Ukraine zum Interessengebiet Europas erklärt: CDU-Stiftung wirft Blick auf Bodenschätze

Abbau von Eisenerz in Kryvyi Rih, Ukraine

Abbau von Eisenerz in Kryvyi Rih, Ukraine

(Bild: Ihor Bondarenko / Shutterstock.com )

EU will Zugang zu ukrainischen Rohstoffen. CDU-nahe Stiftung sieht "geoökonomische Basis". Aber alles hängt vom Ausgang des Kriegs ab.

Aus wirtschaftlichen Interessen Krieg führen? Oder deswegen eine Kriegspartei unterstützen? Vor etwas mehr als zehn Jahren führte dies noch zum Rücktritt eines Bundespräsidenten, weil er es offen aussprach. Heute ist es für deutsche Politiker und Experten zur Normalität geworden.

Das Weißbuch der Bundeswehr zum Beispiel gibt darüber Auskunft. Demnach gehört es zu den Aufgaben der Bundeswehr, den Zugang zu Rohstoffen, Märkten und Handelswegen zu sichern und offenzuhalten.

Auch westlichen Politikern ist das Denken in Interessensphären nicht fremd. So schrieb der frühere SPD-Politiker Herrmann Scheer einmal, die USA und der Westen hätten den kaspischen Raum wegen seiner Energieressourcen zu ihrer Interessensphäre erklärt.

Ukraine: Neues Interessengebiet der EU laut CDU-naher Stiftung

In einem aktuellen Diskussionspapier der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) wird die Ukraine nun zum Interessengebiet der Europäischen Union erklärt. Vor allem die Bodenschätze wecken Begehrlichkeiten bei den Christdemokraten. In dem Papier heißt es:

Geografisch und aufgrund ihres enormen Rohstoffreichtums ist die Ukraine im Osten Europas von geopolitischer Relevanz. Zugleich stellt sie eine potenzielle geoökonomische Rohstoffbasis für eine Reihe strategischer Schlüsselindustrien Westeuropas dar.

Die Erschließung und industrielle Nutzbarmachung des ukrainischen Rohstoffpotenzials liegen im gemeinsamen strategischen Interesse der Europäischen Union und der Ukraine

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Damit aber nicht genug. Die Integration der Ukraine in den europäischen Binnenmarkt solle schnell vollzogen werden. Je schneller, "desto geringer ist die reale Gefahr, dass die ukrainischen Rohstoffvorkommen unter russische Kontrolle geraten […]."

Begründet wird dies damit, dass manche Rohstoffe dringend für moderne Waffensysteme benötigt werden und der Bedarf auf künftig noch bestehen wird.

Begehrte Bodenschätze: von Lithium bis Seltene Erden

Konkret geht es um Rohstoffe wie Titan, Mangan, Magnesium, Lithium oder Naturgrafit, auch Seltene Erden werden in der Ukraine vermutet. Ein Großteil der Bodenschätze ist bisher nicht erkundet und erschlossen, was sich mithilfe der EU ändern soll.

Durch den Krieg sind einige Lithiumvorkommen unter russische Kontrolle geraten. Ähnliches wird auch für die Seltenen Erden vermutet, denn die Prospektionsfelder sind über das ganze Land verteilt. Sie reichen vom sicheren Nordwesten der Ukraine bis in die russisch besetzten Gebiete. Ähnliches gilt für Nickel, Kobalt, Chrom, Kupfer und Molybdän.

Europäische Konzerne sollten Zugang zu den ukrainischen Ressourcen erhalten, so die KAS-Autoren. "Die umfassende Kartierung und Förderung der ukrainischen Bodenschätze bietet die Möglichkeit, den Bergbausektor in der EU zu stärken", heißt es in dem Papier.

Ein Großteil der ukrainischen Schwerindustrie sei inzwischen unter russischer Kontrolle, 2014 und nach dem Einmarsch russischer Truppen 2022. Um die Vorkommen in anderen Regionen zu erschließen, müssten erst neue Anlagen gebaut oder bestehende modernisiert werden.

Investitionen in der Westukraine: Sicherer Luftraum als Vorteil

Deshalb muss die EU dafür sorgen, dass genügend Investoren mobilisiert werden. Und zwar nicht erst in einigen Jahren, sondern jetzt. Priorität hat dabei die Westukraine und die Umgebung von Kiew. Denn dort ist der Luftraum relativ sicher, einmal wegen der großen Entfernung zur Front, aber auch, weil er dort besonders geschützt ist.

Die Ukraine soll in diesem Plan aber nicht nur als Lagerstätte von Bodenschätzen behandelt werden, die dort abgebaut und zur weiteren Verarbeitung nach Europa transportiert werden. Besonders die Rohstoffe, die für den Bau von Waffensystemen benötigt werden, sollen auch in der Ukraine weiterverarbeitet werden. Die Autoren schreiben:

Das Ideal wäre eine möglichst geschlossene Wertschöpfungskette im Land vom Rohstoff Titan bis zum Marschflugkörper Taurus [Hervorhebung im Original – B.M.], also vom Abbau der Rohstoffe bis zum Endprodukt im Land.

Auf diese Weise solle die Ukraine zur Rüstungsschmiede Europas aufsteigen.