Ukraine-Krieg: Was die Menschen in den Nato-Staaten wirklich wollen
- Ukraine-Krieg: Was die Menschen in den Nato-Staaten wirklich wollen
- Stimmungslage insbesondere in Osteuropa angespannt
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Während die Lage im Ukraine-Krieg weiter eskaliert, setzt der Westen auf Militarisierung. Doch selbst in den USA will die Bevölkerung etwas ganz anderes. Über eine Reihe von erstaunlichen Umfrage-Ergebnissen.
Die Lage im Ukraine-Krieg hat sich mit der Teilmobilisierung in Russland und der angekündigten Annexion von besetzten Gebieten weiter zugespitzt.
Moskau spricht nach Auswertung der abgegebenen Stimmen von hohen Zustimmungsraten der Bevölkerung in den ukrainischen Ostprovinzen, sich Russland anzuschließen. Der Westen sieht in den Wahlen unter militärischer Besatzung eine Farce und ein völkerrechtswidriges Betrugsmanöver. Der Kreml hat jetzt angekündigt, vier besetzte Gebiete morgen zu annektieren.
Während dessen bittet der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Deutschland um die Bereitstellung von mehr Waffen und Raketenabwehrsystemen sowie eine Verschärfung der EU-Sanktionen. Die USA kündigen zugleich weitere Waffenlieferungen an die Ukraine im Wert von über einer Milliarde Dollar an.
Das ARD-Magazin Kontraste hat in einer Recherche zudem herausgefunden, dass die Bundesregierung die Ukraine intensiver unterstützt als bislang bekannt. So soll der Bundesnachrichtendienst (BND) dem ukrainischen Militär Geheimdienstinformationen bereitstellen, darunter Satellitenbilder über russische Militärstandorte in der Ukraine.
Ob im Hintergrund zwischen Russland und der Ukraine diplomatische Initiativen – wie sie im April stattfanden, aber wohl von westlicher Seite zum Stillstand gebracht wurden –, ablaufen, ist unklar, aber eher unwahrscheinlich. Russland- und Osteuropa-Kenner wie Anatol Lieven vom Quincy Institute for Responsible Statecraft werden jedoch nicht müde zu betonen, dass Verhandlungen absolut notwendig sind und von den USA initiiert werden müssen. Lieven sieht in der derzeitigen Eskalationsphase auch weiter die Möglichkeit für Verhandlungen und eine diplomatische Lösung. Er sagte auf Telepolis:
Die Tatsache, dass Putin in seiner Rede, in der er die Teilmobilisierung Russlands ankündigte, den ukrainischen Friedensvorschlag ausdrücklich und wohlwollend erwähnte, könnte ein Hoffnungsschimmer für Diplomatie sein. Wenn die Regierung Biden diese potenzielle Friedenschance nicht ergreift, könnten die Folgen einer fortgesetzten Eskalationsspirale für alle Beteiligten katastrophal sein.
Eine Kursänderung vom Westen, die auf Deeskalation und Verhandlung setzt, hätte dabei durchaus die Unterstützung der Bevölkerung. So zeigt eine aktuelle Umfrage von Data for Progress in den USA, dass die Amerikaner:innen von ihrer Regierung einen entschlossenen diplomatischen Einsatz zur Beendigung des Ukraine-Kriegs wünschen. Die meisten Wähler:innen, rund 60 Prozent der Befragten, wollen laut Umfrage, dass der Krieg "so schnell wie möglich" beendet wird – selbst wenn die Ukraine dafür Zugeständnisse an Russland machen müsste.
Die repräsentative Befragung ergab zudem, dass eine Mehrheit (49 Prozent) der Meinung ist, dass die Regierung Biden und der Kongress diplomatisch nicht genug getan haben, um den Krieg zu beenden (37 Prozent sagten, sie hätten es getan). Zugleich sagten 47 Prozent der Befragten, dass sie die Fortsetzung der US-Militärhilfe für die Ukraine nur dann befürworten, wenn sich Washington parallel um eine diplomatische Beendigung des Krieges bemüht, während 41 Prozent der Befragten die Hilfe unabhängig von Verhandlungen machen würden.
Nur sechs Prozent in der Umfrage gaben an, dass der russische Krieg in der Ukraine zu den drei wichtigsten Themen gehört, mit denen die Vereinigten Staaten heute konfrontiert sind. Die drei wichtigsten Themen sind Inflation (46 Prozent), Arbeitsplätze und Wirtschaft (31 Prozent) sowie Waffengewalt (26 Prozent).