Ukraine-Krieg: Atomkraftwerke im Fadenkreuz – ein gefährliches Spiel
Seite 2: Atomkraft: Riskante Schlüsse
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Zwar haben die russischen Truppen das Atomkraftwerk Saporischschja erobert und Energieverteilungseinrichtungen in der Nähe von Atomkraftwerken angegriffen, doch die verbliebenen Atomkraftwerke der Ukraine blieben von direkten Attacken verschont.
Der Grund dafür ist offensichtlich: Jeder Angriff auf ein Atomkraftwerk birgt das enorme Risiko einer nuklearen Katastrophe, vergleichbar mit dem Super-GAU von Tschernobyl 1986, die weite Teile der Ukraine radioaktiv verseuchen könnte. Paradoxerweise liegt in der Verletzlichkeit dieser Anlagen also auch ihr größter Schutz.
Während es den russischen Streitkräften gelungen ist, große Teile der konventionellen Energieerzeugung der Ukraine für Monate oder Jahre lahmzulegen oder sogar vollständig zu zerstören, produzieren die ukrainischen Atomkraftwerke weiterhin Strom – eine Situation, die beinahe absurd anmutet.
Die ukrainische Führung scheint aus dieser Lage Schlüsse gezogen zu haben, wenn auch riskante. Sie plant den Bau von zwei neuen US-Atomreaktoren als Erweiterung des bestehenden Atomkraftwerkes Chmelnyzkyj im Westen des Landes.
Laut der ukrainischen Publikation Kyiv Post wurde mit dem Bau bereits im April begonnen. Das Projekt soll fünf Jahre dauern und Kosten von 5 Milliarden Dollar verursachen, die teilweise durch die staatliche US-Bank "Exim" finanziert werden.
Ziel von Angriffen
Es bleibt fraglich, ob die Ukraine tatsächlich in der Lage sein wird, das geplante Kraftwerk fertigzustellen. Einerseits droht der militärische Kollaps der verbleibenden ukrainischen Gebiete, andererseits könnte Russland trotz der damit verbundenen Risiken einen Angriff auf die Atomkraftwerk-Baustelle erwägen, bevor nukleares Material eingeführt wird.
Ein fortgeschrittener Bauzustand würde sich für einen solchen Angriff besonders anbieten. Die Geschichte kennt bereits einen Präzedenzfall, bei dem ein Atomkraftwerk durch gewaltsame Angriffe erfolgreich verhindert wurde.
In Spanien zündete die ETA dreimal Bomben auf und in dem Gebäude des noch nicht fertiggestellten Atomkraftwerks Lemóniz im Baskenland. Nach dem dritten Anschlag wurden die Bauarbeiten endgültig eingestellt, und das Kraftwerk wurde nie vollendet.
Schlussfolgerung: Dezentrale und erneuerbare Energieversorgung
Atomkraft stellt ein unabsehbares Risiko dar, auch und gerade in Kriegszeiten. Die Möglichkeit von Angriffen auf Atomkraftwerke bietet eine zynische Option zur massiven Eskalation von Konflikten, und das unterhalb der Schwelle des Einsatzes von taktischen Atomwaffen.
Zudem führt der Ukrainekrieg eindrücklich vor Augen, wie verwundbar eine zentralisierte Energieerzeugung ist. Es ist zu erwarten, dass der bevorstehende Winter angesichts der weitgehend zerstörten Energieinfrastruktur einen entscheidenden Wendepunkt zu Ungunsten der Ukraine in diesem seit 2022 andauernden Konflikt markieren wird.
Als Konsequenz dieser Erkenntnisse lässt sich schlussfolgern, dass eine wirklich risikoarme, umweltfreundliche und unter militärstrategischen Gesichtspunkten sinnvolle Stromversorgung nur dezentral und auf Basis erneuerbarer Energien realisiert werden kann.
Diese Schlussfolgerung unterstreicht die Notwendigkeit, die Energiepolitik neu zu überdenken und resilientere Strukturen zu schaffen, die auch in Krisenzeiten eine stabile Versorgung gewährleisten können.
Eine risikolose, umweltfreundliche und unter militärischen Gesichtspunkten strategische Stromversorgung kann also nur dezentral und erneuerbar sein.
Eine strategische Stromversorgung kann deshalb nur aus Erneuerbaren kommen.