Ukraine-Krieg: Wie lautet die Friedensformel?

Der ukrainische Präsident Selenskyj will einen Gipfel für seine Formel. Ex-US-Außenminister Kissinger schlägt einen Friedensprozess vor, mit Verhandlungen und Abstimmungen. Den Unterschied macht die Rolle Russlands.

Weihnachten naht, das "Fest des Friedens". Die Aussichten, dass der bittere Krieg in der Ukraine absehbar beendet wird, sind finster. Fällt das Wort "Friedensverhandlungen", fällt auch schon der Vorhang. Die militärische Lösung ist bis auf weiteres alternativlos, so der Eindruck, der sich aus den Berichten zum Ukrainekrieg und zum Thema "Friedensverhandlungen" der letzten Wochen aufdrängt.

"Ich bin nicht optimistisch, was die Möglichkeit von wirksamen Friedensgesprächen in der unmittelbaren Zukunft betrifft", wird der UN-Generalsekretär António Guterres heute zitiert. Er hofft darauf, dass der Druck wächst.

Dass die "schwerwiegenden Folgen des Krieges für die Menschen in der Ukraine, für die russische Gesellschaft und für die Weltwirtschaft, besonders in Entwicklungsländern", Gründe dafür geben, "alles zu tun, was möglich ist, um für eine friedliche Lösung vor dem Ende des Jahres 2023 zu sorgen".

Aber wie soll die friedliche Lösung aussehen? Die Frage steht frostig da; es gibt keine Bewegung hin zu Verhandlungen. Es gilt das "no go", das mit dem Begriff "Diktatfrieden" verbunden ist. Keine Konzessionen an den Angreifer Russland einerseits; auf der anderen Seite wird daran erinnert, dass es keine Friedensregelungen ohne Verhandlungen gibt.

Nur wenn Russland eine vollständige militärische Niederlage einräumen muss, gibt es Aussichten auf Friedensverhandlungen, die der angegriffenen Ukraine Gerechtigkeit widerfahren lässt?

Es geht nicht nur um die Ukraine

Es geht aber nicht nur um die Ukraine, sondern um eine Friedensordnung in einem größeren Rahmen. Das wird auch vom ukrainischen Präsidenten Selenskyj, der sich zur Fußball-WM mit Vorschlag zu einem "Gipfel über eine Friedensformel‘"meldete, mehrfach angesprochen.

So sieht er die Ukraine als Vorposten der Verteidigung westlicher und demokratischer Werte. Überdeutlich wird der größere Horizont des Krieges, wenn es um die nukleare Bedrohung durch die Atommacht Russland geht, wie sie Selenskyj in seinem Zehn-Punkte-Vorschlag zum Frieden anspricht, den er zum G20-Gipfel vorstellte.

Aber auch bei Punkt acht, der die Bedrohung des Ökozid infolge des Krieges betrifft, spricht Selenskyj von einer Herausforderung, die weit über die Grenzen der Ukraine hinausgeht: "Dies ist nicht nur ein ukrainisches Problem. Dies ist eine Herausforderung für die ganze Welt."

Nachkriegs-Sicherheitsarchitektur

Auch der ukrainische Präsident spricht in seiner Adresse an den G20-Gipfel Mitte November das Thema einer "Nachkriegs-Sicherheitsarchitektur im euro-atlantischen Raum an.

Er plädiert für eine "internationale Konferenz, die die Schlüsselelemente der Nachkriegs-Sicherheitsarchitektur festigen solle, "einschließlich Garantien für die Ukraine". Dass Russland an dieser Konferenz teilnehmen sollte, erwähnt er nicht.

Seine Vorstellungen lauten:

Russland muss alle seine Truppen und bewaffneten Verbände aus dem Hoheitsgebiet der Ukraine abziehen. Die Kontrolle der Ukraine über alle Abschnitte unserer Staatsgrenze zu Russland muss wiederhergestellt werden.

Wolodymyr Selenskyj

Das Ende sieht er so: Wenn alle Antikriegsmaßnahmen, die er in seinem Zehn-Punkte-Papier vorstellt, umgesetzt seien, "wenn Sicherheit und Gerechtigkeit wiederhergestellt" sind, dann sollte ein Dokument, "das das Ende des Krieges bestätigt, von den Parteien unterzeichnet werden". Also auch von Russland.

Wann aber wäre Russland dazu bereit?

Der französische Präsident Macron machte jüngst den Vorschlag, Russland in Verhandlungen über eine künftige Sicherheitsarchitektur nicht nur einzubeziehen, sondern auch dessen Sicherheitsgarantien zum Thema zu machen: "Wir müssen uns darauf vorbereiten, wie wir unsere Verbündeten und die Mitgliedsstaaten schützen, indem wir Russland für seine Sicherheit Garantien geben – an dem Tag, an dem es an den Verhandlungstisch zurückkehrt." (vgl. Diplomatie und Ukraine-Krieg: Macron will auch Sicherheitsgarantien für Russland bedenken).

In der Reaktion darauf gab es starke Entrüstung.

Nun präsentiert auch Henry Kissinger einen Vorschlag zu einem Friedensprozess, um den Krieg in der Ukraine zu beenden und eine stabile Friedensordnung zu schaffen, veröffentlicht im britischen Magazin The Spectator.