Ukraine-Krieg: Kiew sanktioniert russisch-griechischen Oligarchen

Ivan Savvidis. Bild: Wassilis Aswestopoulos

Die Ukraine will Medien-, Sport- und Industriemogul Savvidis enteignen lassen. Unternehmer hatte in Griechenland für Aufsehen gesorgt. Nun könnte es für ihn eng werden.

Bislang werden wegen des russischen Krieges in der Ukraine vor allem vom Westen Sanktionen gegen Akteure in Russland erlassen. Das scheint sich nun zu ändern: Der griechisch-russische Oligarch Ivan Savvidis steht auf der jüngsten Sanktionsliste der Ukraine.

Kiew verlangt von seinen Partnern, sich den Sanktionen anzuschließen und ihm seine Vermögenswerte zu nehmen. Dieses wird von der Zeitschrift Forbes auf 1,6 Milliarden Euro geschätzt. Weltweit steht er auf Platz 1.628 der vermögendsten Menschen der Erde.

In Griechenland zählt er zu den reichsten Griechen, die Bundeszentrale für politische Bildung führt ihn als russischen Oligarchen. Seit knapp zwei Jahren verbringt Savvidis mehr Zeit in der Stadt, in der er aufwuchs, Rostow am Don, als in Griechenland. Der Unternehmer versteht Griechisch, spricht es aber nicht in der Öffentlichkeit.

Was droht dem Milliardär?

Die neue Liste der Ukraine betrifft 2.507 natürliche Personen, denen eine Nähe zu Wladimir Putin nachgesagt wird und 1.374 Unternehmen. Zu Ivan Savvidis ist dort vermerkt:

Savvidi Ivan Ignatovich (Savvidy Ivan Ignatievich, Savvidi Ivan), geboren am 27. März 1959, Staatsbürger der Russischen Föderation und der Republik Griechenland, gemäß den Angaben im einheitlichen staatlichen Register der Steuerzahler der Russischen Föderation.

Die folgenden restriktiven Maßnahmen wurden ihm für 10 Jahre auferlegt:

1) Beschlagnahme von Vermögenswerten – vorübergehender Entzug des Nutzungs- und Verfügungsrechts über Vermögenswerte, die einer natürlichen oder juristischen Person gehören, sowie über Vermögenswerte, in Bezug auf die eine solche Person direkt oder indirekt (über andere natürliche oder juristische Personen) verfügen kann inhaltsgleiche Handlungen mit der Ausübung des Verfügungsrechts.

2) Einschränkung des Geschäftsbetriebs (vollständige Beendigung).

3) Einschränkung, teilweise oder vollständige Einstellung des Transits von Ressourcen, Flügen und Transporten durch das Hoheitsgebiet der Ukraine (vollständige Einstellung);

4) Verhinderung des Geldabzugs außerhalb der Ukraine.

5) Aussetzung der wirtschaftlichen und finanziellen Verpflichtungen.

6) Widerruf oder Aussetzung von Genehmigungen und anderen Genehmigungen, deren Erhalt (Verfügbarkeit) Voraussetzung für die Ausübung einer bestimmten Art von Tätigkeit ist, insbesondere Widerruf oder Aussetzung von Sondergenehmigungen für die Nutzung des Untergrunds.

7) Verbot der Teilnahme an Privatisierungen, Verpachtung von Staatseigentum durch Einwohner eines ausländischen Staates und Personen, die direkt oder indirekt von Einwohnern eines ausländischen Staates kontrolliert werden oder in deren Interesse handeln.

8) Verbot oder Beschränkung der Einfahrt ausländischer ziviler Schiffe und Kriegsschiffe in die Hoheitsgewässer der Ukraine, Binnengewässer, ihre Häfen und Flugzeuge in den Luftraum der Ukraine oder Landung auf dem Territorium der Ukraine (vollständiges Verbot).

9) Verbot der Erteilung von Genehmigungen und Lizenzen der Nationalbank der Ukraine für Investitionen im Ausland, Platzierung von Währungswerten auf Konten und Einlagen auf dem Territorium eines fremden Landes.

10) Aussetzung der Erteilung von Genehmigungen, Genehmigungen für die Einfuhr in die Ukraine aus dem Ausland oder Ausfuhr von Währungswerten aus der Ukraine und Beschränkung der Bargeldabhebung für Zahlungskarten, die von Einwohnern eines fremden Landes ausgestellt wurden.

11) Verbot der Übertragung von Technologien, Rechte an Objekten der Rechte des geistigen Eigentums.

12) Entzug staatlicher Auszeichnungen der Ukraine, andere Formen der Anerkennung.

13) Verbot des Erwerbs von Grundeigentum.

Die Ukraine ruft ihre Partner, EU, USA und Nato auf, sich den Sanktionen anzuschließen. Frühere Sanktionen, wie das Einfrieren von Bankkonten russischer Staatsbürger, hatte Griechenland übernommen. Die Maßnahme betraf Savvidis nicht, denn er hat die griechische Staatsbürgerschaft.

Russischer Grieche oder griechischer Russe?

Diese hat er zweimal erhalten. Beim ersten Mal, nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, bekam Savvidis als ethnischer Grieche den Pass der Hellenischen Republik. Seine Familie gehört zu den Pontos-Griechen, die seit Jahrtausenden rund um die Schwarzmeerregion siedelten. Er selbst schreibt im Lebenslauf auf seiner Internetseite:

Ivan Savvidis, griechischer Herkunft, wurde am 27. März 1959 im griechischen Dorf Santa in der ehemaligen Sowjetrepublik Georgien als achtes Kind in einer Arbeiterfamilie geboren.

