Ukrainegate: Geheimdienst-Whistleblower sorgt für Unruhe in Washington
Es geht um ein Telefongespräch von Trump mit einem Regierungschef, dem er ein Versprechen in einem Deal gemacht haben soll. Es soll um die Ukraine und um Joe Biden gehen
Ältere Geschichten aus der Ukraine spielen im US-Präsidentschaftswahlkampf eine zunehmend wichtige Rolle. Gerade hat US-Präsident Trump, der die "Ukraine Security Assistance Initiative" in Form von Geldern für Waffenkäufe im Sommer gesperrt hatte, unter Druck vom Kongress 250 Millionen US-Dollar für Militärhilfe bewilligt, das Außenministerium kündigte gleich noch 140 Millionen oben drauf an.
Dahinter steckt womöglich ein Whistleblower aus einem US-Geheimdienst, der dem Generalinspekteur für die Geheimdienste Michael Atkinson im August eine formale Whistlebloweranzeige hatte zugehen lassen. Er soll Kenntnis von einem Gespräch von Trump mit einem ausländischen Regierungsführer erlangt haben, das ihn beunruhigte, weil dieser darin ein "Versprechen" gemacht habe. Es soll sich um ein Telefongespräch gehandelt haben, wie die Washington Post zuerst am 18. September berichtete.
Atkinson bezeichnete die Anzeige als "glaubwürdig", der amtierende Nationale Geheimdienstchef (DNI) Joseph Maguire wollte Abgeordneten keine Einzelheiten nennen. Jetzt verstärkt sich die Vermutung, dass es sich um den ukrainischen Präsidenten handeln könnte. Mit dem hatte Trump am 25. Juli telefoniert und die Hoffnung ausgedrückt, dass die Ukraine nun schnell die Korruptionsfälle untersuchen wird, die die Beziehungen beider Länder belasten.
Trump sucht nach Kompromat, um Biden zu schaden
Schon zuvor waren demokratische Abgeordnete auf die Spur gekommen. Drei Ausschüsse des von den Demokraten dominierten Repräsentantenhauses hatten Anfang September Briefe an das Weiße Haus und das Außenministerium geschickt und eine Untersuchung angekündigt, da der Verdacht bestünde, dass Trump die Militärhilfe zu Wahlkampfzwecken nutzen wollte, um den neuen ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyi (Zelensky) zu bewegen, wieder Korruptionsermittlungen gegen Joe Biden und seinen Sohn Hunter aufzunehmen. Kurz nach den Briefen hatte Trump die Militärhilfe bewilligt.
US-Präsident Donald Trump hat seinen persönlichen Anwalt Rudy Giuliani, den Ex-Bürgermeister von New York, losgeschickt, um Material gegen seinen bislang stärksten Konkurrenten zu erhalten. Joe Bidens Sohn Hunter war nach dem Regierungssturz an dem ukrainischen Energiekonzern Burisma beteiligt, der Verdacht besteht, dass der damalige Vizepräsident Biden 2016 eine Kreditzusage von über einer Milliarde US-Dollar benutzt hat, um die Poroschenko-Regierung unter Druck zu setzen, den Generalstaatsanwalt zu entlassen und die von diesem begonnene Ermittlungen über Korruption bei Budesma einzustellen.
Das war auch prompt geschehen, die Milliarde floss an Kiew. Nur machte Biden später einen großen Fehler, weil er 2018 in der Öffentlichkeit mit dem Vorfall prahlte, wie er Kiew dazu brachte, den Generalstaatsanwalt zu feuern (Die subtile Außenpolitik der USA).
Ukrainische Regierung leistete 2016 Wahlkampfhilfe für Clinton
Dazu kam eine weitere mit der Ukraine verbundene Geschichte. Als sich abzeichnete, dass 2016 Trump Chancen hatte zu gewinnen, war die ukrainische Regierung davon gar nicht angetan, Trump galt als jemand, der sich Russland annähern und daher vielleicht die Unterstützung der Ukraine herunterfahren könnte. Die ukrainische Botschaft in den USA gab den Demokraten Hinweise über Trumps Wahlkampfmanager John Manafort, der bis 2012 Berater des 2014 gestürzten ukrainischen Präsident Viktor Janukowitsch und in Korruptionsgeschichten verstrickt war. Die dabei verdienten Millionen hatte er nicht versteuert. Trump musste Manafort entlassen, der im Zuge der Untersuchungen des Sonderermittlers Mueller wegen Steuerhinterziehung verurteilt wurde.
