der Sache mit dem amerikanischen Finanzministerium zusammenarbeiten, vorgeworfen, dass sie illegale Währungsgeschäfte betrieben haben, die mit der Bezahlung von iranischen Proxiegruppen in Verbindung stehen. Bezahlt werden die iranischen Proxy-Milizen in Syrien über Dollar, der Zufluss soll möglichst stark gestört werden, so die Strategie des US-Finanzamts.

Im Fokus künftiger Maßnahmen steht die iranische Zentralbank. Laut Wall Street Journal plant die US-Administration ein "totales Verbot von Geschäften mit der iranischen Zentralbank und Dollar-Transaktionen" in den nächsten Monaten.

Zitiert wird Sigal Mandelker von der Abteilung terrorism and financial intelligence des US-Finanzministeriums mit der Feststellung, dass die iranische Zentralbank mit den al-Quds-Kräften der Revolutionären Garden eng verbunden sei und dass man diese Netzwerke mit aller Macht zerstören werde.

Würde jemand mit diesen Entitäten Geschäfte machen, werde es die sogenannten "secondary sanctions" geben, die bei Handlungen ausgesprochen werden, die mit jenen Entitäten zu tun haben, die auf den US-Listen stehen. Sanktionen in Höhe von zweistelligen Milliardensummen, die gegen Banken vor der Atom-Vereinbarung mit Iran im Jahr 2015 verhängt wurden, untermauern Mandelkers Drohung: "Sie können davon ausgehen, dass wir dies sehr ernstnehmen".

Ab August dieses Jahres soll die Nutzung von US-Dollar durch Iran verboten werden, so Mandelker. "Alle ausländischen Finanzinstitute und Regierungen auf der ganzen Welt sollten auf höchster Alarmstufe sein, um sicherzustellen, dass sie das Muster und die Praktiken dieser Netzwerke kennen, um an US-Dollar heranzukommen."

Wie auch beim begleitenden militärischen Vorgehen Israels in Syrien (siehe Israel hat angeblich "praktisch" die gesamte iranische Militärinfrastruktur in Syrien zerstört), wo Stellungen der Revolutionären Garden als Ziel angegeben wurden (was von einem Journalisten vor Ort von der israelischen Darstellung in einigen Punkten abweichend geschildert wird), stellen sich Fragen danach, wie eine mögliche Eskalation in Grenzen gehalten werden soll - und wie es um die Lage-Einschätzungen der Regierungen Trump und Netanjahu ernsthaft bestellt ist.

Wie ist ihre augenscheinliche Überzeugung begründet, dass Iran weder militärisch noch wirtschaftlich oder politisch in der Lage ist, der neuen Konfrontationswelle etwas entgegenzusetzen, das zu gleichermaßen unangenehmen Konsequenzen für das andere Lager führt?