Überlegungen zu moralischen und unmoralischen Maschinen
Seite 4: Die Zukunft der Maschinenethik
- Überlegungen zu moralischen und unmoralischen Maschinen
- Maschinelle Moral
- Moralische und unmoralische Maschinen
- Die Zukunft der Maschinenethik
- Literatur
- Auf einer Seite lesen
Ein grundsätzlicher Einwand gegen die Maschinenethik könnte von anderer Seite kommen. Man könnte beanstanden, dass überhaupt Moral auf Maschinen transferiert oder diesen beigebracht wird, eine solche herauszubilden. Menschen sollen, so der Gedankengang, Verantwortung tragen, und nur sie können sie tragen. Wenn man Moral auf Maschinen verschiebt, entzieht man sich gemäß dieser Position der Primär- und Sekundärverantwortung.
Zwar kann man den Programmierer, den Robotiker, den Manager etc. zur Rede (und vielleicht auch, was die Tertiärverantwortung ins Spiel bringt, vor Gericht) stellen, aber wie erörtert, führen die Maschinen ein gewisses Eigenleben, und es ist schwer vorauszusagen, wie sich ihre moralischen Entscheidungen im konkreten Fall auswirken. Wenn es selbstständig lernende Maschinen sind, ist es nicht leicht, ihre Entscheidungen vorauszusagen, was seit Jahren von KI-Experten und Robotikern thematisiert wird.
Ich persönlich schätze es, wenn Maschinen für mich, z.B. in meinem Haushalt oder in meinem Schrebergarten, moralische Entscheidungen treffen, die ich auch treffen würde. Sie sind in dieser Konstellation meine Stellvertreter, und mein moralisch gutes Handeln wird durch maschinelle Hilfe einfach vermehrt (bzw. in meiner Abwesenheit ermöglicht). Genau solchen Maschinen widme ich mich in meiner Arbeit, mit Fokus auf die Vermeidung von Tierleid, Bentham und Schopenhauer zitierend, und ich konzipiere tierfreundliche Saugroboter und Fahrerassistenzsysteme (Bendel 2016).
Allerdings wird es in der Tat schwierig, wenn wir diese geschützten Räume verlassen und in offene Welten hinausgehen bzw. nicht auf wenige Aufgaben und Situationen einschränken. Ich habe schon betont, dass die moralischen Entscheidungen unpassend sein können, dass sie zeitlich und räumlich versetzt und womöglich inhaltlich unangemessen sind. Dazu kommt das Problem, für wen man Repräsentant in offenen Welten ist. Für den Programmierer, den Robotiker, den Manager, oder den Besitzer, den Betreiber?
In einer Diskussion mit Studierenden haben diese behauptet, sie wären ganz froh, wenn ihnen im Straßenverkehr existenzielle Entscheidungen, etwa über Leben und Tod von Menschen, abgenommen würden. Das ist verständlich, aber genau davor würde ich warnen. Solche Entscheidungen sind unser Schicksal. Nehmen wir es in die Hand und überlassen wir es nicht den Maschinen.