Übergewinnsteuer – eine Bedingung des sozialen Friedens in Deutschland?

Seite 3: Vorbilder in Europa

In manchen europäischen Ländern gibt es bereits eine Übergewinnsteuer, Telepolis hatte Anfang Juni schon darüber berichtet. In Griechenland und Rumänien hat man die Steuer auf Stromproduzenten beschränkt. Anders in Italien und Großbritannien.

Bei allen Unternehmen, die etwa in Italien Strom, Erdgas und Erdölprodukte verkaufen, werden die Mehrgewinne besteuert, die von Anfang Oktober 2021 bis Ende April 2022 gegenüber dem Vorjahreszeitraum entstanden sind. Alle Mehrgewinne von über fünf Millionen Euro müssen demnach versteuert werden.

In Großbritannien hat man es sich vereinfacht: Was "Übergewinne" sind, hat man dort gar nicht erst versucht zu definieren. Das britische Schatzamt hat stattdessen pauschal eine zusätzliche Steuer in Höhe von 25 Prozent erhoben. Der Steuersatz, den Öl- und Gasproduzenten dort zu entrichten haben, stieg damit von 40 auf 65 Prozent.

Im Vergleich mit dem britischen Modell scheint das italienische weniger gut zu funktionieren. Wie das Handelsblatt nun berichtete, gibt es in Italien bei den ersten fälligen Zahlungen Probleme. Die Unternehmen hätten sich geweigert, die Steuer abzuführen.

Doch das sollte kein Argument dafür sein, die Debatte nicht zu führen. Wenn auch die britische Regierung das Problem hinter den Extraprofiten erkennt, dann sollte das auch für die deutsche Regierung möglich sein, insbesondere für die Liberalen.

Der ehemalige britische Schatzkanzler Rishi Sunak hatte die Steuer im Londoner Parlament mit den Worten begründet: "Der Öl- und Gassektor erzielt außergewöhnliche Gewinne, und das nicht durch Risikobereitschaft oder Innovation oder Effizienz, sondern als Ergebnis der steigenden globalen Rohstoffpreise, die teilweise durch den Krieg in Russland in die Höhe getrieben wurden".

Und auch der scheidende britische Premierminister Boris Johnson hatte sich gegen die Steuer gesträubt und die Position vertreten, Energiekonzerne würden einen Teil ihrer Investitionen zurückfahren, wenn sie mit einer Sondersteuer belegt würden. Doch BP-Chef Bernard Looney widersprach und erklärte, man halte an den Investitionen fest – mit oder ohne Sondersteuer.

Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags legt zudem auch nahe, dass es rechtlich möglich sei, eine "Übergewinnsteuer" in Deutschland einzuführen. Man hatte geprüft, ob das italienische Modell als Vorbild infrage käme.

In dem Papier heißt es, der Staat müsse darlege, dass betroffene Unternehmen "unverdiente Gewinne" erzielt hätten und wie sich bestimmen ließen. "Angesichts der offenkundigen aktuellen Entwicklungen auf den Energiemärkten scheint dies nicht ausgeschlossen", heißt es in dem Papier.

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