Ukraine: Selenskyis Partei ist Wahlsieger
Prorussische Oppositionsplattform wird zweitstärkste Partei, rechte Maidan-Parteien verlieren
Die Parlamentswahlen in der Ukraine haben die Erwartungen bestätigt. Haushoher Gewinner ist die Partei "Diener des Volkes" des vor kurzem frisch gewählten Präsidenten Wolodymyr Zelenskyi. Er kann nach Umfragen nach der Stimmabgabe mit über 44 Prozent rechnen. Das ist keine Mehrheit, aber ein erstaunliches Ergebnis für einen Präsidenten, der politisch noch nicht wirklich einschätzbar ist, und eine aus dem Nichts aufgestellte Partei, die mit blindem Vertrauen oder dem bloßen Wunsch nach Systemveränderung gewählt wurde.
Die Ukrainer haben die Schnauze voll von der politischen Kaste, die von Oligarchen gesteuert wird, die immer mal wieder eine neue Partei ohne wirkliches Programm geschaffen haben, während die Politiker von der einen Partei zur anderen wechseln. Selenskyi, der Schauspieler, Kabarettist und Hauptdarsteller der satirischen Fernsehserie "Diener des Volkes", verspricht einen Bruch mit der politischen Kaste. Dabei ist seine enge Beziehung zu dem Oligarchen Ihor Kolomojskyj bekannt, dem der Fernsehsender gehört, in dem die Serie lief (Polit-Sumpf in der Ukraine).
Neuer Regierungschef soll ein Mensch werden, versprach er vor dem Wahltag, der bislang nichts mit der Politik zu tun hatte, sondern der ein "absolut professioneller Ökonom" ist. Warum ein solcher Mensch "völlig unabhängig" ist, wird sein Geheimnis bleiben, könnte aber seine Abhängigkeit von Kolomojskyj belegen.
Auch keine Überraschung war, dass die prorussische Oppositionsplattform mit über 11 Prozent auf den zweiten Platz kam und damit die nationalistischen Parteien von Poroschenko und Timoschenko auf den dritten und vierten Platz verdrängte. Über 6 Prozent wird der Popmusiker Sviatoslav Vakarchuk mit seiner Partei "Holos" (Stimme) erzielen. Der Rest der Parteien kann wie Swoboda die 5-Prozent-Hürde nicht überschreiten.
Interessant wird nun sein, mit wem Selenskyi koalieren wird, der als Wahlsieger aber mit einer überraschend geringen Wahlbeteiligung von 50 Prozent nicht von der großen Mehrheit der Volkes unterstützt wird. Zu viel erwartet man also nicht von ihm. Ob er eine Wende einleiten und vor allem den Konflikt in der Ostukraine lösen kann, auf der Wunschliste der Ukrainer ganz oben, ist völlig ungewiss.