Der bis zur Wahl von Selenskyi amtierende Generalstaatsanwalt Yuriy Lutsenko, der nicht einmal ein Jurist ist, könnte aber Trump schon zu Diensten gewesen sein. Anfang Mai 2017 stellte die ukrainische Staatsanwaltschaft vier Ermittlungen gegen Manafort ein - wenige Tage nach der Entscheidung des Pentagon, der Ukraine 210 Javelin-Raketen und 35-Abschusssysteme erstmals seit dem Regierungssturz 2014 tödliche Waffen zu liefern (Waffen für die Ukraine für Hilfe gegen Mueller-Ermittlungen?).
Die Lage ist ziemlich unübersichtlich: Soll nach Russiagate nun Ukrainegate folgen?. Gerade äußerte sich Giuliani in einem CNN-Interview ambivalent darüber, ob er die Ukraine gebeten hat, gegen Biden zu ermitteln. Er gab aber zu, dass er Kiew aufforderte zu ermitteln, ob die Ukraine 2016 Wahlkampfunterstützung für Hillary Clinton geleistet habe. Er will nur darum gebeten haben zu ermitteln, warum der Generalstaatsanwalt 2016 gefeuert wurde.
Rätselraten um den Inhalt der Whistleblower-Anzeige
Während der DNI und der Generalinspekteur uneins sind, ob die Information des Whistleblowers an die Abgeordneten weitergegeben werden soll, kam jetzt auf, so die New York Times, dass das Gespräch zumindest mit der Ukraine zu tun haben soll. Wenn dies zutreffen sollte, könnte es mit Selenskyi, aber auch mit Wladimir Putin (?) geführt worden sein.
Klar scheint zu sein, dass Trump auch von eigenen Geheimdiensten abgehört wird. Trump erklärte, er sei sich bewusst, dass bei Gesprächen amerikanische Geheimdienste und auch ausländische mithören. Das sei auch kein Problem, da er sowieso hier nichts Ungeeignetes sagen würde:
Knowing all of this, is anybody dumb enough to believe that I would say something inappropriate with a foreign leader while on such a potentially "heavily populated" call. I would only do what is right anyway, and only do good for the USA!
Donald Trump
Obgleich so viele Menschen vom Inhalt des Gesprächs Kenntnis hätten, so ein Tweet, sei noch niemand damit an die Öffentlichkeit gegangen. Für Trump ein Zeichen dafür, dass hier nichts gegen ihn herauszuholen ist: "It was pitch perfect!" Auf einer Pressekonferenz gestern wurde Trump nicht nach dem Vorfall gefragt.
Die WSJ will nun von nicht namentlichen genannten Informanten erfahren haben, dass es um das Gespräch mit dem neuen ukrainischen Präsidenten gegangen ist. Er habe achtmal gefordert, dass die Regierung mit Giuliani bei der Untersuchung von Bidens Sohn kooperiert. Ob Trump einen Deal dafür anbot, scheint aber unklar zu sein.
Anton Geraschenko, der Berater des Innenministers Arsan Awakow, der so stark zu sein scheint, dass Zelensky ihn sich nicht zu feuern traute, sagte Daily Beast vor dem Bekanntwerden der Verbindung des Trump-Gesprächs mit der Ukraine, dass die Ukraine bereit sei, die Beziehungen von Hunter Biden mit Burisma zu untersuchen, wenn es eine offizielle Anfrage gäbe. Derzeit fänden keine Ermittlungen statt. "Klar sucht Trump nach einem Kompromat, um seinen Konkurrenten Biden zu diskreditieren, um Rache für seinen Fraund Paul Manafort zu nehmen, der sieben Jahre im Gefängnis sitzt. Wir ermitteln nicht gegen Biden in der Ukraine, da wir keine einzige offizielle Anfrage, das zu machen, erhalten haben." Das hat er gestern noch einmal bestätigt.
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