Ukraine-Krieg: Überlebt die OSZE die Spaltung zwischen Moskau und EU?
Seite 2: Der Geist der Instabilität
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Die Kompromisse, die letzte Woche auf dem Ministerrat in Skopje erzielt wurden, tragen wenig dazu bei, die OSZE wieder auf eine tragfähigere Grundlage zu stellen. Während die Ernennung Maltas zum Vorsitzenden der Organisation für 2024 eine völlige Dysfunktionalität abwendet, wurden die Mandate der anderen Spitzenbeamten der Organisation, einschließlich des Generalsekretärs, nur um neun Monate verlängert, anstatt der üblichen dreijährigen Amtszeit.
Das verlängert lediglich die bestehende Agonie, da die Entscheidung darüber, wer die Organisation und ihre Institutionen leiten soll, aufgeschoben wird. Das allgegenwärtige Gefühl der Instabilität, das die OSZE jetzt umgibt, passt genau zu der Darstellung des Kremls, dass eine grundlegend neue und andere europäische Sicherheitsordnung notwendig ist.
Zwar gelang es Russland, Estlands Kandidatur für den Vorsitz zu blockieren und mit Malta ein Nicht-Nato-Mitglied für diese Rolle zu gewinnen. Doch das ist kaum ein Triumph russischer Diplomatie, wenn man bedenkt, dass der Kreml seinen Widerstand gegen die Wiederbesetzung der anderen Führungspositionen aufgeben musste.
Auch für den Westen ist der Kompromiss kein Sieg. Entscheidend ist, dass der Westen in seiner Haltung keineswegs geeint war.
Die Ukraine, Polen und die baltischen Staaten weigerten sich aus Protest gegen die Teilnahme Lawrows, ihre Außenminister zu dem Treffen zu entsenden. Ihre Amtskollegen aus den USA und dem Vereinigten Königreich, Antony Blinken und David Cameron, nahmen zwar an dem Abendessen, das dem Treffen vorausging, teil, vermieden aber jeden Kontakt mit Lawrow.
Im Gegensatz dazu nahm die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock persönlich teil und verurteilte Russland und Lawrow in ihrer Erklärung aufs Schärfste und betonte, dass der illegale Angriffskrieg des Kremls gegen die Ukraine auch ein Krieg gegen die OSZE ist.
Mehrere, auch nicht-westliche, Delegierte betonten die Bedeutung der Achtung der Souveränität und territorialen Integrität aller Teilnehmerstaaten. Aber nur neun von ihnen schlossen sich der EU-Erklärung an, in der "Russland aufgefordert wird, seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine unverzüglich einzustellen und sich vollständig und bedingungslos ... aus dem gesamten Gebiet der Ukraine zurückzuziehen".
Das bedeutet nicht, dass die übrigen Teilnehmerstaaten der OSZE den Angriffskrieg des Kremls unterstützen. Es deutet jedoch auf die voraussichtlichen Schwierigkeiten hin, mit denen die Friedensformel des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Zukunft konfrontiert sein wird.
Mehr als 40 Teilnehmerstaaten, die gemeinsame Erklärungen zu Menschenrechten und Grundfreiheiten sowie zum 90. Jahrestag des Holodomor-Völkermordes in der Ukraine 1932 bis 1933 abgaben, vertraten eine eher prowestliche Linie.
Tiefe Gräben
Dies kann jedoch nicht über die grundlegende Kluft hinwegtäuschen, die in der OSZE zwischen dem kollektiven Westen und Russland und seinen verbleibenden Verbündeten besteht. In einer gemeinsamen Erklärung der Nato-Mitglieder (und Schwedens) wurde der Kreml für alles, was mit der OSZE und der europäischen Sicherheit nicht in Ordnung ist, verantwortlich gemacht.
Russland und Weißrussland wiederum wurden von Kasachstan, Kirgisistan und Tadschikistan in ihrem Versuch unterstützt, die Schuld von sich zu weisen und sich als Verfechter von Frieden, Sicherheit und Menschenrechten darzustellen.
Auf dem Ministerrat wurde viel über die OSZE als wichtige Plattform für den Dialog gesprochen, insbesondere angesichts der vielen sicherheitspolitischen Herausforderungen, denen sich die Region gegenübersieht.
Wie der Vertreter Liechtensteins jedoch treffend formulierte, müssen die Teilnehmerstaaten den Mehrwert, den die OSZE für jeden einzelnen von ihnen und für die Region als Ganzes bringt, erkennen und sich daran erinnern, damit dies funktioniert.
Es gibt wenig Anzeichen dafür, dass diese Botschaft gehört wird. Und so besteht weiterhin die Gefahr, dass ein ständiger "Dialog der Gehörlosen" die OSZE schließlich zu einem Relikt machen wird.
Der Artikel erscheint in Kooperation mit The Conversation. Das englische Original finden Sie hier. Übersetzung: David Goeßmann.