Seine Eltern flüchteten aus der Region um Trabzon aus der Türkei nach Russland, als dort der Genozid an den Pontos-Griechen stattfand.

Den frisch erworbenen griechischen Pass gab er einige Jahre später ab, um 2003 für die Kreml-Partei Einiges Russland für einen Sitz in der Duma zu kandidieren. Als Doppelstaatler wäre seine Kandidatur nicht zugelassen worden. In die aktive Politik trat Savvidis 1998 ein, als er zum Mitglied der Gesetzgebenden Versammlung des Distrikts Rostow gewählt wurde.

Savvidis schaffte den Aufstieg vom Arbeiter bei Donskoy Tabak, wo er 1980 anfing, zum Firmenchef, der er 1993 wurde. Hauptaktionär des Unternehmens wurde seine Ehefrau Kyriaki Savvidi. Zwischenzeitlich hatte Savvidis 1988 am Rostov Institute of National Economy ein Studium abgeschlossen.

Parlamentarier in der Duma wurde er durch Wahlsiege 2003 und 2007. Dort war er stellvertretender Vorsitzender des Haushalts- und Steuerausschusses Russlands, Mitglied des Ausschusses für internationale Angelegenheiten, Koordinator der Beziehungen zum griechischen Parlament, stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten der Parlamentarischen Versammlung der Russisch-Weißrussischen Union und Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarates.

2012 wurde Savvidis Mitglied des Rates für internationale Beziehungen des russischen Präsidenten. Er ist Präsident der Ethnokulturellen Föderation der Griechen Russlands und Koordinator des World Council of Hellenes Abroad für die Gebiete der ehemaligen UdSSR-Staaten. Seine Nähe zu Putin ist nicht bestreitbar.

Sie brachte ihm jedoch eine wichtige Rolle in der Vertiefung der russisch-griechischen Beziehungen ein. Dies wiederum brachte ihm in Russland Ehrungen wie den Orden "Für den Dienst am Vaterland" ein und führte zu Savvidis zweiter Einbürgerung in Griechenland.

2013, unter der Regierung des konservativen Antonis Samaras wurde ihm "für seine besondere Rolle bei der Entwicklung der russisch-griechischen Beziehungen und für seinen Beitrag zum griechischen Volk, zur Hellenischen Republik, zur Weltorthodoxie sowie für seine aktive soziale und philanthropische Tätigkeit" ehrenhalber erneut die griechische Staatsbürgerschaft verliehen.

Griechische Medien berichten über eine Nähe Savvidis zu rechtspopulistischen Parteien. So unterstützte er zunächst den früheren Koalitionspartner von Alexis Tsipras, den rechtsnationalen Panos Kammenos und dessen Partei "Unabhängige Griechen". Aktuell soll er dem extremistischen Kyriakos Velopoulos und dessen "Griechischer Lösung" zugeneigt sein.

Savvidis wehrte sich juristisch gegen den Vorwurf, er habe die Demonstranten und Randalierer gegen den Kompromiss im Namensstreit Griechenlands mit seiner Nachbarrepublik Nordmazedonien finanziell unterstützt.

Multiunternehmer und Fußballboss

Savvidis hat mehrere Unternehmen. Über seinen Firmenverbund Agrocom hat er Unternehmen in der Fleisch-, Trinkwasser-, Immobilien-, Tourismus-, Flugzeug- und Verpackungsindustrie. Darunter befindet sich auch die Atlantis-Pack, die in mehreren Kontinenten aktiv ist und auch über eine Vertretung in Deutschland verfügt.

Der "russische Zar von Thessaloniki" besitzt über seine Belterra Investment mittlerweile 71,85 Prozent des privatisierten Hafens von Thessaloniki. Die Ironie der Geschichte ist, dass Savvidis 2018 bei der von den Kreditgebern verlangten Privatisierung des Hafens ein willkommener Investor war, dessen Geld verhinderte, dass nach Piräus auch der zweitgrößte Hafen des Landes an den chinesischen Cosco-Konzern ging.

Bei der Privatisierung des Hafens von Alexandroupolis, wo die USA eine Militärbasis unterhalten, zog Savvidis sein Interesse zurück. Es wird gemunkelt, dass er sich angesichts der aktuellen politischen Lage auch vom Hafen von Thessaloniki trennen könnte.

Savvidis Dimera-Gruppe ist in Griechenland im Tourismus, in der Immobilienindustrie und in der Nahrungsmittelindustrie tätig. Der Oligarch besaß in Rostow die Fußballvereine SKA Rostow und FK Rostow. Aktuell betreibt er in Rostow eine Fußballakademie.

In Griechenland erwarb er den Erstligisten Paok Thessaloniki und führte den Verein an die Spitze der Super League. Internationales Aussehen erregte Savvidis im März 2018, als er mit einem Revolver am Gürtel beim Meisterschaftsderby zwischen Paok und AEK Athen aus Verärgerung über eine Schiedsrichterentscheidung auf das Spielfeld stürmte.

Er wurde später deshalb zu 25 Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Mittlerweile scheint seine Begeisterung für den Verein abgekühlt zu sein. Die Fans von Paok rebellieren und werfen dem Fußballboss Gleichgültigkeit vor.

Savvidis hat, wie andere griechische Oligarchen auch, eine landesweite Fernsehstation, Open TV. Zudem hat er in den Zeitungssektor investiert und die Pigasos Gruppe erworben, zu der u.a. die Zeitungen Ethnos und Imerisia gehören. Seine Zeitungen haben die Printausgaben eingestellt und sind nur noch online tätig.

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